Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat die Länder davor gewarnt, die geplante Legalisierung von Cannabis zu verzögern. Seine Sorge: Der Bundesrat, der sich am kommenden Freitag mit dem Gesetz beschäftigen will, könnte dieses in den Vermittlungsausschuss schicken. Aus Bayern und Sachsen (beide unionsgeführt) kommt unterdessen heftige Kritik – verbunden mit der Ankündigung, eben jenen Vermittlungsausschuss anzurufen. Wird das Gesetz nun später als gedacht in Kraft treten? Oder könnte es sogar ganz scheitern?
Lauterbach: "Die Unionsländer würden sich bedanken"
Lauterbach hatte auf der Plattform X das Vorhaben zunächst verteidigt. Er betonte, dass durch die Legalisierung jedes Jahr zehntausende Konsum-Delikte wegfallen und die Gerichte entlastet würden. Der Hintergrund: Bereits verhängte Haft- oder Geldstrafen wegen Cannabis-Delikten, die nach dem neuen Gesetz nicht mehr strafbar sind, sollen beim Inkrafttreten erlassen beziehungsweise eingetragene Verurteilungen aus dem Bundeszentralregister gelöscht werden. Erwartet wird, dass Tausende komplexe Fälle einzeln überprüft werden müssen. Das fürchten die Länder.
Wie gefährdet das Vorhaben inzwischen ist, lässt ein später abgesetzter Post Lauterbachs erahnen. In diesem warnte er davor, dass das Gesetz "am nächsten Freitag stirbt", sollte der Vermittlungsausschuss angerufen werden.
Letzteres ist denkbar. Zwar hat das Gesetz bereits den Bundestag passiert und ist nicht zustimmungsbedürftig. Sollte der Bundesrat bei seiner Sitzung jedoch den Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat anrufen – was sogar drei Ausschüsse der Länderkammer empfehlen – ist der Zeitplan akut gefährdet, womöglich nicht mehr zu halten.
Denn ursprünglich soll die Droge deutschlandweit bereits am 1. April in Teilen und begrenzt für Erwachsene legalisiert werden. Erlaubt sein soll grundsätzlich der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis zum Eigenkonsum. In der eigenen Wohnung sollen Erwachsene bis zu 50 Gramm straffrei besitzen dürfen. Im öffentlichen Raum (unter anderem in Schulen, Sportstätten und in Sichtweite davon) soll Kiffen verboten sein.
Sachsen wird für Vermittlungsausschuss stimmen
Lauterbach reagierte auf eine Äußerung von Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU): Dieser hatte ebenfalls auf der Plattform X angekündigt, Sachsen werde am Freitag dafür stimmen, den Vermittlungsausschuss anzurufen. Als Ziel gab Kretschmer aus, dass das Gesetz "niemals wieder" aus dem Vermittlungsausschuss herauskommt. Der Grünen-Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen sieht nun, ähnlich wie Lauterbach, das wichtige Vorhaben der Ampelkoalition auf der Kippe.
Die Wogen gehen hoch, wie auch aktuelle Aussagen der bayerischen Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) verdeutlichen. Die CSU ist wie die Schwesterpartei gegen die Pläne der Berliner Ampel, führt dabei neben dem befürchteten Mehraufwand für die Justiz medizinisch-gesundheitliche Gründe an, will das neue Gesetz streng auslegen, auch zusammen mit der CDU eine Klage prüfen. Und sie äußerte in Person von Gerlach nun erneut tiefes Unverständnis über Lauterbach.
Gerlach nannte es in einer Mitteilung "fast schon bizarr" und "trotzig", wie Lauterbach alle Experten-Ratschläge in den Wind schlage. Zu seinen Kritikern zählten neben der Polizei und der Justiz auch Ärzte und Suchtforscher, seine Haltung sei "völlig unvernünftig". Denn niemand, so Gerlach, könne ernsthaft bestreiten, dass die geplante Legalisierung gefährliche Gesundheitsrisiken insbesondere für junge Menschen bedeute.
Bayern will "weiter Widerstand leisten"
Anders als der SPD-Politiker glaubt die CSU-Politikerin auch nicht daran, dass Strafverfolgungs- und Sicherheitsbehörden entlastet würden. Bayern werde auf jeden Fall weiter Widerstand leisten und sich am 22. März im Bundesrat für einen Vermittlungsausschuss einsetzen – mit dem Ziel, "das Gesetz vollständig zu stoppen".
Mit Material von dpa
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