Das Thema "Schule" bewegt das BR-Publikum. Wie sehr, zeigte sich nach einem Bayern 2-Radiogespräch mit Harald Lesch, prominenter Bildungsvermittler, und Klaus Zierer, Professor für Schulpädagogik an der Universität Augsburg, zu deren Buch "Gute Bildung sieht anders aus". Die Reaktionen waren so zahlreich, dass es jetzt eine Fortsetzung gab. Zierer und Lesch antworteten auf Hörerfragen, die sich um Lehrerausbildung, vor allem den richtigen Mix aus Fachwissen und Menschlichkeit und die Rolle der Eltern drehte.
Idealvorstellung: Kinder und Jugendliche freuen sich auf die Schule
Für eine Hörerin aus Ebersberg, Mutter von drei Kindern, gehören zu einer besseren Schule Menschlichkeit im Umgang mit den Kindern und die Einstellung, dass Lernen "etwas Wunderbares" ist. Sie würde sich wünschen, dass sich ihre Kinder am Ende der Ferien wieder auf die Schule freuen und auf "ganz viele nette Leute, die total viel Spaß daran haben, uns etwas beizubringen". Zierer gestand zu, dass die Lehrerausbildung eine "absolute Schlagseite" habe: Gerade an der Universität würden 90 Prozent der Inhalte Richtung Fachwissen gehen. "Gleichzeitig wissen wir, dass die Fachkompetenz allein nicht einen guten Lehrer, eine gute Lehrerin ausmacht."
Harald Lesch sieht Lehrersein als einen sozialen Beruf an und fordert, dass das Verhalten im Sozialraum Schule eine größere Rolle in der Lehrerfortbildung spielen müsse. "Im Grunde hat die Dame, die Mutter von drei Kindern, eigentlich das Patentrezept schon genannt", fuhr Lesch fort. "Worum es geht, ist, dass man als Mensch agiert und dass man eben nicht als Funktionsträgerin oder als Funktionsträger da ist, der nichts anderes zu tun hat, als irgendwie so Sachinhalte zu transportieren."
Auch die Lehrkraft als Mensch betrachten und nicht "verheizen"
Auch die menschliche Seite der Lehrkraft müsse in der Lehrerbildung ins Zentrum rücken, fordert Zierer. Es gebe einen großen Lehrermangel, bereits Studenten würden zum "Löcherstopfen" an Schulen eingesetzt und "verheizt", so der Schulpädagoge. "Das sind leider oft die Engagiertesten", sagt Zierer, die dann sagen, "das habe ich mir ganz anders vorgestellt" und das Handtuch werfen. "Wir verlieren damit unsere besten Leute", so Zierer.
Noch ein weiterer Hörerbeitrag drehte sich um den doppelten Anspruch an Lehrkräfte, fachliches Wissen zu haben und gleichzeitig Pädagoge bzw. Pädagogin zu sein. Der Vorschlag von einer Hörerin, die in der Jugendhilfe arbeitet und eine "Schulkarriere auch als Mama" hinter sich hat, lautet: zwei Lehrkräfte in einer Klasse – eine, die das Wissen im Blick hat, die andere, die für Sozialkompetenz zuständig ist. "Teamteaching", sagte Zierer, gebe es schon länger. Aber: "Die Effekte im Hinblick auf die Lehrleistung sind relativ gering." Er warnte davor, nach einfachen Lösungen in komplexen System zu suchen, und warb erneut für die Verzahnung von Theorie und Praxis.
Lesch: Vertrauen in ihre Kinder das Allerwichtigste für Eltern
Auf die Frage nach der Rolle der Eltern plädierte Lesch dafür, Vertrauen in seine Kinder zu haben. Das sei das Allerwichtigste. Vieles könne sich heute aus Zeitnot oder anderen Gründen in Familien nicht mehr so vollziehen wie früher. Darauf müsse die Schule reagieren, wobei sie aber auch nicht der "Reparaturkasten" sein könne.
Das Rezept – neben dem Vertrauen ins Kind – lautete in der Diskussion: auf Netzwerke setzen oder "Erziehungskoalitionen", wie Zierer es nannte. Die Schule könne dabei im Wohnviertel ein Ort sein, wo Lehrkräfte, Schüler oder auch Vereine zusammenkommen. "Erziehungskoalitionen" könnten neue gestaltet werden und dann auch Eltern unterstützen.
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