Der Winter kommt und damit steigt auch das Risiko von Lawinenabgängen. Besonders gefährdet sind Sportler, die sich abseits der Pisten aufhalten – sei es zum Schneeschuh- oder Tourengehen oder zum Freeriden. Denn im "freien Gelände" ist das Lawinenrisiko am höchsten. Die Zahl der tödlichen Lawinenunfälle schwankt stark von Saison zu Saison. Im langjährigen Mittel seien etwa 100 Lawinentote pro Jahr in den Alpen zu beklagen, so der Deutsche Alpenverein.
- Zum Artikel: Wie der Schnee zur Lawine wird
Ein Tag in den Bergen: die richtige Vorbereitung
Bevor man sich auf den Weg in die Berge macht, sind der Wetterbericht und der Lawinenlagebericht Pflichtlektüre. Der Lawinenlagebericht ist eine grundlegende Informationsquelle zur Lawinengefahr. Am besten, man nimmt die Infos auch mit, um sie noch einmal nachlesen zu können, bevor man sich in womöglich gefährliches Terrain begibt.
Wenn weder das Wetter noch der Lawinenlagebericht dagegensprechen, steht einem Ausflug in die Berge nichts im Weg. Wichtig aber ist, auf alles gefasst zu sein. Deshalb müssen Sie als Freerider, Variantenfahrer, Schneeschuh- und Tourengeher bei Touren abseits der gesicherten Pisten immer eine Notfallausrüstung dabeihaben. Das erhöht die Überlebenschancen wenn es darauf ankommt.
Wichtige Ausrüstung für den Notfall
Der Deutsche Alpenverein empfiehlt einen Rucksack mit folgendem Equipment, das zur Standardausrüstung gehört:
- Ein Lawinenverschüttetensuchgerät (LVS) wird mit Gurten am Körper festgeschnallt. Während der Tour sendet es Funksignale aus. Bei einem Lawinenunfall schaltet der Suchende sein Gerät auf Empfang, um den Verschütteten zu orten. Moderne 3-Antennengeräte zeigen auch schwache Funksignale auf dem Display an, das kann die Suche nach Verschütteten beschleunigen.
- Eine Lawinenschaufel und Sonde sollten griffbereit im Rucksack stecken. Keines der Geräte der Standardausrüstung ist verzichtbar. Ohne LVS und ohne Sonde verringert sich die Chance deutlich, Verschüttete zu finden. Und wer glaubt, dem festen Schnee mit Händen beizukommen irrt.
- Darüber hinaus empfiehlt der Alpenverein ein Erste-Hilfe-Set. Zudem könnte ein Biwaksack im Notfall vor dem Erfrieren retten - er ist für jede Bergaktivität dringlichst empfohlen vom "Bergmenschen" Roman Kurz, Hüttenwirt auf dem Matrashaus. Beide Ausrüstungsgegenstände sind sehr leicht und können Leben retten.
Handy für den Notruf
Um einen Notruf absetzen zu können, ist auch ein Handy wichtig. In vielen Regionen der Alpen ist die Netzabdeckung durchaus gut. Achten Sie aber darauf, dass das Handy wintertauglich ist: Können Sie es mit klammen, nassen Fingern bedienen? Hat es eine ausreichende Akku-Laufzeit - auch bei Kälte? Vielleicht haben Sie ja noch ein älteres Modell zu Hause, bei dem nicht nach einigen Stunden mit Datenfunk und GPS-Funktion der Saft ausgeht?
Was tun nach einem Lawinenabgang?
Im ersten Schritt müssen Sie sich nach einem Lawinenabgang einen Überblick verschaffen. Drohen noch weitere Gefahren? Wie viele Menschen sind verschüttet, wo sind sie vermutlich verschüttet? Setzen Sie einen Notruf ab.
- Europäische Notrufnummer: 112
Der Alpine Notruf:
- Österreich 140
- Schweiz 1414
- Italien/Südtirol 118
Die W-Fragen: Was ist wo, wie, wann passiert?
Wie bei jedem Notruf sind für die Helfer am Telefon die W-Fragen wichtig: WO ist der Unfall? WAS ist passiert? WIE VIELE Personen sind betroffen? WELCHE Verletzungen liegen vor? Und wichtig: WARTEN Sie auf Rückfragen!
Suche nach den Verschütteten
Stellen Sie ihr Lawinenverschüttetensuchgerät (LVS) auf Empfang und suchen Sie das mögliche Suchgebiet damit ab, halten Sie aber auch Augen und Ohren offen. Sichtbare Spuren bzw. Ausrüstungsgegenstände können zum Beispiel ein Anhaltspunkt sein, wo sich der Verschüttete befindet, um das Suchgebiet weiter einzugrenzen.
Verschüttete bergen: ein Wettlauf gegen die Zeit
Wenn Sie den Verschütteten geortet haben, schaufeln Sie ihn zügig frei. Bei einer Rettung nach einem Lawinenunfall kommt es auf jede Minute an. Deshalb ist es wichtig, dass unversehrte Tourenkameraden sofort und koordiniert mit der Suche ihrer Begleiter beginnen. Denn für denjenigen, der länger als 35 Minuten ohne Luft in der Lawine liegt, besteht kaum noch Hoffnung. Bereits nach 20 Minuten kann es zu Hirnschäden kommen. Wichtig ist deshalb, dass Kopf und Atemwege freigelegt werden. Wenn die Sauerstoffzufuhr gewährleistet ist, kann man das Lawinenopfer weiter ausgraben und Erste Hilfe leisten.
Die Rettung durch Tourenkameraden erhöht die Überlebenschancen des Verschütteten deutlich. Denn bis die professionellen Rettungskräfte vor Ort sind, kann es häufig schon zu spät sein. Um in so einer Situation die Nerven zu bewahren und zu wissen, was zu tun ist, ist es sinnvoll, Lawinenkurse zu belegen, und das Wissen regelmäßig aufzufrischen: durch regelmäßiges Üben mit dem eigenen LVS – und ab und an auch durch einen neuen Kurs. Hier lernt man, bei Lawinenunglücken schnell das Richtige zu tun. Kurse gibt es bei den meisten Berg- und Skischulen. Dort wird Grundwissen vermittelt, und es gibt auch praktische Übungen mit LVS, Sonde und Schaufel. Gelände- und Gefahrenbeurteilung stehen ebenso in den Kursprogrammen.
Der Deutsche Alpenverein empfiehlt:
- Jeden Tag den Lawinenlagebericht checken.
- Nie ohne komplette Notfall-Ausrüstung ins Gelände
- Regelmäßig die Verschüttetensuche trainieren.
- Nie allein - nie alle auf einmal
- Vor dem Losfahren schauen: Wer ist über mir – wer ist unter mir?
- Sichere Sammelpunkte wählen
- Sehr steile Hänge immer einzeln abfahren.
- Beim Aufsteigen in steilem Gelände große Abstände einhalten
Airbag-Rucksack: mit Auftrieb an die Oberfläche
Neben der Standard-Notfallausrüstung gibt es noch weitere Ausrüstungsmöglichkeiten für den Notfall. Dazu gehört zum Beispiel auch ein sogenannter Airbag-Rucksack. Ein Lawinenairbag kostet einige hundert Euro und ist relativ schwer. Doch auch Profis verzichten beim Tourengehen nicht darauf. So ein Rucksack funktioniert nach dem Prinzip Auftrieb: Luftsäcke blasen sich blitzschnell auf, wenn der Tourengeher in eine Lawine gerät und den Auslösegriff zieht.
Durch das große Volumen sollen Rucksack und Mensch an der Oberfläche der Lawine "schwimmen". Es funktioniert ähnlich wie in folgendem Beispiel: Wenn man Bohnen und Linsen in ein Gefäß füllt, den Inhalt vermischt und dann schüttelt, kommen die Bohnen (die größeren Teile) an die Oberfläche – so soll es auch mit dem dicken Airbag passieren.
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In der Lawine tödlich verletzt
Doch auch ein Airbag-Rucksack bietet keinen absoluten Schutz. Viele Lawinenopfer sterben an Verletzungen und nicht, weil sie verschüttet wurden. Eine Untersuchung des Kuratoriums für Alpine Sicherheit erinnert daran, wie gefährlich Absturzkanten oder felsiges Gelände im Unglücksfall sind. Helm und Protektoren können die Überlebenschancen erhöhen.