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Schattenrissfiguren vor AfD-Logo (Symbolbild)

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Die AfD und der bayerische Verfassungsschutz

Die AfD und der bayerische Verfassungsschutz

Immer wieder heizen Äußerungen von AfD-Politikern die Debatte an, ob die Partei vom Verfassungsschutz beobachtet werden sollte. Momentan wird sie das in ihrer Gesamtheit als Partei nicht, sehr wohl aber einzelne Mitglieder - auch in Bayern.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 1 am Samstag am .

Die AfD steht in Bayern nicht als Gesamtpartei unter Beobachtung des Geheimdienstes. Wie das bayerische Landesamt für Verfassungsschutz dem Evangelischen Pressedienstes (epd) bestätigte, werden jedoch einzelne Mitglieder der Partei durchaus beobachtet - darunter seien zwar keine Mandatsträger, jedoch Funktionäre der AfD. Bis vor etwa einem halben Jahr hatte der Verfassungsschutz mit Petr Bystron sogar noch den damalige Landesvorsitzende der AfD persönlich im Visier. Als Bystron in den Bundestag gewählt wurde, wurde dessen Überwachung allerdings offiziell beendet.

Verbindungen zu den Identitären

Hauptgrund für die Beobachtung Bystrons waren dessen öffentlich geäußerten Sympathien für die sogenannte "Identitäre Bewegung". Bei dieser verhältnismäßig kleine Gruppierung, die immer mal wieder durch öffentlichkeitswirksame Aktionen auffällt, mischen zahlreiche Neonazis mit. Im Zentrum der völkisch-rassistischen Ideologie der Identitären steht ein angeblich geplanter "großer Austausch" der Bevölkerung. Bystron hatte in einem Grundsatztext auf dem islamfeindlichen Portal PI-News gefordert, die AfD müsse Identitären und anderen extrem rechten Gruppierungen als Schutzschild dienen. Bei einer AfD-Veranstaltung im oberbayerischen Maisach im März 2017 hatte er darüber hinaus geschwärmt: "Die Identitäre ist eine tolle Organisation, das ist eine Vorfeld-Organisation der AfD und die müssen wir unterstützen." Dass Bystrons Beobachtung durch den Verfassungsschutz im vergangenen Herbst offiziell beendet worden ist, hat wohl weniger damit zu tun, dass sich der AfD-Funktionär inzwischen gemäßigt hätte. Vermutlich wollte der Geheimdienst eher langwierige gerichtliche Auseinandersetzungen mit dem frisch gewählten Bundestagsabgeordneten vermeiden, der als Parlamentarier unter anderem Immunität genießt.

Rassistische Äußerungen

Der frühere AfD-Landesvorsitzende ist nicht der einzige AfD-Funktionär, der mit extrem rechten Gedankengut aufgefallen ist. Gegen seinen Nachfolger Martin Sichert lief unter dem früheren AfD-Bundeschef Bernd Lucke gar ein Parteiausschlussverfahren wegen Äußerungen, in denen Sichert den historischen Nationalsozialismus relativiert hatte. Die stellvertretende Bayernchefin Katrin Ebner-Steiner fiel unlängst durch offenen völkischen Rassismus auf: Als die Moscheegemeinde in Deggendorf Gelder aus dem bayerischen Flutopferhilfsfonds bekam, forderte Ebner-Steiner im Internet: "Unser Steuergeld für EINHEIMISCHE Flutopfer". Mitglieder der muslimischen Gemeinde Deggendorf können für sie also offenbar grundsätzlich keine "Einheimischen" sein, selbst wenn sie hier geboren sind, die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen oder konvertierte Christen sind.

Nähe zu Pegida

Mit Thomas Fügner trat ein weiteres Mitglied des Landesvorstandes in der Vergangenheit mehrfach als Redner bei Pegida auf. Pegida ist insbesondere in Bayern durchsetzt mit Neonazis bis hin zu verurteilten Rechtsterroristen. Und auch auf den unteren Ebenen der Partei scheint es offene Sympathien mit extrem rechter Ideologie zu geben: So veröffentlichte der AfD-Kreisverband Ebersberg unlängst auf seiner Homepage ein Video, in dem die deutsche Schuld am Ausbruch des Zweiten Weltkriegs geleugnet wurde - gepostet von Brigitte Fischbacher, die bei der Bundestagswahl als AfD-Direktkandidatin für Erding und Ebersberg angetreten war. Andere bayerische AfD-Politiker sind eng verbandelt mit der extrem rechten Szene, etwa der stellvertretenden Fraktionsvorsitzende im Bundestag Peter Felser aus Kempten. Er veröffentlichte gemeinsam mit einem der wichtigsten Aktivisten der sogenannten Neuen Rechten, Götz Kubitschek, ein Buch über die gemeinsame Zeit im Auslandseinsatz der Bundeswehr. Später gründete er mit Kubitschek zusammen eine Filmproduktionsfirma, die - wie die FAZ unlängst enthüllte - Wahlkampfwerbespots für die Republikaner produzierte, die derart antisemitisch waren, dass deren Ausstrahlung von den Rundfunkanstalten erfolgreich verweigert wurde.

In Bayern Verbindungen zu Reichsbürgern

Welche AfD-Mitglieder und -Funktionäre derzeit konkret vom bayerischen Verfassungsschutz beobachtet werden, verrät der Geheimdienst nicht. Ein Sprecher teilte lediglich mit: Es seien AfD-Mitglieder bekannt, die Verbindungen in die rechtsextremistische oder islamfeindliche Szene und zu den sogenannten Reichsbürgern aufweisen. Die Gesamtpartei wird allerdings nicht beobachtet, weder vom bayerischen Landesamt noch vom Bundesamt. Eine Einflussnahme oder Steuerung der Partei durch Rechtsextremisten sei derzeit nicht erkennbar, erklärte der Bundesverfassungsschutz gegenüber der Nachrichtenagentur epd.

Das zumindest darf angesichts der jüngsten Ausfälle maßgeblicher AfD-Funktionäre bezweifelt werden. Der Landesvorsitzende André Poggenburg, der bereits früher politische Gegner und Gegnerinnen als "Wucherung am deutschen Volkskörper" bezeichnet hatte, hatte am Aschermittwoch in Deutschland lebende Türken unter anderem als "vaterlandsloses Gesindel" beschimpft. Und der Thüringer Fraktionsvorsitzende Björn Höcke steht schon länger im Verdacht, unter dem Pseudonym "Landolf Ladig" in Neonazi-Zeitungen veröffentlicht und dabei eine NS-Revolution gefordert zu haben. Höcke bestreitet das, will aber gegen die Behauptung auch nicht juristisch vorgehen.

Tendenzen erkennbar

Der Dresdner Politikwissenschaftler Steffen Kailitz plädierte gegenüber epd für eine Beobachtung von Teilen der AfD durch den Verfassungsschutz. Insbesondere in Ostdeutschland werde der "völkisch-nationale Flügel immer dominanter". Doch auch die bayerische AfD, die bei der Bundestagswahl im Freistaat vielerorts zweitstärkste Kraft wurde, ist auf Kurs Richtung ganz rechts außen.