Möbel, Geld und ein Verfahren am Landgericht Traunstein, nämlich die Feststellungsklage eines Missbrauchsbetroffenen - das umfasst das Erbe des verstorbenen emeritierten Papst Benedikt XVI. Es geht um mögliche Schadensersatzzahlungen, die ein Rechtsnachfolger dann leisten müsste.
Juristische Erbschaftsfrage weiter ungeklärt
Wer das Erbe des inzwischen verstorbenen Benedikt XVI. antritt und sich damit auch dem Verfahren gegen Joseph Ratzinger vor dem Landgericht Traunstein stellt, sei nach wie vor ungeklärt. Das teilen die Münchner Anwälte des verstorbenen Ex-Papstes mit. In einem Schreiben an das Traunsteiner Landgericht, das dem BR, Correctiv und der "Zeit" vorliegt, heißt es: "Wann mit einer Klärung der Rechtsnachfolge zu rechnen ist, vermögen wir nicht zu sagen."
Nach Angaben von Benedikts Nachlassverwalter, Erzbischof Georg Gänswein, habe der emeritierte Papst in seinem Testament fünf Erben bestellt. Dabei handele es sich um Cousins und Cousinen Joseph Ratzingers. Eine 88-jährige Cousine hatte die Erbschaft bereits Anfang Juni ausgeschlagen und bleibt dabei, wie ihre Tochter Martina Holzinger dem BR bestätigte: "Wir haben seit dem Verzicht auf unser Erbe vom Vatikan nichts mehr gehört. Aber wir stehen nach wie vor zu unserer Entscheidung. Es war die richtige Entscheidung."
Es geht auch um Schmerzensgeldforderungen
In der Traunsteiner Zivilrechtsklage fordert der heute 40-jährige Missbrauchsbetroffene Andreas Perr aus Bayern 300.000 Euro Schmerzensgeld vom Erzbistum München und Freising sowie 50.000 Euro von dessen früherem Erzbischof Ratzinger beziehungsweise dessen Rechtsnachfolgern. Da diese das Erbe bisher nicht angetreten haben, wurde die Klage gegen Benedikt vom laufenden Prozess abgetrennt und vorläufig ausgesetzt.
Wer den Papst beerbt, sei früher in der Öffentlichkeit kaum ein Thema gewesen, sagte der Vatikan-Experte Ulrich Nersinger bereits kurz nach Benedikts Tod in einem Interview mit dem BR: Pius XII. habe beispielsweise alles dem Heiligen Stuhl vermacht. Johannes Paul II. habe gesagt, er habe nichts zu vererben. "Und das ist ja auch in der Regel so, dass der Papst im Papstamt eigentlich kein richtiges Vermögen hat."
Das aber ist bei Papst Benedikt anders. Er hat vor, während und nach seinem Pontifikat zahlreiche Bücher geschrieben, unter anderem den Welt-Bestseller über Jesus - Bücher, die in den vergangenen Jahren Tantiemen in Millionenhöhe abgeworfen haben. Der Regensburger Pustet-Verlag gibt an, die Einnahmen wie früher an den Heiligen Stuhl auszuzahlen.
Vermögen könnte an die benannten Erben gehen
Gut verdient hatte Joseph Ratzinger auch als Theologieprofessor. Als Erzbischof von München und Freising wurde er vom Freistaat Bayern bezahlt. Laut bayerischem Kultusministerium waren das deutlich mehr als 100.000 DM jährlich. Das angesparte Vermögen könnte an die von ihm benannten Erben gehen, sofern sie die Hinterlassenschaft antreten möchten.
Soutanen und Bücher sind bereits vererbt
Seiner langjährigen Titelkirche Santa Maria Consolatrice in Rom vermachte Benedikt eine seiner Soutanen, die er bis zum Schluss getragen haben soll. Und auch seiner bayerischen Heimat hat er etwas vererbt: Die Privatbibliothek von Benedikt XVI. sei mittlerweile in Regensburg eingetroffen, teilte das Bistum Regensburg dem BR auf Anfrage mit. Sie werde nun nach bibliothekarischen und archivrechtlichen Standards erfasst und dann für Wissenschaftler zugänglich gemacht.
Dieser Artikel ist erstmals am 09. Januar 2024 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.
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