Eine Tempelanlage mit zwei Türmen, darin viele Tierknochen von Rind, Schaf, Ziege und Schwein. Was Archäologen bei Obernburg am Main im Landkreis Miltenberg ausgegraben haben, lässt an einen Opferkult denken. Fest steht: Es ist ein besonders seltener Fund. Denn neben der Tempelanlage kamen auch Wohnhäuser und eine Römerstraße zum Vorschein. Dass solch ein komplettes Ensemble zusammen ausgegraben wurde, ist ungewöhnlich.
Römersiedlung ist fast 1.900 Jahre alt
Die Ausgrabungsfläche ist rund 700 Quadratmeter groß. Eine Grabungsfläche in dieser Größe sei in einer gegenwärtig besiedelten Gegend wie Obernburg sehr selten, so der Archäologe Scott Tucker. Die römische Siedlung sei um das Jahr 160 nach Christus entstanden. Obernburg war römisches Kastell und die militärische Anlage sei zunächst aus Holz gewesen. Die zivilen Häuser seien aber bereits mit Steinfundamenten gebaut worden. Der zivile "Vorort" sei ein Hinweis darauf, dass die Zeiten um das Jahr 160 nach Christi Geburt friedlicher und sicherer wurden. Auf den Steinfundamenten wurde dann mit Fachwerk weitergebaut – so, wie 1.500 Jahre später immer noch in der Gegend gebaut wurde.
Hinweise auf Kultstätte?
An dem Tempelstandort wurden auch Reste von mindestens fünf Räucherkelchen gefunden. Auch das könnte ein Hinweis auf die vermutete Kultstätte sein. Die Reste der Straße, die gefunden wurde, führte von Obernburg nach Wörth. Hier hatten die Römer ebenfalls ein Castell erbaut. Häuser und Tempelanlage lagen akkurat in gleichen Maßen an der Straße.
Römerfunde gehören Privatmann
Von Ende November 2020 bis März hatte Scott Tucker gemeinsam mit drei weiteren Mitarbeitern gegraben. Die 700 Quadratmeter Ausgrabungsfläche gehören einem Arzt aus Obernburg, der auf seinem Grund ein Haus bauen wollte. Rein rechtlich gehören die Römerfunde diesem Arzt.
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