Das Amtsgericht Traunstein hat am Montag einen 53-jährigen Kripobeamten wegen Strafvereitelung im Amt und der Verwendung von Nazi-Symbolen zu elf Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und acht Monaten gefordert.
Das Gericht sah es nach Angaben einer Sprecherin als erwiesen an, dass der Mann im Jahr 2018 kein Ermittlungsverfahren gegen einen anderen Beamten eingeleitet hatte, obwohl dieser der Urheber eines rassistischen WhatsApp-Chats war. Vielmehr hatte er den Beamten in seinem Bericht nicht als Absender, sondern als – straffreien – Empfänger dargestellt.
Staatsanwältin: falsch verstandener "Korpsgeist"
"Es sollte gezielt etwas vertuscht werden", hatte die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer gesagt. Das Motiv sei im falsch verstandenen "Korpsgeist" der Polizei zu sehen, ähnlich wie bei der Bundeswehr. Kein Polizist möchte als Verräter eines Kollegen dastehen, so die Staatsanwältin. Der Kollege, gegen den inzwischen ein Strafbefehl erlassen wurde, hatte eine Hetzbotschaft gepostet, in der in Deutschland lebende Muslime pauschal herabgewürdigt und beschimpft wurden. Ein weiterer Beamter, der die Nachricht teilte, bekam eine Geldauflage.
Collage mit Hitlerfotos aus Sicht des Gerichts im Hause bekannt
Der 53-Jährige, der in der Abteilung Staatsschutz arbeitete, hatte laut Staatsanwaltschaft außerdem 2015 in seinem Amtszimmer eine Collage aufgehängt, auf der Hakenkreuze, eine SS-Rune und Hitlerbilder abgebildet waren. Deshalb verurteilte ihn das Gericht auch wegen der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. In dem Büro hatten laut Anklagevorwurf auch Vernehmungen stattgefunden, sodass die Bilder für viele Besucher zu sehen waren.
Allerdings ging das Gericht davon aus, dass die Collage im Hause bekannt und geduldet war. Damit wiederum habe der Angeklagte glauben können, dass das Aufhängen der Collage nicht strafbar sei.
Verteidiger: Racheakt einer neidischen Kollegin
Der Verteidiger des Beamten hatte auf Freispruch in allen Anklagepunkten plädiert. Er hatte in seinem eineinhalbstündigen Plädoyer die Glaubwürdigkeit der Kollegin des Angeklagten, die die Ermittlungen ins Rollen gebracht hatte, in Zweifel gezogen.
Nach Ansicht des Verteidigers wollte sich die Frau rächen, weil sie den Kollegen missachtete, von Vorgesetzten keine Wertschätzung erfuhr und beruflich schlecht beurteilt und ihr der Kollege immer vorgezogen wurde. Fazit des Juristen: Die Zeugin hat sich die Anschuldigungen zusammengereimt. Sein Mandant hätte einfach nur schlecht ermittelt, weil er das Auswertungsprogramm für Chat-Nachrichten nicht beherrschte, so der Verteidiger.
Angeklagter distanziert sich von rechtem Gedankengut
In seinem letzten Wort hatte sich der Kripobeamte für den Ermittlungsfehler entschuldigt. Ansonsten wies er aber alle Schuld von sich. Seine Arbeit sei von großem Engagement, aber auch von Arbeitsüberlastung geprägt gewesen, er distanziere sich von rechtem Gedankengut. Der 53-Jährige, der seit 30 Jahren Polizist ist, ist seit eineinhalb Jahren von seiner Dienststelle suspendiert.
"Darüber spricht Bayern": Der neue BR24-Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!