Die Verunsicherung ist groß nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig. Fahrverbote sind möglich, sie müssen aber verhältnismäßig sein und Ausnahmen zulassen. Gerade Handwerker und Lieferanten sorgen sich, unter welchen Bedingungen sie bei einem Fahrverbot noch ihrer Arbeit nachgehen können. Von Fahrverboten betroffen wären auch Pendler, warnt Peter Driessen, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern. Und auch der ÖPNV.
"Noch fahren die Busse fast ausschließlich mit Dieselmotoren. Feuerwehr und Polizei, Krankenwagen: Viele fahren mit Dieselmotoren, weil die Politik in den vergangenen anderthalb bis zwei Jahrzehnten dafür geworben hat. Da sollte die Politik so ehrlich sein und dabei bleiben und sagen, hier haben wir uns möglicherweise geirrt. Hier brauchen wir, wenn überhaupt, sehr lange Übergangsfristen."
Peter Driessen, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayer
Kritik am Urteil aus der Bundesregierung
Wie die aussehen könnten ist offen. Pauschale Fahrverbote hält CSU-Bundesverkehrsminister Christian Schmidt nicht für verhältnismäßig.
"Verhältnismäßigkeit heißt auch übersetzt, dass man auf die konkrete Situation blicken muss. Und deswegen bin ich sehr zurückhaltend, was bundesweite Regelungen betrifft."
Christian Schmidt, kommissarischer Bundesverkehrsminister
Letztlich werde es auf einzelne Straßen hinauslaufen, die für entsprechende Fahrzeuge gesperrt werden könnten, erklärt der Jurist des Allgemeinen Deutsche Automobil-Clubs ADAC Markus Schäpe.
"Jede Stadt muss für sich selbst entscheiden, welche Maßnahme die richtige sein wird. Das heißt eben nicht, dass die gesamte Innenstadt für Euro 4- und Euro 5-Fahrzeuge gesperrt wird, sondern einzelne Straßenabschnitte sollen gesperrt werden, wenn keine andere Möglichkeit mehr besteht."
Markus Schäpe, Jurist ADAC
Mallys sieht Autoindustrie in der Pflicht
Nürnbergs Oberbürgermeister Ulrich Maly will nach dem Diesel-Urteil generelle Fahrverbote vermeiden. Das sagte der SPD-Politiker dem Rundschau-Magazin des BR Fernsehens.
"Was uns tatsächlich ein bisschen Probleme bereitet, ist, dass man uns den Schwarzen Peter jetzt hinschiebt, wir aber eigentlich nicht die sind, die die Karten spielen. Das ist wenn dann eher die Bundesregierung und vor allem die Autoindustrie."
Ulrich Mally, Oberbürgermeister Nürnberg
Die Autoindustrie ist in der Pflicht, sagt auch Markus Schäpe vom ADAC.
"Ich denke schon, dass sich die Autoindustrie jetzt bewegen muss. Bis vor kurzem hat es geheißen, Nachrüstungen der Hardware sind nicht möglich. In Tests haben wir gezeigt, dass das sehr wohl möglich ist."
Markus Schäpe , ADAC
ADAC rät von schnellen Verkäufen ab
Dieselfahrer sollten die Ruhe bewahren, empfiehlt der Jurist des ADAC. Das Auto nun für wenig Geld zu verkaufen sei keine Lösung.
"Wer nur zwei, drei Mal im Jahr in die Großstadt fährt und dann möglichweise sich die Frage stellt, fahre ich wirklich ins Parkhaus in die Stadt rein oder parke ich lieber draußen, der muss das Auto nicht verkaufen."
Markus Schäpe , ADAC
Wer aber in der Innenstadt wohnt, der muss sich tatsächlich überlegen, ob er ein anderes Fahrzeug kauft – oder darauf hofft, dass die Hersteller die Fahrzeuge kostenlos nachrüsten.