Drückend heiß war es am Abend in der Manchinger Mehrzweckhalle. Trotzdem kamen weit über hundert Bürger, um sich von der Bundeswehr, dem staatlichen Bauamt Ingolstadt und anderen Behörden informieren zu lassen, welche Maßnahmen am PFAS-kontaminierten Flugplatz Manching geplant sind.
Jahrelang gesundheitsgefährdende Chemikalien im Grundwasser
Die Manchinger Bürger verfolgt das Thema seit fast zehn Jahren. So lange schon ist bekannt, dass die Bundeswehr auf ihrem Flugplatz in Manching Löschschaum mit PFAS (auch bekannt als PFC) verwendet hat und diese gesundheitsgefährdenden Chemikalien auf diesem Weg ins Grundwasser gelangt sind.
Bundeswehr wirbt um Verständnis für lange Vorbereitungs-Phase
Seitdem laufen auf dem Militärgelände Untersuchungen und seit zwei Jahren auch eine kleine Probeanlage für die Sanierung des verseuchten Grundwassers, eine sogenannte Pump and Treat-Anlage. Bundeswehrvertreter Thomas Backes vom Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr wirbt um Verständnis für die lange Zeit der Analyse. Über die vielen Jahre habe die Bundeswehr mit zahllosen Behörden zusammenarbeiten müssen und ungezählte Untersuchungen und Tests durchführen lassen. "In der Natur ist es eben nicht so, wie man sich das im Büro vorstellt", so Backes. "Und deshalb haben wir diese vorgezogene Pump and Treat-Maßnahmen durchgeführt und alle Daten aus den letzten Jahren zusammengefasst, um zu wissen, wie in diesem Grundwasserleiter die Strömungsverhältnisse sind. Diese hydrogeologischen Daten haben wir jetzt alle zusammen. Also, die Bundeswehr hat jetzt ihren Job wirklich erledigt im Rahmen des Altlastenprogramms. Wir sind durch."
Gesetzlich vorgegeben sei nun, so Backes, dass sein Amt die Bauverwaltung beauftrage, diese Sanierungsanlagen zu errichten.
Bauamt Ingolstadt plant den Baubeginn für September 2023
Die Verantwortung für die Sanierung des Flugplatzes Manching trägt jetzt Thomas Sendner, stellvertretender Leiter des staatlichen Bauamts Ingolstadt. In groben Zügen hat er erklärt, wie er das Manchinger Grundwasser vor weiteren PFAS-Einträgen schützen will.
"Das versuchen wir mit einer Abreinigung an der Liegenschaftsgrenze, um weitere Kontamination in Richtung Manching und Westenhausen zu vermeiden. " Thomas Sendner, stellvertretender Leiter des staatlichen Bauamts Ingolstadt
Durch eine Brunnengalerie könne man punktuell kontaminiertes Grundwasser reinigen und dann bestenfalls PFC-frei dem Grundwasser wieder zuführen.
Noch viele offene Fragezeichen
Weitere Details zu den Baumaßnahmen rund um die Sanierung hat das Bauamt noch nicht vorgestellt - nur, dass sie im September 2023 beginnen sollen. Allerdings ist der Termin nicht in Stein gemeißelt. Denn Fragezeichen gibt es noch viele. So betrifft die allgemeine Liefer-Problematik natürlich auch so spezielle Bauprojekte wie die PFAS-Sanierung. Offen ist auch noch, welche private Firma die Sanierung ausführen wird.
Erste Ausschreibung gescheitert
Die Suche nach einem passenden Ingenieurbüro läuft. Auf die erste Ausschreibung hatte sich nicht ein einziges Unternehmen gemeldet. Insofern sei auch mit Zeitverzögerungen zu rechnen, so Sendner.
"Die gesamtgesellschaftliche Situation, die weltpolitische Lage im nächsten Jahr müssen wir beim Bau auch irgendwie berücksichtigen. Das kann alles hemmen. Aber wir sind guter Dinge, dass wir früher als September 2023 unterwegs sind mit der Reinigung." Thomas Sendner, stellvertretender Leiter des staatlichen Bauamts Ingolstadt
Komplette Sanierung zieht sich über viele Jahre
Selbst wenn die Sanierung wie geplant im September 2023 startet, dauert es noch mehrere Jahre, bis der Flugplatz Manching und damit auch das umliegende Grundwasser komplett saniert und geschützt sind. Denn die nun bekannte gemachte Sanierungsmaßnahme bezieht sich nur auf das besonders verseuchte Teilgebiet des Flugplatzes, an der Alten Feuerwache. Dort setzte die Bundeswehr früher besonders viel und häufig PFAS-haltigen Löschschaum ein. Es gibt noch weitere 15 kontaminierte Punkte auf dem Flugplatz. Für sie sollen die Sanierungspläne wohl bis Ende des Jahres vorliegen.
Proteste gegen die anhaltende Kontaminierung des Grundwassers
Für die Bürger bleiben auch nach dem Informationsabend viele Frage offen. Zwar hörten die gut hundert Menschen im Saal den Referenten ruhig zu, doch gab es wiederholt auch Unmutsbekundungen. Die Sprecherin der Bürgerinitiantive "NO PFAS Manching", Gudrun Lemle, hätte sich detaillierte und aktuellere Informationen gewünscht: "Fazit: Viel Blabla, wenig Neues und irgendwie sind wir wieder bei 2024 bis zum Start der Grundwasserreinigung. Der Frust der Bürger ist dementsprechend hoch, was sich auch bei der Teilnehmerzahl widerspiegelte. Einmal verlorenes Vertrauen ist schwer wieder herzustellen." so Lemle.
BI: Studie zur Gesundheitsbeeinträchtigung ist nicht aussagekräftig
Die Interessengemeinschaft NO PFAS Manching hat bei dem Informationsabend auch eine aktuelle Studie des Bayerischen Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) in Zweifel gezogen. Laut dieser Untersuchung von rund tausend Blutproben gibt es keine "relevante gesundheitliche Beeinträchtigung“ durch PFAS. Die Interessensgemeinschaft "NO PFAS Manching" kritisiert die Studie als „nicht aussagekräftig“, weil unter den tausend Blutproben, die für dieses Monitoring genommen wurden, nur eine einzige von einem Bewohner der besonders belasteten Manchinger Ortsteile stammt. Die Bürgerinitiative wünscht deshalb kostenfreie Blutuntersuchungen für alle Bewohner eben dieser besonders betroffenen Manchinger Ortsteile.
Landesamt für Gesundheit bietet individuelle Beratung
Die Medizinerin Caroline Herr vom Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) lehnt ein derartiges allgemeines Monitoring jedoch als nicht zielführend ab. Sinnvoll wäre es im Einzelfall Menschen, die bei sich erhöhte PFAS-Werte vermuten, individuell zu beraten und nach ihren Lebensumständen zu befragen, um die Ursachen für die erhöhten PFAS-Werte aufzudecken. Hier helfe das LGL gerne weiter:
"Es gibt das Angebot. Alle bayerischen Bürger können sich über die Hotline bei uns melden und insbesondere auch die, die eine Befürchtung haben, dass sie einen erhöhten Eintrag Körper haben und das gerne mit uns besprechen wollen." Caroline Herr vom Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit
Bei Fragen zu Gesundheit, Trinkwasser und Lebensmitteln ist das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit auf mehreren Wegen zu erreichen. Ansprechpartner des LGL lassen sich unter der Rufnummer 09131 6808 – 2497 anrufen. Möglich ist es auch, sich per E-Mail an pfc@lgl.bayern.de zu wenden.
Für die PFAS-Studie wurden rund tausend Blutproben auf PFAS-Werte untersucht. Laut der Erhebung gibt es keine relevante gesundheitliche Beeinträchtigung und zwar weder bei den Gemeinden mit noch bei denen ohne PFAS-Eintrag. Untersucht wurden die drei Kommunen Manching, Ansbach und Königsbrunn, auf deren Gebiet PFAS-haltiger Löschschaum verwendet wurde, sowie drei Gemeinden, die keinen vergleichbaren Eintrag hatten, nämlich Schwabach, Wolnzach und Neusäß.
Bundeswehr hat über 40 PFAS-Fälle in ganz Deutschland
Der Umgang mit PFC am Militärflughafen Manching ist von bundesweiter Relevanz. Bis 2011 waren PFAS in Löschmitteln zu finden. Auch die Bundeswehr hat sie auf ihren Flugplätzen eingesetzt und zwar nicht nur in Manching oder in Penzing bei Landsberg. Nach Angabe des Bundesamtes für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr wurden "mit Stand 31. März 2022 bisher auf insgesamt 42 Liegenschaften PFC-Kontaminationen nachgewiesen."
Bei der PFC-Sanierung der Bundeswehrliegenschaften soll Manching Vorreiter sein. Keine der betroffenen Bundeswehrliegenschaften sei bei der PFC-Sanierung weiter als Manching, erklärt das Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr.
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