In der Nacht von 17. auf den 18. Juli kam es im Berchtesgadener Land zu Starkregenfällen, wie sie der Landkreis noch nie erlebt hat. Die Berchtesgadener Ache trat binnen kurzer Zeit über die Ufer, riss Teile der Bundesstraße weg, überflutete Plätze und drang mit voller Wucht in Gebäude ein. Zum Hochwasser kamen noch Murenabgänge.
Muren treffen auf Wohngebiete
Von den Schlammlawinen am Schlimmsten betroffen war die Gemeinde Schönau am Königssee. Dort verwüsteten abgehende Erdrutsche die Bob- und Schlittenbahn. Geröll und Schlamm vom Grünstein ergoss sich aber auch in zwei Schönauer Wohngebiete: die Fischmichl- und die Vorbergsiedlung. In der Fischmichlstraße wurden Gärten überschwemmt, der Schlamm lief in Kellerschächte, in Garagen.
Noch schlimmer erwischte es die Vorbergsiedlung. Eine Mure bewegte sich auf die Wohngebäude zu. Das schlammige Gemisch aus Erde, Kies und Wasser schwappte teilweise auch in Wohnungsräume und verwüstete sie. Auch heute noch laufen bei einigen Anwohnern die Bautrockner ohne Unterbrechung. Es entstand hoher Sachschaden, aber glücklicherweise wurde niemand verletzt.
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Zu kleines Rückhaltebecken
Am Damm nahe der Fischmichlstraße lässt sich die beeindruckende Mure gut sehen: Der Erdrutsch vom Grünstein, der durch den Starkregen verursacht wurde, hat eine breite Schneise in den Wald geschlagen. Umgestürzte massive Bäume, Kies, Sand, Erde und auch einige Felsbrocken liegen im Steilhang.
Das Rückhaltebecken, das gebaut wurde, war zu klein und der Damm zu niedrig. Dadurch schwappte die Schlammlawine weiter in die darunter liegenden Anwesen. Schon wenige Tage nach dem Unglück wurde im Auftrag der Gemeinde Schönau als erste Sofort-Maßnahme das Rückhaltebecken vertieft, verbreitert und der Damm etwas erhöht.
Wasserwirtschaftsamt Traunstein plant neuen Murenschutz
Das Wasserwirtschaftsamt Traunstein beginnt demnächst mit weiteren Sicherungsmaßnahmen um künftige Unwetterschäden möglichst gering zu halten. Der Flutbecken soll noch größer werden. Nach ersten Schätzungen müssen dazu bis zu 5.000 Kubikmeter Erdreich ausgehoben werden.
Die Planung, die Genehmigungsverfahren und die Umsetzung wird allerdings mindestens vier Jahre dauern, schätzt Andreas Baumer beim Wasserwirtschaftsamt Traunstein. Er ist für den Wasserbau zuständig.
Klimawandel wird Ausweisung von neuen Wohn- und Gewerbegebieten verändern?
Aber auch bei der Ausweisung von neuen Wohn- und Gewerbegebieten muss sich durch das veränderte Klima und drohenden Starkregenfällen etwas ändern. Das ist die Meinung und die klare Ansage von Georg Renoth.
Der ehemalige Kreisbaumeister von Dachau, ein gebürtiger Schönauer hat sich den Grünstein angesehen. Nie hätte er es für möglich gehalten, dass von diesem Berg eine derartige Murengefahr ausgeht. Bisher habe man die Ausweisung von Wohn- oder Gewerbegebieten nahe Bächen, Flüssen oder Hanglagen großzügiger gehandhabt, ohne dass man zum Teil auch die gesundheitlichen Nachteile ausreichend berücksichtigt hatte. In Zukunft werden diese Fragestellungen intensiver abgehandelt werden müssen, meint Renoth.
Experten: Absoluten Schutz wird es nicht geben
Die Experten sind sich aber sicher: Einen absoluten Schutz wird es jedoch auch mit den getroffenen Murenschutz-Maßnahmen nicht geben können, ein Restrisiko bleibt.
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