Bayern folgt dem Vorbild einiger anderer Bundesländer: Wer im Freistaat mit Hasskommentaren im Internet konfrontiert wird, kann diese Kommentare künftig online an eine Meldestelle schicken. Dort prüfen Expertinnen und Experten, ob ein strafrechtlich relevanter Inhalt vorliegt - und bringen den Vorfall gegebenenfalls zur Anzeige. Über das Bundeskriminalamt gehen die Online-Meldungen an die jeweiligen Landeskriminalämter, die Polizei kann dann ermitteln.
Zudem stellt die Meldestelle im Nachhinein beim zuständigen Provider wie Facebook oder Google einen Löschantrag, damit hetzerische oder diskriminierende Beiträge entfernt werden. Und: In jedem Fall können die Betroffenen eine Beratung erhalten.
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Eisenreich: "Noch effizienter gegen Hasskriminalität vorgehen"
Genutzt wird dafür im Freistaat die baden-württembergische Meldestelle "Respect", die es bereits seit 2017 gibt. Der bayerische Justizminister Georg Eisenreich (CSU) sagte bei der Vorstellung der Kooperation: Alle Bürgerinnen und Bürger in Bayern hätten jetzt die Möglichkeit, Hate Speech online zu melden. "Wir wollen damit noch effizienter gegen Hasskriminalität vorgehen", erklärte Eisenreich.
Bayerns Sozialministerin Ulrike Scharf (CSU) betonte: "Jede und jeder kann Opfer werden, Frauen sind von sexualisierter Gewalt im Netz besonders betroffen." Hate Speech im Netz sei kein Kavaliersdelikt, sondern "digitale Gewalt". Scharfs Forderung: "Null Toleranz für Hass und Hetze!"
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Bayern: Im Jahr 2021 über 2.300 Hate-Speech-Verfahren
In Bayern gibt es bereits drei Online-Meldeverfahren für Hasskommentare und mögliche Straftaten im Netz: für Medienunternehmen und Journalisten, für Amts- und Mandatsträger sowie für Betroffene von antisemitischen Hassnachrichten. "2.317 Verfahren haben die 22 Hate-Speech-Sonderdezernate der bayerischen Justiz vergangenes Jahr geführt", sagte Justizminister Eisenreich. Demnach waren das 41 Prozent mehr als im Vorjahr. "Hass und Hetze haben ein erschreckendes Ausmaß angenommen."
Der bayerische Innenstaatsekretär Sandro Kirchner (CSU) forderte die Menschen auf, das ausgeweitete Angebot zu nutzen: "Mein Appell an alle Betroffenen: Melden Sie Hasskommentare schnellstmöglich!" Polizei und Justiz könnten dann zusammen mit der Justiz "schnell und effizient die Ermittlungen aufnehmen."
Schulze lobt Meldestelle - und fordert "virtuelle Polizeiwache"
Bayerns Grünen-Fraktionschefin Katharine Schulze lobte die neue Online-Meldemöglichkeit für alle Menschen im Freistaat. "Mit Hate Speech wird ja auch unsere Demokratie angegriffen", sagte Schulze in der "radioWelt" bei Bayern 2. "Die Leute, die das verbreiten, wollen dich doch klein und mundtot machen - damit du dich nicht mehr für die Dinge einsetzt, für die du brennst." Deshalb müsse Hate Speech konsequent verfolgt werden, auch von Polizei und Justiz.
Schulze forderte darüber hinaus eine "virtuelle Polizeiwache", bei der Betroffene strafrechtlich relevante Delikte direkt online mit einem Klick anzeigen können. "Wenn mir jemand nachts um 23.40 Uhr eine Vergewaltigungsandrohung ins Postfach schickt, kann ich erst am nächsten Tag zu meiner Polizeidienststelle gehen und es dort anzeigen", erläuterte die Grünen-Politikerin. "Waffengleichheit wäre, wenn ich gleich um 23.45 Uhr die Androhung per Screenshot an die Polizei schicken könnte."
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