Altenpflege
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Aufgedeckt: verbotener Livestream aus der Pflegeschicht

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Aufgedeckt: Verbotener Livestream aus der Pflegeschicht

Aufgedeckt: Verbotener Livestream aus der Pflegeschicht

Ein Pflegeangestellter aus Nürnberg soll während seiner Nachtschicht live auf TikTok gestreamt haben. Ein YouTuber deckt den Fall auf und sagt, das sei längst kein Einzelfall. Der Vorfall wird derzeit strafrechtlich überprüft.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten Franken am .

Während seiner Nachtschichten soll ein Mitarbeitender einer Pflegeeinrichtung des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK) in Nürnberg mehrmals live auf der Social Media Plattform TikTok gestreamt haben. Dabei hat er nicht nur die Namen der Bewohner genannt, sondern sich auch über sie lustig gemacht. Der YouTuber "Kevinits" (Kevin Hartwig) aus Essen hat den Fall aufgedeckt (externer Link). Das BRK hat bestätigt, dass dem Mitarbeitenden mittlerweile gekündigt wurde. Die Ermittlungen dazu laufen. "Kevinits" allerdings behauptet, das Ganze sei kein Einzelfall.

Bewohner sind im Stream zu hören

Für Kevin Hartwig war der Fall "krass", wie er sagt, weil zum Beispiel während des Streams auf TikTok auch Patienten zu hören waren. Auch hat er die Namen einzelner Bewohner erwähnt. Eine Sache ärgert den YouTuber besonders: "Er hat gesagt im Stream, dass er den inkontinenten Bewohnern mehr Einlagen reingelegt hat, damit die sich mehr vollsaugen können, damit er mehr Zeit zum streamen hat". Dass sei total menschenunwürdig, findet Kevin Hartwig. Deshalb habe er sich auch so sehr reingehängt, herauszufinden, wo der Verfasser des TikTok-Streams arbeitet.

Zum Erfolg dank Community

Kevin Hartwig, der selbst als Pflegepädagoge arbeitet, hat auf seinem YouTube Kanal rund 300.000 Abonnenten. Aufgrund seiner großen Community hat er es nach wochenlanger Recherche geschafft, das Pflegeheim des BRK in Nürnberg zu identifizieren. "Ich beiß mich dann da schon ziemlich rein bei sowas", sagt der 30-Jährige. Verschiedene Pflegekräfte und Rettungsdienstler aus der Region hätten ihm mit vielen Hinweisen geholfen, den Tiktoker ausfindig zu machen. Zunächst hatte Kevin Hartwig versucht, diesen zu kontaktieren, doch das hat nicht geklappt. "Selbst bei seinen Livestreams haben manche geschrieben: Ey, lass den Scheiß." Genützt habe das nichts, so Kevin Hartwig weiter.

BRK reagiert schnell: Mitarbeiter entlassen

Das BRK bestätigt dem Bayerischen Rundfunk auf Anfrage, dass es den Fall in einem Pflegeheim in Nürnberg gibt. Man habe Sachverhalte festgestellt, die zu einer "strafrechtlichen und datenschutzrechtlichen Prüfung" führten. Eine Anwaltskanzlei sowie die Behörden würden sich nun um den Fall kümmern. Die Angehörigen sowie die Bewohner wurden außerdem "proaktiv" informiert. Der Mitarbeiter ist laut BRK schon aus anderen Gründen nicht mehr für das Pflegewohnheim tätig. Für den YouTuber aus Essen ist das Vorgehen des BRK vorbildlich. Nicht immer sei es so, dass die entsprechenden Verantwortlichen so schnell reagieren würden, sagt er.

Livestreaming aus dem Gesundheitswesen kein Einzelfall?

Unter der Rubrik "Exposed" deckt der YouTuber regelmäßig Fälle auf, bei denen Personal aus Gesundheitseinrichtungen zum Beispiel live auf Social Media streamen und dabei gegen den Datenschutz verstoßen. "Ich würde sagen, dass so etwas täglich passiert. Gerade aus Krankenhäusern im Nachtdienst, weil sich Pflegemitarbeiter dann unbeobachtet fühlen", sagt Kevin. Er habe noch einiges Material auf seiner Festplatte, dass er noch gar nicht angeschaut habe. Es seien nicht nur Pflegeeinrichtungen, sondern auch Arztpraxen betroffen, bei denen das Personal zum Zeitvertreib lieber live streame, als sich um die Patienten zu kümmern, sagt der 30-Jährige.

"Niemand möchte ja, dass die Oma oder der Opa in einem Livestream auftauchen, mit Namen und schlimmstenfalls auch der Erkrankung." Kevin Hartwig, Pflegepädagoge und YouTuber

Auf BR-Anfrage erklärt die Staatsanwaltschaft Nürnberg, dass es in der Vergangenheit bisher keinerlei ähnliche Fälle gab, die verhandelt wurden.

Insgesamt hofft der Pflegepädagoge, dass er durch seinen YouTube-Kanal mehr Aufmerksamkeit für das Thema erreichen kann. Bisher sei dieses Problem aus seiner Sicht noch nicht überall angekommen.

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