Florian von Brunn, Fraktionschef und Landesvorsitzender der Bayern-SPD
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Florian von Brunn, Fraktionschef und Landesvorsitzender der Bayern-SPD

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Florian von Brunn: Doppelt stark - und laut

Hoffnungsträger, Antreiber, Lautsprecher, Polarisierer: Seit kurzem ist Florian von Brunn in Bayern SPD-Fraktionschef und Landesvorsitzender der Partei. Er will die auf unter 10 Prozent abgestürzten Sozialdemokraten stärken - wie? Ein Porträt.

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Ob beim Bergsteigen oder auf dem Fahrrad - bei fast jedem Wetter, quer durch München. Florian von Brunn ist zäh und ehrgeizig, als angriffslustiger Umweltexperte und beim Kampf um die höchsten Ämter. Jetzt als Partei- und Fraktionschef im Landtag will der 52-Jährige der Bayern-SPD einen ganz neuen Stil verpassen.

Passend zur Fußball-Europameisterschaft kündigt er an: Die SPD werde in Zukunft "Pressing" spielen und sich "mehr in der Spielhälfte der bayerischen Staatsregierung aufhalten“. Dass es dabei "das ein oder andere Mal einen Konter geben" könne, nimmt von Brunn in Kauf. Schließlich sei das "modern und zeitgemäß".

Zwei extrem knappe Abstimmungen

Seit vier Wochen führt der gebürtige Münchner von Brunn die SPD-Fraktion im Landtag. Ende April hat er bereits gemeinsam mit Ronja Endres den Vorsitz der Bayern-SPD von Natascha Kohnen übernommen. Beide Posten holte von Brunn in extrem knappen Kampfabstimmungen und jeweils erst im zweiten Anlauf.

Die Bayern-SPD spaltet der studierte Philosoph und ehemalige selbstständige IT-Berater in zwei fast gleich große Lager. Einen will er die Genossen über den Erfolg, durch mehr Attacke und mehr Sichtbarkeit in der Öffentlichkeit.

Schlagabtausch im Landtag - mit Nazi-Vorwurf

Was er damit meint, zeigt sich bei seinem ersten großen Auftritt als Fraktionschef vorige Woche. Von Brunn attackiert die CSU und die bayerische Staatsregierung wegen der Maskengeschäfte. Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) nennt von Brunns Politikstil daraufhin unsachlich und von Donald Trump inspiriert. Von Brunn habe "kein Interesse" an Aufklärung und Fakten, sondern nur "an einer politischen Lautsprecherei und sonst gar nichts", so Holetschek. Die SPD mache "sich gemein mit den Kollegen der AfD, vom Stil und von der Art und Weise, wie sie Politik machen".

Von Brunn verwahrt sich anschließend dagegen, "in unglaublicher und schamloser Art und Weise in die Nähe der AfD" gerückt zu werden, "in die Nähe von Rechtsradikalen". Dann fallen folgende Sätze: "Die Vorgänger der CSU waren die Steigbügelhalter von Adolf Hitler. Sie haben doch Abgrenzungsprobleme nach rechts! Ich sage nur Werte-Union, ich sage nur Maaßen, ich sage nur Verteidigung der Sozialsysteme gegen Zuwanderung bis zur letzten Patrone."

Von Brunn kassiert Rüge

Heftige Worte, für die der SPD-Fraktionschef eine Woche später eine Rüge von CSU-Landtagspräsidentin Ilse Aigner kassiert. Mit seinem Nazi-Vergleich sei er zu weit gegangen, die historische Wahrheit sei komplexer, begründet Aigner ihre Entscheidung. Das sehen auch FDP und Grüne im Landtagspräsidium so. Etwa, weil auch spätere Gründungsmitglieder der CSU in Konzentrationslagern gewesen seien. Das sagt zwar auch von Brunn später, aber er distanziert oder entschuldigt sich nicht.

SPD: Teils auch Kritik am neuen Chef von Brunn

In der eigenen Fraktion kommt der neue Stil nicht bei allen gut an. Dass von Brunn nach gut zwei Jahren den bisherigen SPD-Fraktionschef Horst Arnold mit 12 zu 10 Stimmen aus dem Amt gedrängt hat, daran haben die Unterlegenen schwer zu kauen. Klaus Adelt, der daraufhin als Stellvertreter nicht mehr kandidierte, sieht sich in seinem Bild von Brunns bestätigt. Adelt sieht "ein bisschen einen Konflikt", weil von Brunn "gerne skandalisierend auftritt, laut spricht und zum Teil auch dann so endet, dass viel Porzellan zerschlagen ist".

Die SPD-Abgeordnete Alexandra Hiersemann erkennt zwar an, dass "Ehrgeiz auch gut sein mag für die Fraktion", etwa wenn es darum gehe, wie man draußen bei den Bürgern vorkomme. Aber über die Art und Weise der Politikvermittlung werde man wohl diskutieren in der Fraktion. Schließlich wolle man künftig "miteinander gute Poltik machen".

Güller: "Vertrauensbasis nicht mehr gegeben"

Nachdem von Brunn gewählt wurde, legte Harald Güller das wichtige Amt des haushaltspolitischen Sprechers der SPD-Fraktion nieder. Dafür sei "die Vertrauensbasis nicht mehr gegeben", sagte er. "Mein Gefühl ist, dass die, die nicht für ihn gestimmt haben, sich jetzt noch nicht so mitgenommen fühlen. Florian von Brunn hat jetzt seine Chance. Aber er sagt ja, er will alles neu und anders machen. Dann soll er es auch tun."

Bei den zehn Abgeordneten, die nicht für ihn als Fraktionschef gestimmt haben, muss von Brunn also noch Überzeugungsarbeit leisten. Von Brunns zwölf Unterstützer in der Fraktion sehen in ihm dagegen den Hoffnungsträger, der die SPD wieder über zehn Prozent führen soll.

Darauf setzen auch zwei SPD-Bürgermeister aus Oberbayern. Florian Schneider aus Burghausen findet, die SPD sei bisher "zu leise" gewesen. Dabei setze sie gute Politik für die Bürger um und sei "besser als ihr Ruf". Von Brunn müsse "selbstbewusst auftreten - und das kann er". Und Johann Schild aus Fridolfing ist sich sicher, dass von Brunn jetzt seine Chance "bestens nutzen wird".

Von Brunn: "Zuhören, mir auch Kritik anhören"

Die SPD ist, was ihren neuen Landes- und Fraktionschef angeht, also gespalten. Florian von Brunn nimmt auch diese Herausforderung sportlich und will auf Kommunikation setzen. Jetzt sei es wichtig, "dass wir miteinander im Gespräch bleiben. Ich werde mit allen Abgeordneten Einzelgespräche führen, zuhören, mir auch Kritik anhören." Von Brunn will, "dass wir jetzt zusammenfinden, damit die SPD wieder stark wird". Also: die Mannschaft zusammenführen und dann beim Wähler wieder punkten.

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