Im Kemptener Bauhof setzt man jetzt auf einen Klassiker: den altbewährten Reisigbesen. Wenn Mitarbeiter Gerhard Fehres den Reisigbesen schwingt, dann macht er das rhythmisch, elegant, mit fließenden Bewegungen, ein bisschen erinnert es ans Tanzen. Der Reisigbesen, oder auch Schlenzbesen, ist für den 60-jährigen Bauhof-Mitarbeiter wichtig: "Ich habe den ziemlich viel im Einsatz, weil er wirklich die Arbeit erleichtert. Mit dem normalen Kastenbesen hat man immer nur eine Bewegung. Und mit dem Schlenzbesen geht’s einfacher."
Die Borsten kratzen bei ihm nicht aufrecht übers Pflaster, sondern das Reisigbündel gleitet in einem flachen Winkel mit wenig Widerstand darüber hinweg. Laub, Müll und anderer loser Dreck lässt sich so mit wenig Kraft zusammenkehren. Für Fehres ist das Kehren auch gleich ein Wirbelsäulen-Training: "Man muss es halt irgendwie abwechselnd machen, einmal links, einmal rechts rum, dann geht das wunderbar."
Einst haben Stadt-Mitarbeiter Reisigbesen selbst gebunden
Alle paar Monate muss Fehres sich von seinem treuen Begleiter trennen. Dann ist das Reisig so abgenutzt und kurz geworden, dass er einen neuen Besenaufsatz braucht. Der Bauhof kauft also regelmäßig Aufsätze. Früher war das nicht immer so, sagt Andreas Hofer, der Leiter der Straßenreinigung: "Es gab früher auch Bauhöfe, wo die Mitarbeiter sie tatsächlich noch gebunden haben, in Zeiten, wo vielleicht weniger Arbeit war. Aber für uns kommt das nicht in Frage, weil der Aufwand einfach zu groß wäre." Heute kommen die fertigen Besen aus China - dort werden sie noch in Handarbeit gebunden, aus Bambusreisig statt aus Birkenreisig.
Moderne Nachfolger für den Reisigbesen
Kurt-Jochen Walter aus Mindelheim ist Bürsten- und Pinselmachermeister in der dritten Generation. Er selbst stellt viele Bürsten- und Besensorten maschinell her und kennt sich aus – auch der Reisigbesen mit seiner charakteristischen Büschelform hat schon einen modernen Nachfolger aus der Maschine, sagt er: "Wenn Sie zum Beispiel nach Paris gehen, nach Mailand oder Bologna: Dort wird schon sehr viel Kunstborste statt diesem Reisig eingesetzt - und dann sind das natürlich keine Naturfarben mehr. Da laufen die Stadtreiniger wirklich mit grünen oder pinken Borsten umher und reinigen die Gehwege."
Lieber alt und bewährt als modern
Ein Besen aus der Spritzgussmaschine, das will sich Gerhard Fehres gar nicht vorstellen. Er schwört auf den guten alten Reisigbesen: "Der ist wirklich super, ich möchte den nicht mehr hergeben." Eine dicke Freundschaft zum Reisigbesen ist entstanden, in den 38 Jahren, in denen Gerhard Fehres schon als Straßenreiniger arbeitet. Und weiter geht der Tanz, mal links-, mal rechtsherum durchs bunte Herbstlaub.
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