Drei Mitglieder der Bergwacht weisen einen landenden Hubschrauber ein.
Bildrechte: BR/Luis Trautmann

Im Notfall erreicht man die Bergrettung unter der 112

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Bergunfälle: Banale Ursachen, dramatische Folgen

Im Juli sind erneut mehrere Bergsteiger in den bayerischen Alpen gestorben. Tödliche Stürze und Abstürze im Gebirge ereignen sich oft aus ganz banalen Gründen und wären vermeidbar. Tipps für mehr Sicherheit vom Profi.

Über dieses Thema berichtet: Rucksackradio am .

Tödlicher Absturz an der Brecherspitze, Profibergsteiger stürzt an der Zugspitze in den Tod, Wanderer in Bachbett tot aufgefunden – Schlagzeilen wie diese scheinen sich in den vergangenen Wochen zu häufen. Die Bergwacht Bayern sieht in der aktuellen Saison bislang allerdings "kein ungewöhnlich hohes Einsatzaufkommen".

Ein klares Muster lässt sich aus den verschiedenen Unglücksfällen nicht herauslesen. Für den Bergführer Christoph Gotschke, der Nachwuchsathleten für den Deutschen Alpenverein ausbildet, liegen die Unfallschwerpunkte beim Extremsport und Wandern nicht weit auseinander. Seiner Erfahrung nach geschehen Unfälle meist nicht an den schwierigen Stellen, sondern oft beim Abstieg in vermeintlich leichtem Gelände. Denn nach dem Gipfel nimmt die Müdigkeit zu, damit auch die Unaufmerksamkeit, und die Motorik wird gleichzeitig unsicherer.

Unfallstatistik: Überwiegend Menschen ab 50 betroffen

Laut Zahlen der Österreichischen Alpinpolizei und der Schweizer Bergrettung waren im Jahr 2022 von den 317 Bergtoten in den beiden Alpenländern 152 klassische Wanderer. Der überwiegende Anteil dieser Todesfälle lässt sich auf Stürze und Abstürze zurückführen, gefolgt von medizinischen Notfällen wie Herz-Kreislauf-Problemen. Auffallend ist auch die Altersstruktur: Es sind überwiegend Männer und generell Menschen ab 50, die am Berg sterben.

Tour-Vorbereitung: Nicht ohne Eingehen an den Berg

Ein Grund dafür kann eine unrealistische Einschätzung der eigenen Fähigkeiten sein. Während die erfolgte Knie-Operation im Büroalltag vielleicht keine Probleme mehr bereitet, stellt sie auf einer langen Bergtour eine ernsthafte Gefahr dar. Bergführer und Kletterlehrer Christoph Gotschke weist außerdem darauf hin, dass das Schwindelempfinden mit höherem Alter oder manchmal auch nach einer Schwangerschaft zunimmt. Er plädiert dafür, sich langsam einzugehen, in einfachem Gelände zu üben und auch die Ausrüstung zu überprüfen. "Wie viel Gewicht trage ich im Rucksack? Sind meine Schuhe eingelaufen und habe ich den Umgang mit den Wanderstöcken geübt?" Ehrliche Antworten auf diese Fragen könnten laut Gotschke viele Unfälle verhindern.

Wie gehe ich sicher und was, wenn trotzdem etwas passiert?

Der Bergführer empfiehlt zudem: "Am besten sollte man in jedem Gelände eine agile und bewegungsbereite Position einnehmen. Der Körperschwerpunkt muss über den Trittflächen sein, um die Kanten der Schuhe sauber belasten zu können." Sollte es dennoch zu einem Sturz kommen, muss der Körper so schnell wie möglich in eine stabile Liegestützposition gebracht werden. Diese Bremsreaktion sollten Wanderer in einer sicheren Umgebung vorab trainieren, rät der Experte. Bei Notfällen ist die Bergrettung über die 112, in Österreich auch unter der 140 zu erreichen.

Experte rät zu "ehrlicher Selbsteinschätzung"

Gruppendynamiken sollten in Bezug auf die Sicherheit nicht unterschätzt werden. Gerade an Engpässen stauen sich Gruppen erfahrungsgemäß, was zu Stress führen kann. Solche Passagen sollten daher vorausschauend begangen werden, eine rechtzeitige Pause kann helfen, dass gefährliche Situationen gar nicht erst entstehen. Eltern und Gruppenleitern möchte Bergführer und Ausbilder Gotschke noch einen speziellen Tipp mit auf den Weg geben: "Seid besonders wachsam bei leichten, aber absturzgefährdeten Stellen. Das ist das eigentliche Problemgelände, bei dem ihr voll fokussiert sein müsst." Und allen bergbegeisterten Menschen rät er: "Geht sorgsam mit euch um und seid ehrlich in eurer Selbsteinschätzung."

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