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13.000 neue Mühldorfer: Was der Boom für eine Region bedeutet

13.000 neue Mühldorfer: Was der Boom für eine Region bedeutet

Mühldorfs Bevölkerung wächst und wächst: In den letzten zehn Jahren sind über 13.000 Menschen in den beliebten Landkreis gezogen. Deshalb wird mehr Wohnraum benötigt, und die Infrastruktur muss mitziehen. Der starke Zuwachs bringt aber auch Vorteile.

Über dieses Thema berichtet: Stadt Land Leute am .

"Ich war ein Münchner" oder "Doppelte Lebensqualität zum halben Preis" – provokante Sprüche, die den Landkreis Mühldorf im Münchner Raum bekannter machen sollten. Diese polarisierende Kampagne liegt gut zehn Jahre zurück. Das damalige Ziel: "Das Image der Stadt Mühldorf in München zu fördern und vor allem den Standort, also den erweiterten Speckgürtel, bekanntmachen", erklärt Franz Hutterer, einer der damaligen Projektleiter.

In zehn Jahren: Über 13.000 Menschen mehr

Was dann in den folgenden Jahren mit diesem Speckgürtel passierte, damit hat weder Franz Hutterer noch der Landkreis selbst gerechnet: Mühldorfs Bevölkerung nahm stark zu. Das zeigen auch die aktuellen Zahlen des Zensus 2022. Von 2011 bis zum Stichtag im Mai 2022 ist der Landkreis um zwölf Prozent gewachsen, was über 13.000 Menschen entspricht.

Den ersten Aufschwung gab es bereits 2014, ein gutes Jahr nach Kampagnenstart von "Ich war ein Münchner". Anstatt Lob kam Kritik. "Wir wurden auch deutlich angefeindet", erinnert sich Projektleiter Hutterer, "weil der Eindruck vermittelt wurde, dass diese Kampagne die Preisentwicklung angefacht hat." Wie viele Menschen letztendlich aus München zugezogen sind, dazu gibt es keine Daten.

Mieten in Mühldorf stark angestiegen

Die Zensus-Daten zeigen: Die durchschnittliche Kaltmiete liegt bei gut sechs Euro pro Quadratmeter. Dies ist jedoch nur eine Momentaufnahme. Preise auf dem Wohnungsmarkt, bei Neubauten und in guter Lage, liegen deutlich höher. Im Vergleich zu den Nachbarlandkreisen steigen die Quadratmeterpreise an, je näher der Ort an der Landeshauptstadt München liegt.

Am Mühldorfer Stadtplatz äußern sich die Bürger besorgt und verärgert über die Mietpreise. Wörter wie "Wucherpreise" fallen. Eine alleinerziehende Mutter klagt: "Ohne Hilfe geht es nicht mehr, eine passende Wohnung für mich und meine Tochter zu finden."

Für Mühldorfers Landrat Maximilian Heimerl sind die Zensus-Ergebnisse deswegen auch ein Handlungsauftrag: Es brauche zusätzlichen Wohnraum, die Mietpreise seien in den letzten zehn Jahren bereits um das Dreifache gestiegen. "Wenn wir das Angebot jetzt nicht mit der Nachfrage mitwachsen lassen, dann führt es zu weiter explodierenden Preisen", betont Heimerl.

Infrastruktur muss mit Bevölkerung mitwachsen

Wann eine Speckgürtel-Region wie beispielsweise Mühldorf eine Zuzugsgrenze erreicht, dafür gebe es keine feste Definition, erklärt Petra Klug vom Projekt "Daten für die Gesellschaft" der Bertelsmann Stiftung. Entscheidend ist, wie die Regionen damit umgehen: "Zuzug bedeutet eben auch mehr Infrastruktur – reichen zum Beispiel der öffentliche Nahverkehr, die Wohnungsangebote oder Kitaplätze aus?", sagt Klug. "Wenn dann Finanzierungsprobleme entstehen, könnte es schwierig werden."

Im Fall Mühldorf spielt einerseits die wachsende Infrastruktur eine Rolle für das Bevölkerungswachstum. Allen voran die Autobahn A94, die am Landkreis entlang bis nach München führt. Aber auch die zunehmenden Kosten in der Landeshauptstadt. "Das ist ein Klassiker", erklärt Petra Klug. "Ein hohes Preisniveau, hohe Lebenskosten in den Städten in Verbindung mit guten Verkehrsanbindungen in die Nachbargemeinden – das führt zu Bewegungen von den städtischen Zentren in das ländlichere Umland."

Landrat optimistisch: Bei uns kein Fachkräftemangel

Der Landkreis Mühldorf wird in den kommenden Jahren weiterwachsen: Die Prognose, basierend auf den Zensus-Daten, lautet bis zu elf Prozent. Damit wird der Landkreis zu einem der Wachstumsspitzenreiter in Oberbayern. Landrat Heimerl blickt jedoch optimistisch auf die Entwicklung. Er sehe mehr Chancen als Herausforderungen: "Alle Welt redet vom Fachkräftemangel, einer abnehmenden Anzahl von Menschen im erwerbstätigen Alter. Bei uns wird diese Zahl steigen."

Als Handlungsauftrag steht für den Landkreis laut Heimerl jetzt an: Wohnraum und Arbeitsplätze schaffen, erneuerbare Energien ausbauen, die Infrastruktur wachsen lassen. Ein zentraler Punkt dabei ist die Zusammenarbeit der Gemeinden. "Jede einzelne Gemeinde wird die Herausforderung alleine nicht stemmen. Wir müssen räumlich denken, nicht einzelne Gemeinden, sondern eben einen Raum entwickeln."

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