Genau ein Jahr ist es her, dass ein schweres Unwetter mit Murenabgängen und Hochwasser den südlichen Landkreis Berchtesgadener Land verwüstet hat. Betroffen war vor allem Schönau am Königssee. Hangrutsche, die durch Starkregen ausgelöst wurden, wälzten sich ins Tal und schwappten in Ortsteile der Gemeinde. Auch die traditionsreiche Bob- und Rodelbahn am Königssee wurde massiv beschädigt. So viel steht fest: Etliche Anwohner werden die Nacht vom 17. auf den 18. Juli 2021 wohl nicht so schnell vergessen - und auch nicht den Zusammenhalt in der Bevölkerung.
Mure verschüttet Garage und schwappt ins Wohnhaus
Die Zuversicht ist zurückgekehrt bei Familie Calabro. Denn ihr Haus in der Vorbergsiedlung sieht wieder tipptopp aus. Wer es nicht weiß, ahnt nicht, wie es hier vor einem Jahr aussah und wie groß die Verzweiflung war:
Eine Schlammlawine wälzt sich am Abend des 17. Juli langsam vom dahinter liegenden Berg, dem Grünstein, talwärts. Die Mure trifft die Garage und das gerade frisch renovierte Haus der Calabros. Dort lassen Geröll- und Wassermassen die Fenster bersten und schwappen in die Küche und das Wohnzimmer.
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Drei Kinder, Vater Francesco, dessen Schwager und der Großvater, der im Rollstuhl sitzt, können sich in letzter Minute in den ersten Stock des Hauses retten. Als Adriana Calabro, die in ihrer Pizzeria arbeitet, zu Hilfe eilt, sieht sie den angerichteten Schaden, der auf 500.000 Euro geschätzt wird. Inzwischen sind alle froh, mit dem Leben davon gekommen zu sein. Doch wenn Regen oder Gewitter angekündigt sind, dann steigt die Angst hoch - jedenfalls bei der Hausherrin Adriana Calabro.
Großer Zusammenhalt im Unwetter-Hotspot Schönau
Bei über 180 Einsätzen waren die Hilfskräfte in jener Nacht und den darauffolgenden Tagen gefordert. 150 Bewohnerinnen und Bewohner mussten in den betroffenen Ortsteilen evakuiert werden und ihre Häuser vorübergehend verlassen. Ein wichtiger Ansprechpartner für viele Schönauer war Richard Lenz (Freie Wähler), der 2. Bürgermeister der Gemeinde im Berchtesgadener Land. Lenz lobt vor allem den Zusammenhalt in der Bevölkerung in der Krisensituation vor einem Jahr und die Solidarität, die spürbar war: "Jeder hat angepackt, wir haben viele helfende Hände gebraucht, und die haben wir gehabt."
Erste Maßnahmen zum Schutz der Anwohner umgesetzt
In Zusammenarbeit mit dem Wasserwirtschaftsamt Traunstein ist im vergangenen Jahr in Sachen Schutz einiges passiert. Am Fuß des Grünsteins wurden umgerissene Baumstämme, aber auch riesige Felsen und Geschiebe entfernt, die die Muren mitgeführt haben. Auch wurden Vorkehrungen für mögliche weitere Starkregen-Ereignisse getroffen. Am Ende der Schneise, die die Lawine mitten durch den Wald gerissen hat, entstand etwa bei der Fischmichlsiedlung ein großes Auffangbecken. Davor wurde ein bereits bestehender Graben tiefer ausgebaggert und damit der Damm erhöht, um die Menschen in der Siedlung besser zu schützen.
Demolierte Bob- und Rodelbahn: Geologen sind am Zug
Ein paar Kilometer weiter, oberhalb des Königssees, hat eine Mure vom Grünstein und Hochwasser vom Klingerbach die traditionsreiche Bob- und Rodelbahn teilweise zerstört. Beim Starthaus ist die Zerstörung noch immer gut sichtbar. Geröll im Eiskanal, verbogene Seitenwände, die Überreste einer vom Hochwasser weggerissenen Brücke. Experten sollen baldmöglichst prüfen, ob der Hang am Grünstein gesichert werden kann. Falls ja, soll zubetoniertes Gelände rückgebaut und das zehn Jahre alte Starthaus weggerissen werden. Der Start würde tiefer Richtung Tal verlegt.
Alexander Resch, Vorstand im Bob- und Schlittenverband, hofft auf grünes Licht von den Gutachtern. Es wäre eine Chance für ein Leuchtturmprojekt, sagt Resch. Eine Sportstätte für den Spitzensport und Nachwuchssportler mit Vorbildcharakter. Falls sie wieder aufgebaut wird, soll die Bahn der Energiewende gerecht werden, aber auch in Einklang mit der Natur stehen.
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