"Mit mir geht Schwarz-Grün nicht!" – schon im Sommer 2024 machte Markus Söder diese Ansage. Seine Taktik: Verhindern, dass konservative Wählerinnen und Wähler angesichts einer möglichen Koalition von CDU/CSU mit den Grünen zu den Freien Wählern oder gar zur AfD abwandern und vielleicht sogar die ein oder andere verirrte konservative Seele zurückgewinnen mit einer klaren Absage an Schwarz-Grün.
Der Blick auf die Zahlen des BayernTrends zeigt: Mit dieser Strategie scheinen die Christsozialen richtigzuliegen. 72 Prozent der Freie-Wähler-Anhänger und 85 Prozent der AfD-Anhänger finden die Absage der CSU gegenüber Schwarz-Grün richtig. Bei den eigenen Anhängern sind es 52 Prozent. Allerdings wird sich Markus Söder nach der Bundestagswahl auch daran messen lassen müssen. Eine 180-Grad-Drehung des CSU-Chefs in der Koalitionsfrage würde seine Glaubwürdigkeit endgültig begraben.
Minus 3 Punkte für die CSU – woran liegt's?
Mit 42 Prozent würde die CSU am 23. Februar gut dastehen, wären das doch gut zehn Punkte mehr als bei der Bundestagswahl 2021. Allerdings konnten die Christsozialen im November noch 45 Prozent für sich verzeichnen. Woher kommt das Minus von drei Punkten innerhalb von zwei Monaten? Inhaltlich scheint die Union aus Sicht der bayerischen Wählerinnen und Wähler gut aufgestellt. In den beiden Top-Themenfeldern bei dieser Bundestagswahl – Wirtschaft und Migration – liegt die Union bei der Problemlösungskompetenz deutlich vor allen ihren Mitbewerbern. 45 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass CDU und CSU die deutsche Wirtschaft am besten voranbringen können. Danach kommt lange nichts. Auf Platz zwei liegt die AfD – mit 10 Prozent. Woran liegt es also, dass die CSU im BayernTrend drei Punkte verliert?
Bei der Antwort auf diese Frage fällt der Blick auf den Unions-Kanzlerkandidaten. Friedrich Merz kann nur ein gutes Drittel der Bayern davon überzeugen, dass er ein guter Kanzler für Deutschland ist (35 Prozent). 52 Prozent halten ihn für keine gute Wahl. Das ist alles andere als ein überzeugender Wert. Und auch der Blick auf die eigene Anhängerschaft zeigt: Friedrich Merz ist kein Zugpferd für die Union. Nur 64 Prozent der CSU-Anhänger sind von ihm überzeugt. Zum Vergleich: Alice Weidel und Robert Habeck überzeugen ihre eigenen Anhängerinnen und Anhänger zu 81 Prozent.
Grüne erreichen Kernwählerschaft
Der grüne Kanzlerkandidat hat sich zu einem stabilisierenden Faktor für seine Partei entwickelt. Mit 14 Prozent würde die Partei ihr Ergebnis von 2021 halten können – als einzige ehemalige Ampelpartnerin. Das ist stabil, mehr aber auch nicht. Die Zeiten, in denen die Grünen auch im bürgerlichen Lager wilderten und auf dem Weg zur Volkspartei waren, sind vorbei.
Beim Top-Thema Wirtschaft sind nur sechs Prozent der Befragten der Meinung, die Partei des Bundeswirtschaftsministers habe die größte Problemlösungskompetenz. Ein Armutszeugnis. Einzig beim Thema Umwelt- und Klimaschutz können die Grünen noch nennenswerte Kompetenzzuschreibungen auf sich vereinen (35 Prozent). Doch das Thema liegt aktuell abgeschlagen auf Rang drei der Problemagenda der Menschen (17 Prozent). Bis auf Weiteres werden sich die Grünen also mit ihrer Stammwählerschaft zufriedengeben müssen.
Für die Freien Wähler wird's schwer …
Für die Freien Wähler dürfte der Einzug in den Bundestag weiter ein Traum bleiben. Sie tun sich weiterhin schwer bei überregionalen Wahlen. Wenn sie in ihrem Stammland Bayern gerade mal fünf Prozent erreichen, wird es bundesweit kaum klappen, die Fünf-Prozent-Hürde zu überspringen. Mantraartig wiederholt Hubert Aiwanger deshalb, dass die Freien Wähler mit drei Direktmandaten über die Grundmandatsklausel in den Bundestag einziehen würden. Es ist ein dünner Strohhalm, an den sich der Freie-Wähler-Chef klammert.
BSW und Linke – unter ferner liefen
Einen Strohhalm zum Dranklammern hätten BSW und Linkspartei in Bayern wahrscheinlich gerne. Doch beide Parteien sind inzwischen nicht einmal mehr statistisch auszuweisen im BayernTrend. Zu gering ist die Fallzahl derer, die die Partei genannt haben – unter drei Prozent.
Damit zeigt sich auch in Bayern: Der Abwärtstrend für Sahra Wagenknecht setzt sich fort, ihre Partei schwächelt auch im Freistaat. Die Themen, mit denen das BSW punkten wollte, ziehen in Bayern nicht. Stichwort: Ukraine/Russland. Die Frage von Krieg und Frieden, internationale Konflikte, Außenpolitik – nur noch 14 Prozent der Befragten in Bayern sehen darin das wichtigste Thema nach der Bundestagswahl. Ein Minus von sechs Punkten.
Problemagenda – Bayern tickt anders als Deutschland
Überhaupt ist die Themenagenda in diesem BayernTrend überraschend. Im ARD-DeutschlandTrend Anfang Januar hatte das Thema Migration einen riesigen Sprung auf Platz eins der Problemagenda der Menschen gemacht (+14 Punkte) und hatte das bis dahin dominierende Thema Wirtschaft abgelöst. In Bayern gewinnt das Thema Einwanderung/Asyl auch hinzu, bleibt aber hinter dem Thema Wirtschaft, das mit 38 Prozent weiterhin die Problemagenda der Menschen im Freistaat anführt, auf Platz zwei. Bayern tickt eben anders als der Rest der Republik.
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