Der Internationale Tag der Hebammen soll eine Gelegenheit sein, den Beruf vorzustellen, aber auch auf die Rahmenbedingungen aufmerksam zu machen. Diese sind laut Hebammenverband der Grund dafür, warum sich viele aus der Geburtshilfe zurückziehen. In der Ingolstädter Fußgängerzone ist der Verband mit einem Stand vertreten. Motto der Mitstreiterinnen: "Jede Hebamme zählt" – denn vielerorts ist der Mangel massiv.
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Hebammen fehlen überall
Seit über 20 Jahren ist Maria Jacobi als Hebamme tätig: "Und das immer noch mit Freude", meint sie. Doch es gibt ein "aber". "Wenn ich zwischen drei oder vier Frauen hin und herrennen muss und nur schauen kann, dass nichts Schlimmes passiert, dann ist das frustrierend. Das ist für die Frauen blöd, aber auch für die Hebamme. Wir wollen die Frauen während der Geburt gut betreuen", erzählt sie.
Bei Geburten lassen sich Dinge nicht so einfach effizienter gestalten, meint sie. Vertrauen spiele eine große Rolle und dafür benötige man Zeit. Zeit, die häufig auch für Bürokratie aufgewendet werden müsse. In Kreißsälen fehlen die Hebammen, aber auch bei der Nachsorge im Wochenbett gibt es häufig zu wenig.
Für die Verbleibenden verschärft sich dadurch die Lage. Die Personaldecke ist dünn, Vertretungen schwer zu finden, der Druck und die Belastung steigen - ein Teufelskreis. Vor allem in größeren Städten sei es schwierig, berichtet Mechthild Hofner, Vorsitzende des Bayerischen Hebammenverbands. "Gerade in den Metropolregionen, wie München oder Nürnberg, fehlen Hebammen im Krankenhaus. Auf dem Land öfters bei der Nachsorge."
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Forderungen: Bessere Arbeitsbedingungen
Dabei wären viele Hebammen bereit wieder den Dienst im Krankenhaus aufzunehmen, wenn sich etwas ändert. Das ergab eine Umfrage des Verbands. Sie wünschen sich eine Eins-zu-Eins-Betreuung der Frauen während der Geburt – nur Hebammen-Tätigkeiten und hebammengeleitete Geburtshilfe. Dann wären rund 70 Prozent der Befragten bereit; in den Kreißsaal zurückzukehren.
Ein weiteres Thema ist die Bezahlung. "Wir brauchen oft viel Zeit und das wird nicht durch die Vergütungssysteme abgebildet", kritisiert Hebamme Maria Jacobi. Aber es gebe erste kleine Verbesserungen, meint die Vorsitzende des Bayerischen Hebammenverbands. Die Politik habe das Problem erkannt.
Studienplätze und Koordinierungsstellen
In den letzten Jahren habe es schon erste Schritte zur Besserung gegeben, wie beispielsweise Koordinationsstellen, die eingerichtet wurden. Sie sollen Hebammen mit dem Bedarf der Frauen koordinieren. Dadurch können Vertretungen besser organisiert werden. "Trotzdem bleibt es so, dass Hebammen in ihrer Freizeit gerufen werden. Wenn das ab und zu vorkommt, ist das in Ordnung. Aber das passiert einfach immer noch zu oft. "Solche Dinge machen es vor allem Hebammen schwer, die selbst Kinder haben.
Einiges verändert sich auch bei der Ausbildung. Seit 2020 bieten Hochschulen das Fach Hebammenkunde an. Neun Studienstandorte werden dafür geschaffen, für die Ausbildung von jährlich 200 bis 240 Hebammen. Etwa doppelt so viele wie bisher über die Hebammenschulen. "Es ist gut, dass die Politik da Geld in die Hand nimmt, aber es müssen sich dann auch die Rahmenbedingungen ändern, damit die ausgebildeten Hebammen im Beruf bleiben", meint Hofner.
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