Der BR bündelt seine Nachrichtenkompetenz - aus B5 aktuell ist nun BR24 geworden. Doch welche Bedeutung kommt heutzutage dem Radio in einer veränderten Medienwelt zu? Manfred Wöll, Redakteur und Moderator bei BR24, hat darüber mit Birgit van Eimeren gesprochen. Sie leitet beim BR die Abteilung Unternehmensanalyse und Medienforschung.
Manfred Wöll: Wenn wir sehen, wie stark gerade junge Menschen soziale Medien nutzen – sämtliche Infos kann man sich aus dem Netzt holen – dann drängt sich die Frage auf, hat das Radio noch Zukunft, besonders eine Infowelle wie BR24?
Birgit van Eimeren: Absolut, wenn man bedenkt, dass 93 Prozent der Menschen regelmäßig Radio hören, und auch unter den jungen Menschen sind es 90 Prozent, dann sieht man auch, dass Radio extrem präsent ist im Alltag aller Menschen und auch der jungen.
Wenn ich zurückdenke, als ich jünger war, da bin ich aufgestanden und habe das Radio angemacht – vor allem die Nachrichten, um zu erfahren, was ist so los in der Welt. Meine Töchter, 14 und 27 Jahre alt, machen das gar nicht. Was ist da schief gelaufen?
van Eimeren: Wahrscheinlich schauen die beiden in der Früh auf ihr Smartphone, um sich zu informieren. Aber womöglich läuft dann beim gemeinsamen Frühstück Radio. Wir stellen aber grundsätzlich fest: Die Radionutzung bei jungen Menschen nimmt etwas ab, aber zwei Drittel der jungen Menschen hören täglich Radio.
"Müssen versuchen, stärker zu erklären"
Wie groß ist das Vertrauen in die Medien in Krisenzeiten – und gerade in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk?
van Eimeren: Wir erleben zwar eine Vertrauenskrise der Medien. Aber wir haben im letzten Jahr – gerade mit Corona – festgestellt, dass sich die Menschen hier um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk versammelt haben. Viele Info- und Nachrichtenangebote haben Rekordwerte verzeichnet. Wie haben bei B5 aktuell in der ersten Corona-Welle im März/April 2020 gesehen, da sind die Livestream-Abrufe um 70 Prozent gestiegen. Und immer wenn die Infektionszahlen gestiegen sind, haben wir das auch an den gestiegenen Livestream-Abrufen gesehen.
Auf der anderen Seite gibt es viel Kritik, Stichwort "Lügenpresse" auf den Querdenker-Demonstrationen. Woher kommt diese Skepsis und wie weit verbreitet ist sie?
van Eimeren: Ich denke, die Querdenker sind vor allem einmal laut. Sie spiegeln nicht die Mehrheit der Menschen wider. Viele davon denken vielleicht, was ist der Bezug zu meiner Lebenswelt, sie nutzen einen Großteil der nicht-journalistischen Quellen. Und wenn sie dann im Widerspruch stehen, dann sagen sie natürlich: Meine Freunde sehen das genauso. Da müssen wir versuchen, stärker zu erklären und auch diese divergierenden Meinungen aufzufangen.
Immer wieder stellt sich die Frage: Woher wissen wir eigentlich, wie viele Menschen, welche Radiosender hören? Wie wird das gemessen?
van Eimeren: Kernstück unserer Arbeit ist die "Media-Analyse Audio". Hier wird der Tagesablauf der Menschen rekonstruiert. Wie war Dein Tag gestern, welche Medien hast du genutzt, von wann bis wann? Dazu werden die Menschen per Telefon befragt, über Festnetz oder Mobilnetz. Das sind insgesamt jedes Jahr 71.000 Interviews. Dann wissen wir sehr genau, welcher Sender wurde von wann bis wann gehört.
"Ich glaube, die Hörer werden es eher goutieren"
Aus B5 aktuell ist jetzt BR24 geworden. Wie stark dürfte das die Hörer irritieren?
van Eimeren: Natürlich ist es eine Irritation, wenn eine Welle die 30 Jahre alt ist, dann als BR24 kommt. Wir wissen aber auch, BR24 – unser digitales Informationsportal – ist ja keine Unbekannte. Und ich glaube, die Hörer werden es eher goutieren. Sie nutzen BR24 in der Straßenbahn, am Arbeitsplatz, im Auto hören sie B5 aktuell, und schauen sich am Abend die Rundschau im BR Fernsehen an. Dass man hier Nachrichten und Informationen zusammenführt und bündelt ,ist gerade für die Hörer von B5 aktuell folgerichtig.
Und was erwarten sie nach der Namensumbenennung konkret?
van Eimeren: Ich rechne hier mit Stabilität und vielleicht sogar mit leichten Reihweiten-Gewinnen, weil sich hier drei starke Marken ergänzen.
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