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Prozess im Oberlandesgericht

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Chillen bei der Terrorgruppe in Syrien – wie im "Wilden Westen"

Chillen bei der Terrorgruppe in Syrien – wie im "Wilden Westen"

Seit dieser Woche müssen sich zwei mutmaßliche Terrorhelfer aus Neustadt an der Waldnaab vor Gericht verantworten. Ihr erster Aufenthalt bei einer Terrormiliz in Syrien war offenbar auch ein großes Familienzusammentreffen.

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Die beiden Angeklagten mutmaßlichen Terrorhelfer aus Neustadt an der Waldnaab, der 38-jährige Türke Fatih K. und der 26-jährige Türke Abdullah Ka., sollen den Ermittlungen zufolge Ende Oktober 2013 zur Al-Kaida-nahen Gruppe Junud al-Sham gereist sein – zunächst per Mitfahrgelegenheit nach Wien. Dort sollen sie einen Mann namens Elivis getroffen haben. Über Griechenland und die Türkei, heißt es, seien sie schließlich in Syrien gelandet. Die Angeklagten haben sich auch am gestrigen zweiten Prozesstag vor dem Oberlandesgericht München nicht zu den Vorwürfen geäußert.

Dschihadisten-Clan im Raum Weiden?

Die Verhandlung offenbarte, wie tief einige Salafisten aus dem Raum Weiden in den Syrien-Konflikt verstrickt sind und welche familiären Verflechtungen es gibt. So ging es gestern nicht nur um die Angeklagten selbst, sondern auch um die beiden Cousins von Abdullah Ka., die Brüder Ertugrul D. und Yunus D.. So sollen die Brüder schon Anfang 2013 zum Kämpfen nach Syrien gereist sein. Inzwischen, so wird berichtet, hält sich Ertugrul D. in der Türkei auf, Yunus D. gilt als verschollen.  

Ein Beamter des Polizeipräsidiums Regensburg erschien gestern als Zeuge vor dem Oberlandesgericht. Er erzählte, dass er Abdullah Ka. vor einiger Zeit vernommen habe, allerdings nicht wegen dessen Ausreise nach Syrien, sondern wegen seiner Cousins.

Im Kriegsgebiet hat Abdullah Ka., wie der Kriminalbeamte sagte, seine Cousins Ertugrul D. und Yunus D. sowie seinen Stiefbruder Mehmet getroffen, der im Laufe des Jahres 2014 ums Leben kam. Mehmet leitete zu diesem Zeitpunkt das sogenannte deutsche Haus der Junud al-Sham - ein Trainigscamp mit vielen deutschen Kämpfern.

Die Brüder Ertugrul D. und Yunus D. waren laut Abdullah Ka. eigentlich bei einer anderen Miliz, den Namen konnte er aber nicht nennen, berichtete der Kriminalbeamte des Polizeipräsidiums Regensburg. Dem Vernehmen nach sollen sich die Brüder zumindest zeitweise bei der Terrormiliz IS aufgehalten haben und damit nicht bei der Al-Kaida-nahen Junud al-Sham.

Chillen im Kriegsgebiet

Weiter schilderte der Kriminalbeamte vor Gericht, dass der 26-jährige Abdullah Ka. die Zustände in Syrien mit dem "Wilden Westen" verglichen hat. Zum Kämpfen gekommen ist er scheinbar nicht, will aber viel "gechillt" haben. Eigentlich wollte er offenbar humanitäre Hilfe leisten, konnte bei der Vernehmung aber nicht sagen, dass er jemals Decken oder Essen an Bedürftige verteilt hat.

Nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft München hielten sich die Angeklagten Abdullah Ka. und Fatih K. im Oktober 2013 etwa zehn Tage bei einer Einheit mit einem bosnischen Emir auf, die zur Gruppe um Muslim Abu Walid al-Shishani, dem Kommandeur der Junud al-Sham, gehörte. Spätestens Anfang November sollen sie sich dann in die Struktur der Vereinigung eingefügt haben. Die beiden Männer, so der Vorwurf, hätten den Umgang mit einer Kalaschnikow erlernt. Zudem hätten beide Männer an Patroullienfahrten teilgenommen. Ende November 2013 seien sie dann wieder nach Neustadt an der Waldnaab zurückgekehrt.

Moschee in Weiden unter Beobachtung

Fatih K. soll im März 2014 ohne Abdullah Ka. erneut nach Syrien zur Junud al-Sham gereist sein. Zwischenzeitlich hat er laut Generalstaatsanwaltschaft München als Kontaktmann der Terrorgruppe im Raum Weiden-Nürnberg fungiert. Er habe versucht Geld aufzutreiben und Personen zu rekrutieren.

Die beiden Angeklagten verkehrten auch regelmäßig in der Moschee Islamisches Zentrum in Weiden. Offensichtlich kein Einzelfall, wusste der Kriminalbeamte, der gestern vor dem Oberlandesgericht München aussagte. Nach seiner Aussage ist die Moschee im Blickpunkt, weil mehrere Personen nach Syrien gegangen sind und dort gekämpft haben sollen. Zuletzt hatte der Polizist zu Leuten Kontakt, die zum Kern der Moschee gehören. Diese Leute hätten versucht, einen wichtigen Zeugen für das Verfahren zu beeinflussen.