Im Januar waren in Fürstenfeldbruck zwei Studentinnen, Franziska S. (26 Jahre) und Caroline K. (28) aus Olching, wegen Diebstahls verurteilt worden. Sie hatten weggeworfene Lebensmittel aus einem versperrten Müllcontainer eines Supermarktes in Olching geholt, den sie mit Hilfe eines mitgebrachten Vierkantschlüssels öffneten. Mit der Aktion wollten sie auch gegen die Verschwendung von Lebensmitteln protestieren.
Urteil: Verwarnung und 225 Euro Geldstrafe
Am 30. Januar 2019 sprach das Amtsgericht Fürstenfeldbruck die beiden Studentinnen wegen Diebstahls schuldig. Sie wurden verwarnt, zugleich wurde eine Geldstrafe von jeweils 225 Euro vorbehalten. Die beiden Frauen wollten dieses Urteil jedoch nicht annehmen und gingen in Revision.
Senat: Lebensmittel waren Eigentum der Supermarktkette
Der 6. Strafsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat mit Beschluss vom 2. Oktober 2019 die Revision der Angeklagten als unbegründet verworfen. Demnach bestätigt der Senat das Urteil des Amtsgerichts Fürstenfeldbruck. Das Urteil ist damit rechtskräftig.
Der Senat führt in seiner Begründung aus, dass die entwendeten Lebensmittel zum Zeitpunkt der Wegnahme im Eigentum der Supermarktkette Edeka standen - auch wenn die Lebensmittel für die Abholung durch ein Entsorgungsunternehmen aussortiert worden sind. Die Lebensmittel wurden in einem abgesperrten Container auf dem Firmengelände vor dem Zugriff Dritter geschützt. Die Angeklagten durften somit auch nicht davon ausgehen, dass ihnen die Mitnahme erlaubt war.
Firma für Unbedenklichkeit der Lebensmittel verantwortlich
Der Senat verweist in diesem Zusammenhang auch auf den Umstand, dass die Firma Edeka für die gesundheitliche Unbedenklichkeit der wieder in Verkehr gebrachten Lebensmittel einzustehen hat. Die Lebensmittel wurden aussortiert, weil sie nicht mehr als verkehrsfähig angesehen wurden - die Verwahrung im verschlossenen Container erfolgte lediglich zur ordnungsgemäßen Entsorgung durch ein beauftragtes Unternehmen.
Aktivistinnen wollen möglicherweise vor das Bundesverfassungsgericht
Die Studentinnen aus Olching haben auf die Gerichtsentscheidung mit großem Unverständnis reagiert. Zusammen mit ihren Anwälten wollen die Frauen jetzt eine Verfassungsklage vor dem Bundesverfassungsgericht prüfen.
Beschluss des Bundesrates: Keine Pflicht zur Lebensmittelspende
Der Bundesrat hat am Freitag (11.10.2019) einen Vorstoß zur Vermeidung von Lebensmittel-Verschwendung abgelehnt. In der Abstimmung fand sich nicht die erforderliche Mehrheit von 35 Stimmen.
Der Entschließungsantrag von Hamburg, Bremen und Thüringen zielte darauf ab, den Handel gesetzlich zu verpflichten, Lebensmittel an gemeinnützige Organisationen zu spenden, statt sie wegzuwerfen.
Über 18 Millionen Tonnen Nahrungsmittel würden jährlich in Deutschland weggeworfen, davon wären bereits jetzt 10 Millionen Tonnen vermeidbar, hatten die drei Länder in ihren Entschließungsantrag begründet. Ihrer Ansicht nach reicht das derzeit auf Freiwilligkeit basierende Spendensystem nicht aus, um bis 2030 die Lebensmittelverluste zu halbieren - so wie es der Koalitionsvertrag und die Agenda der Vereinten Nationen vorsehen.
💡 "Containern" - Wie ist die Rechtslage in Deutschland?
In Deutschland landen pro Jahr 18,4 Millionen Tonnen genießbare Lebensmittel in der Tonne. Wer aber diese Lebensmittel rettet, um sie selbst zu essen oder weiter zu teilen, macht sich strafbar. Eine Strafbarkeit als Hausfriedensbruch kommt vor allem bei der Überwindung eines physischen Hindernisses, das einem Container vorgelagert ist, in Betracht - oder beim unberechtigten Betreten eingezäunter Grundstücke. Bisher gilt es auch als Diebstahl, Nahrungsmittel aus Müllcontainern zu holen, die Supermärkte und Fabriken wegen abgelaufener Mindesthaltbarkeitsdauer oder Druckstellen weggeworfen haben.