Die betroffene Kita in Günzburg, Aufnahme im Herbst 2023.
Bildrechte: BR
Bildbeitrag

Die betroffene Kita in Günzburg, Aufnahme im Herbst 2023.

Bildbeitrag
>

Bewährungsstrafe im Günzburger Kita-Prozess

Bewährungsstrafe im Günzburger Kita-Prozess

Zu viel gezahlte Fördergelder, aber keine persönliche Bereicherung – so das Urteil des Landgerichts Memmingen. Vor Gericht stand die ehemalige Vorsitzende des Kita-Trägers. Dessen Finanzierung war höchst umstritten.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Schwaben am .

Die frühere Kommunalpolitikerin und ehemalige Vorsitzende eines Kita-Trägers in Günzburg Stephanie Denzler ist vom Landgericht Memmingen zu einer Haftstrafe von einem Jahr und zehn Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Das Gericht sieht es als erwiesen an, dass Denzler in 46 Fällen an Betrug mit Fördergeldern beteiligt war. Sie habe billigend in Kauf genommen, dass die Einrichtung in Günzburg so über öffentliche Mittel verfügte, die der Einrichtung nicht zustünden.

Gericht hält Pauschalmodell für rechtswidrig

Nach dem Bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz bezahlen Kommunen für die dort gemeldeten Kinder einen Fördersatz an deren Kita. Dieser richtet sich nach der Anzahl der Betreuungsstunden. Kids & Company in Günzburg hatte Eltern neben einem nach Stunden gestaffelten Preismodell auch eine Betreuungsmöglichkeit zum Festpreis angeboten. Aus Unterlagen der Kita, die vor Gericht vorgelegt wurden, waren die Preise für die flexible Buchung von 4-5 Stunden in allen Kategorien höher als das Pauschalangebot für 9-10 Stunden. Vor Gericht sagte ein Ermittler der Kriminalpolizei, dass nahezu alle Eltern von der Pauschale Gebrauch gemacht hätten. Daraufhin seien die Abhol- und Bringzeiten der Kinder nicht mehr genau dokumentiert worden. Das Gericht bemerkte in seinem Urteil, das Pauschalmodell habe Überbuchungen regelrecht provoziert.

Nicht persönlich bereichert

Der Richter machte jedoch deutlich, dass die Angeklagte sich in keinem Fall persönlich bereichert habe. Außerdem sei das System mit den Pauschalpreisen weder von ihr allein umgesetzt worden noch ihre Idee gewesen. Strafmildernd wirkte sich offenbar aus, dass Denzler gleich zu Beginn ausführlich durch ihren Anwalt Stellung genommen und sich die Verteidigung mit der Staatsanwaltschaft verständigt hatte. Im Übrigen war Denzler auch nicht vorbestraft.

Denzler zog auch persönlich Konsequenzen

Denzlers Verteidigung betonte, der Vorsitz des Kita-Trägers sei eine ehrenamtliche Tätigkeit gewesen, die Fördergelder seien komplett in die Betreuung der Kinder geflossen. Außerdem wies Denzlers Anwalt auf die besonderen Umstände des Verfahrens hin. Der Druck durch die Medien habe zu einer Belastung für ihre gesamte Familie geführt. Denzler hatte auch ihre Zulassung als Rechtsanwältin vor Beginn der Hauptverhandlung zurückgegeben und dadurch ihre Anstellung verloren. Zudem legte sie alle ihre politischen Ämter im Stadtrat, Kreistag und Bezirkstag nieder.

Fall wurde 2020 öffentlich

Kids & Company bietet für Kinder besonders lange Betreuungszeiten von 6 bis 22 Uhr und hat selbst in den Schulferien kaum Schließtage. Öffentlich war der Fall 2020 geworden. Die Kita hatte damals in einer Pressemitteilung bekanntgegeben, gut 300.000 Euro an Fördergeldern zurück gezahlt zu haben. Zuvor hatte das Landratsamt Betreuungsgelder für die Jahre 2014 bis 2019 zurückgefordert.

Stephanie Denzler trägt die Kosten des Verfahrens, die Bewährungszeit wurde auf drei Jahre angesetzt. Außerdem muss sie an das Kinderhospiz Allgäu e.V. 5.000 bezahlen. Mittlerweile ist die Frist für die Revision abgelaufen und das Urteil damit rechtskräftig.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!