Biogas-Anlage in Paulushofen, Landkreis Eichstätt.
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Biogas-Anlage in Paulushofen, Landkreis Eichstätt. Inzwischen stillgelegt.

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Illegale Schlachtabfallentsorgung in bayerischen Biogasanlagen?

Illegale Schlachtabfallentsorgung in bayerischen Biogasanlagen?

In einzelnen bayerischen Biogasanlagen wurden nach BR-Recherchen mutmaßlich illegal Schlachtabfälle entsorgt. Teilweise wurden unhygienisierte Gärreste auf Feldern ausgebracht. Experten warnen vor gefährlichen Keimen. Staatsanwaltschaften ermitteln.

Über dieses Thema berichtet: report München am .

"Ich habe nirgends Gehör gefunden und da habe ich gedacht, ich muss jetzt an die Öffentlichkeit", sagt Maria H. (Name von der Redaktion geändert). Sie kennt das Geschäft mit Biogasanlagen, die Abfälle vergären. Bis vor Kurzem war sie Geschäftsführerin einer Abfall-Biogasanlage, und wandte sich vor ein paar Monaten in einer E-Mail an BR Recherche. Unter anderem äußert sie darin den Verdacht, dass in bayerischen Biogasanlagen unerlaubterweise Schlachtabfälle eingebracht würden – von "illegaler Abfallentsorgung" ist die Rede.

BR-Recherchen zeigen: Schlachtabfälle illegal in Biogasanlagen entsorgt

Recherchen des Bayerischen Rundfunks zeigen, dass mehrere bayerische Staatsanwaltschaften gegen Biogasanlagenbetreiber ermitteln oder ermittelt haben. Und laut Ermittlungsbehörden geht es dabei unter anderem um diesen Vorwurf: Schlachtabfälle wurden mutmaßlich illegal in Anlagen eingefüttert, die dafür keine Genehmigung hatten, teils technisch dafür gar nicht ausgestattet waren.

In der Folge wurde gewonnener Dünger, teils nicht ausreichend hygienisiert, auf Feldern ausgebracht. Laut Experten kann derartiger Dünger Keime enthalten, die Mensch und Umwelt schaden.

Keime, die krank machen

Die Idee, Abfälle wie Speisereste, Kantinenfette oder eben Schlachtabfälle in dafür geeigneten Biogas-Anlagen zu entsorgen, gilt unter Experten als grundsätzlich gut. Denn während der Vergärung der Abfälle entsteht Methan-Gas, bei dessen Verbrennung Strom und Wärme gewonnen werden können - ein wichtiger Baustein für die Energiewende.

Allerdings dürfen Schlachtabfälle nur dann in Biogasanlagen vergoren werden, wenn der Betreiber über die Genehmigungen und die Anlage über die entsprechende Technik zur Hygienisierung der Abfälle verfügt. Eine Sicherheitsvorkehrung, wie Prof. Michael Schloter vom Helmholtz Zentrum in München erklärt: "In Schlachtabfällen sind oftmals signifikante Mengen von antibiotikaresistenten Mikroorganismen vorhanden, die die Resistenzen übertragen können." Das könne insbesondere für Menschen mit geschwächtem Immunsystem problematisch sein, sagt Michael Schloter.

Auch das Umweltbundesamt betont die Wichtigkeit der Hygienisierung von Schlachtabfällen im Interview mit report München: "Wenn Gärreste nicht ausreichend erhitzt werden, können sie krankmachende Keime wie Bakterien oder Pilze enthalten", erklärt Roland Fendler, Experte für die Sicherheit von Biogasanlagen. "Und wenn Menschen diese aufnehmen, dann können sie erkranken." Beispielsweise kann es zu Magen- und Darmbeschwerden kommen. Auch Pflanzen nehmen Schaden, wenn sie durch die Düngung mit Bakterien oder Viren in Kontakt kommen, sagt der Experte.

Unregelmäßigkeiten bei Abfall-Biogasanlage in Schwaben

Um den Verdacht der Bodenverunreinigung geht es auch bei der Anlage, die Maria H. Sorgen bereitet, eine Anlage im Landkreis Donau-Ries. Schließlich hat die ehemalige Geschäftsführerin die Anlage von externen Experten prüfen lassen.

Dem BR liegt die Stellungnahme eines Experten vor, der Bedenken im Bezug auf die Abfallanlage formuliert: Unter anderem vermutet er, dass mehr Substrat in der Anlage eingesetzt werde als genehmigt. Auf Anfrage des BR teilt der Anwalt des Betreibers mit, dieser Vorwurf sei von Dritten erhoben, bis heute würden "objektive Feststellungen" fehlen.

Die zuständige Überwachungsbehörde hingegen, das Landratsamt in Donauwörth, bestätigt, dass im Jahr 2019 über 1.000 Tonnen mehr Input eingesetzt wurden als genehmigt. Weitere Angaben seien aufgrund laufender Verfahren und staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen nicht möglich. Die Staatsanwaltschaft Augsburg hat wegen des "Verdachts auf Bodenverunreinigung" gegen die Anlage ermittelt. Das Verfahren sei "vorläufig eingestellt", schreibt die Ermittlungsbehörde, weil bei einer anderen Staatsanwaltschaft ein weiteres Verfahren wegen "unerlaubtem Umgang mit Abfällen" anhängig sei.

Verfahren bei mehreren bayerischen Staatsanwaltschaften

Nach Informationen des BR ermittelt auch die Staatsanwaltschaft Ingolstadt gegen einen ehemaligen Betreiber einer Biogasanlage in Paulushofen. Inzwischen ist die Anlage stillgelegt. In den vergangenen Jahren seien immer wieder Beschwerden eingegangen, schreibt das für die Überwachung der Anlage zuständige Landratsamt Eichstätt auf Anfrage des BR.

Unter anderem sei der Verdacht geäußert worden, dass ungenehmigte Schlachtabfälle in die Biogasanlage eingeschleust beziehungsweise auf Feldern ausgebracht wurden. Die Staatsanwaltschaft erteilt wegen des laufenden Verfahrens keine Auskünfte. Auch der ehemalige Betreiber möchte sich nicht äußern, lässt er über seinen Anwalt mitteilen.

Weiterer Fall in Niederbayern

Im niederbayerischen Kelheim wurden mutmaßlich illegal Schlachtabfälle in eine dafür nicht geeignete Anlage eingebracht. Der Staatsanwaltschaft Regensburg zufolge hätten Probenentnahmen den Verdacht erhärtet. In diesem Fall waren in die genehmigte Schweinegülle Schlachtabfälle beigemischt worden. Das Verfahren habe allerdings eingestellt werden müssen – weil ein Vorsatz des Betreibers nicht beweisbar gewesen sei.

Schlachtabfälle – Ein lukratives Geschäft

Nach BR-Informationen wurden in Biogasanlagen auch Schlachtabfälle der Firma Tönnies entsorgt. Auf Anfrage teilt Tönnies mit, man habe die Zusammenarbeit mit einem Unternehmen umgehend beendet und die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen umfangreich unterstützt. "Im Abfallbereich haben die Akteure Dollarzeichen in den Augen", sagt Werner Hertle, Landwirt und Gülle-Fahrer aus dem Landkreis Donau-Ries. Er kenne die Szene. Schlachtabfälle zu entsorgen sei lukrativ. Denn er als Gülle-Fahrer bekomme Geld vom Schlachtunternehmer – genauso wie der Anlagenbetreiber.

Roland Fendler vom Umweltbundesamt bestätigt im BR-Interview den Anreiz, Abfallprodukte anzunehmen, weil Betreiber für die "Annahme dieser Substrate schon an der Pforte Geld bekommen". Durch Betreiber, die illegal Material annehmen, würde die Idee von Abfall-Biogasanlagen, die ja gut sei, völlig diskreditiert, so der Experte.

Biogas-Fachverband distanziert sich von illegaler Praxis

Beim Biogas-Fachverband kennt man die Problematik: "Wir haben in Schulungen und Rundschreiben regelmäßig auf die Konsequenzen des Einsatzes von Abfällen hingewiesen und Missbrauch aufs Schärfste kritisiert." Illegale Praktiken schadeten dem Ansehen von Biogas, so der Verband.

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