Ihre Namen unterscheiden sich nur in einem Buchstaben – doch die Differenzen bei Themen rund um die LGBTQ*-Community treten in den vergangenen Tagen immer deutlicher zutage: Der Streit zwischen der Münchner Stadtratsfraktion der CSU und den Veranstaltern des Münchner Christopher Street Days – kurz CSD – geht in die zweite Runde.
Die CSU-Stadtratsfraktion hat sich in einer Pressemitteilung irritiert darüber gezeigt, dass sie nicht mit einem eigenen Wagen bei der PolitParade am diesjährigen Christopher Street Day (CSD) teilnehmen darf. Die Veranstalter des CSD hatten die Anmeldung der CSU-Stadtratsfraktion am 8. Mai abgelehnt. Ihre Begründung: Das Grundsatzprogramm der CSU sei nicht mit den Werten der LGBTQ*-Community vereinbar. Das zeige unter anderem die Forderung von Teilen der Münchner CSU, eine Lesung mit Mitgliedern der LGBTQ*-Community in der Bogenhausener Stadtteilbibliothek zu verbieten.
Was war zuvor passiert?
Zuvor hatte die CSU-Stadtratsfraktion eine geplante Lesung in der Münchner Stadtbibliothek Bogenhausen kritisiert. Unter dem Titel "Wir lesen euch die Welt, wie sie euch gefällt" wollen am 13. Juni eine Drag Queen, ein Drag King und eine trans Autorin Kindern ab vier Jahren vorlesen. Die Münchner Stadtbibliothek betont, dass nur altersgerechte Bilderbücher vorgelesen würden. Im Vordergrund stünden Themen wie Rollenwechsel und Verkleidung, die laut Stadtbibliothek Kinder in diesem Alter sehr beschäftigen.
Der Grund für die Empörung von Seiten der CSU: Der Künstlername des eingeladenen Drag Kings ist "Eric BigClit" – aus Sicht der Christsozialen ein sexualisierter Name. Ein Verbot habe die CSU-Stadtratsfraktion allerdings nie gefordert, heißt es in einer Pressemitteilung.
- Zum Artikel: Getöse unterm Regenbogen: Darum geht es bei der Drag-Lesung
Kritik hatte ebenfalls Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) geäußert. Und auch Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter hatte die Veranstaltung skeptisch kommentiert – seine Äußerungen aber mittlerweile relativiert.
Absage laut CSD-Veranstaltern schon vor Debatte um Drag-Lesung
Die CSU-Stadtratsfraktion führt die Absage ihrer Teilnahme bei der PolitParade am 24. Juni nun darauf zurück, dass sie sich kritisch gegenüber der geplanten Lesung geäußert hatte. Doch Conrad Breyer, Sprecher des CSD München, wies im Gespräch mit dem BR darauf hin, dass die CSD-Veranstalter der CSU-Stadtratsfraktion in einem Vorgespräch schon vor der Debatte um die Drag-Lesung deutlich gemacht hatten, dass eine Teilnahme der CSU aufgrund ihres Grundsatzprogramms nicht infrage komme.
PolitParade am CSD: Demo für gleiche Rechte queerer Menschen
Laut Angaben der CSD-Veranstalter ist die PolitParade die größte Demonstration der LGBTIQ*-Community im süddeutschen Raum. In diesem Jahr steht sie unter dem Motto "Queerer Aktionsplan Bayern jetzt!": Teilnehmende fordern, dass die bayerische Landesregierung konkrete Maßnahmen für Gleichstellung und Akzeptanz queerer Menschen erarbeitet und umsetzt.
CSD-Sprecher: CSU bislang nie auf PolitParade vertreten gewesen
Laut Aussage von CSD-Sprecher Breyer wäre es ohnehin das erste Mal, dass die CSU mit einem Wagen an der PolitParade teilnähme. Zuvor hätten nur die die Lesben und Schwulen in der Union (LSU) an der Parade teilgenommen; die CSU selbst habe bislang nur einen Stand auf dem Straßenfest am Marienplatz gehabt. Die Anmeldung an der PolitParade sei also überraschend gekommen – und dann aufgrund von programmatischer Differenzen abgelehnt worden, so Breyer.
Hans Theiss, stellvertretender CSU-Fraktionsvorsitzende im Stadtrat und ebenfalls Kritiker der Drag-Lesung, sieht das anders: "Unsere Gespräche bzgl. eines Wagens der CSU-Stadtratsfraktion auf dem CSD 2023 sollten mit den Veranstaltern noch weitergeführt werden", teilte er dem BR schriftlich mit. Es sei daher unverständlich, dass der Antrag der CSU auf einen solchen Wagen einfach abgesagt wurde.
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