Beliebtes Motiv in den sozialen Medien: Sonnaufgänge am Berg, wie hier am Heiglkopf in den bayerischen Voralpen
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Beliebtes Motiv in den sozialen Medien: Sonnaufgänge am Berg, wie hier am Heiglkopf in den bayerischen Voralpen.

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Herbstruhe am Berg: Touren in der Dämmerung meiden

Licht an zur Feierabend-Tour: In Bayerns Bergen sind ganzjährig viele Menschen unterwegs. Doch gerade jetzt im Herbst stören Dämmerungs-Bergsportler die Wildtiere mit ihren grellen Stirnlampen - und rufen manchmal sogar die Bergwacht auf den Plan.

Über dieses Thema berichtet: Rucksackradio am .

In Bergfilmen oder Bildbänden sind sie seit jeher ein beliebtes Motiv: Sonnenaufgänge oder Sonnenuntergänge am Berg. Die Aufnahmen waren schön, aber selten. Doch seit soziale Medien wie Instagram und Facebook auf fast jedem Smartphone installiert sind, erscheinen Berggipfel im leuchtenden Morgen- oder Abendlicht millionenfach im Netz. Das bereitet Naturschützern Sorge.

So wie Severin Sebald, der beim Landratsamt Traunstein als Gebietsbetreuer in den Chiemgauer Alpen unterwegs ist. "Man sieht unzählige Bilder von Sonnenauf und -untergängen und kriegt damit unterbewusst mitgeteilt, dass es in Ordnung ist, um diese Uhrzeit am Berg zu sein. Natürlich ist es jedem selbst überlassen, wie er unterwegs ist. Aber man schadet bei Randzeiten am Berg den Wildtieren", sagt Sebald.

Wildtiere brauchen morgens und abends Ruhe

Aufklären, wie man sich in den Bergen verhält, aufmerksam machen, wie sich der Mensch gut in die Natur einfügen kann - das ist die Aufgabe von Severin Sebald. "Nur wenige Leute wissen, wie wichtig es ist, dass Tiere vor allem in den Morgenstunden und am Abend ihre Ruhe haben. Im Prinzip kann man fast alle Tiere, die in den Bergen unterwegs sind, im Herbst stören", sagt der 35-Jährige. Er gibt zu bedenken, dass Wildtiere im Herbst die Basis für ihr Überleben im Winter legen. Viele Arten fahren im Winterschlaf oder in der Winterruhe ihr komplettes System herunter. "Wenn sie da bei der Nahrungsaufnahme gestört werden, fehlt ihnen die Energie im Winter."

Balance von Naturerlebnissen und Naturschutz

Die Münchner Sport-Bloggerin Cindy Haase hat früher Sonnenaufgangstouren organisiert und in ihrem Blog beworben. Ein Bürgermeister aus einer Alpengemeinde hat sie zum Nachdenken gebracht. "Er hat mich gebeten, einen Blog-Beitrag zum Thema Sonnenaufgangstour rauszunehmen. Und da habe ich dann angefangen, mir Gedanken zu machen und bin immer öfter auf das Thema gestoßen."

Berg-Blogs oder soziale Medien wie Instagram und Facebook ziehen viele Nachahmer an. Mittlerweile ist Cindy Haase deshalb kaum noch frühmorgens am Berg unterwegs. Und wenn, dann versucht sie, mit ihren Beiträgen auf die Balance von Naturerlebnissen und Naturschutz hinzuweisen. "Die hellen Stirnlampen schrecken im Dunkeln die Tiere auf. Ich habe zwar eine Stirnlampe dabei, aber die halte ich relativ dunkel."

Stirnlampen: Beleuchtung beim Wandern oder Alpines Notsignal?

Stirnlampen schrecken in der dunklen Jahreszeit allerdings nicht nur Tiere auf, sondern manchmal sogar die Bergwacht, sagt Pressesprecher Roland Ampenberger: "Leute beobachten eine Lichtquelle am Berg und nehmen das als möglichen Notfall wahr. Und da gilt es für uns abzuklären: Ist das ein Notfall oder nur Licht?"

Denn obwohl mittlerweile die meisten Notrufe per Handy abgesetzt werden, gibt es immer noch das offizielle, alpine Notsignal mit Licht: Sechs kurze Lichtzeichen pro Minute, das bedeutet: 'Ich bin in Not.' Bergwacht-Pressesprecher Ampenberger weist darauf hin, dass immer mehr Trailrunner im Dunkeln am Berg unterwegs sind. Da passiere es immer wieder, dass deren Licht mit einem alpinen Notsignal verwechselt wird. Moderne Stirnlampen leuchten heller als Autoscheinwerfer, man kann sie kilometerweit sehen. Da können Beobachter im Tal schonmal unsicher werden, ob das grelle Licht am Berg von jemandem kommt, der regulär absteigt, oder ob ein Notfall angezeigt werden soll.

So sind sich Bergwacht und Gebietsbetreuer einig: Die Randzeiten am Berg sollten den Wildtieren gehören.

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