Manuel Fuchs und Franziska Rauth überlebten eine Lawine.
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Manuel Fuchs und Franziska Rauth überlebten eine Lawine.

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Begraben unter Schneemassen – Überlebende berichten

Begraben unter Schneemassen – Überlebende berichten

Jeden Winter passieren weit mehr als 100 Lawinenunglücke in den Alpen. Trainer in Lawinenkursen bereiten Wintersportler auf die "weiße Gefahr" vor. Franziska und ihr Freund Manuel aus Murnau haben eine Lawine überlebt.

Über dieses Thema berichtet: Kontrovers.

Jedes Jahr sterben Menschen in den Bergen den sogenannten weißen Tod. Lawinen sind eine der Hauptursachen für Todesfälle beim Wintersport. Besonders im freien Gelände stellen sie eine Gefahr da. Im Falle einer Verschüttung spielt der Zeitfaktor eine große Rolle – die meisten Menschen überleben laut Statistik unter den Schneemassen nur um die 15 Minuten. So schnell ist oft keine Rettung vor Ort – gute Vorbereitung, die richtige Ausstattung und das Wissen, wie man sich im Ernstfall verhält, sind also lebensnotwendig.

"Da kam eine weiße Wand"

Es ist einer der letzten Skitage des Jahres. Es schneit, die Sicht ist schlecht. Ein Paar aus Murnau macht sich trotzdem auf den Weg nach oben im Garmischer Skigebiet. Dass Franziska Rauth (39) und ihr Freund Manuel Fuchs (40) gemeinsam eine Tour gehen können, ist alles andere als selbstverständlich. Denn vor drei Jahren erlebten sie, wie sich in den Ammergauer Alpen eine Gleitschneelawine löste. Manuel Fuchs und Franziska Rauth hatten großes Glück, zwei Menschen starben bei diesem Unglück. Am 23. Februar 2019 waren sie bei Lawinenstufe 2 abseits der Piste mit dem Splitboard unterwegs und wurden bei der Abfahrt von der Lawine überrascht, erzählen die beiden im BR-Politikmagazin Kontrovers. Franziska kommt mit einem Schock davon, ihr Freund Manuel wird jedoch von der Lawine mitgerissen.

"Ich weiß nur noch, da kam eine weiße Wand und ich habe mich auf den Boden gelegt, Hände über den Kopf. Und ab da weiß ich Gott sei Dank nichts mehr. Erst wieder, als ich zu mir gekommen bin." Manuel Fuchs, Lawinenüberlebender

Auch Franziska erinnert sich an die ersten Sekunden des Unglücks. Auf einmal habe sich alles hinter ihr in Bewegung gesetzt: "Das ist eine Riesenpanik, die dann ausbricht. Ich habe einfach nur noch geschrien. Ich habe einfach nur noch nach Manuel geschrien. Ich glaube, ich habe in meinem ganzen Leben noch nie so laut geschrien." Manuel kann sie hören und weiß dadurch, dass seine Partnerin überlebt hat. Den Kopf kann er selbst aus dem Schnee befreien, aber er merkt, dass er schwer verletzt ist. Der junge Mann hat offene Brüche an beiden Beinen und muss mehrfach operiert werden. Einen Monat verbringt Manuel Fuchs im Krankenhaus. Normalerweise begleitet er als Personal Trainer Menschen, die wieder gesund und fit werden wollen, damals beginnt für ihn selbst ein langer Heilungsprozess: Auf das Krankenhaus folgen mehrere Monate Reha, das Laufen muss er erst wieder lernen. Franziska ist in dieser Zeit immer an seiner Seite.

Lawinenkurse – Prävention von Lawinenunfällen

Tourengehen, Freeriden und Schneeschuhwanderungen haben in den vergangenen Jahren enormen Zuwachs erfahren. Vor allem seit der Pandemie begeistern sich viele Wintersportler für Aktivitäten abseits der Piste. Viele von ihnen sind inzwischen gut mit der notwendigen Sicherheitsausrüstung ausgestattet. Dazu gehören beispielsweise eine Sonde, um Verschüttete im Schnee zu ertasten, eine Schaufel und ein Lawinenverschüttungssuchgerät – kurz LVS-Gerät. Allerdings könnten viele mit diesem Equipment nicht richtig umgehen, kritisiert Alexander Römer. Er ist staatlich geprüfter Berg-und Skiführer und bietet seit 2007 im "Lawinencamp Bayern" Lawinenkurse an. Die Nachfrage nach dem Lawinentraining sei in der Pandemie gestiegen wie nie zuvor.

Der Kurs bietet den Teilnehmern eine Mischung aus theoretischem Wissen und praktischen Übungen. Zum Beispiel am Spitzingsee lernen sie, wie man Verschüttete mit dem LVS-Gerät ortet und sie möglichst schnell ausgräbt. Für Snowboarderin Irene deutlich schwieriger als gedacht: "Das habe ich nicht erwartet. Ich war da so froh, dass hier genügend Jungs dabei sind. Ich habe nach zehn Sekunden gemerkt, ich bin außer Puste." Vor drei Jahren begann Irene mit dem Snowboardfahren, Abseits der Piste zu fahren, macht ihr dabei besonders viel Spaß. Aber: Sicherheit ist ihr ebenfalls wichtig. Sie will deshalb lernen, wie sie sich im Falle einer Lawine richtig verhält. Wichtiger als das Verhalten im Ernstfall ist für Kursleiter Alexander Römer allerdings die Prävention von Lawinen – damit das Gelernte möglichst nie im Ernstfall angewandt werden muss. Dazu gehöre eine präzise Tourenplanung, gute Ortskenntnisse und eine ständige Analyse der Wetterlage und der Hänge.

Auch Franziska Rauth und Manuel Fuchs hatten vor dem Lawinenunglück einen Lawinenkurs absolviert. Sie waren gut ausgestattet und kannten sich aus. Trotz allem: Ein Restrisiko für Wintersportler bleibt selbst bei niedriger Lawinenwarnstufe immer bestehen.

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