Wenn vermisste Personen gesucht werden, kommen auch private Rettungshundestaffeln zum Einsatz. Offiziell aber zählen sie weder zum Katastrophenschutz noch zum Rettungsdienst. So sind die Rettungshundestaffeln beim digitalen Behördenfunk außen vor. Das erschwere im Einsatz die Kommunikation und könne im schlimmsten Fall Leben gefährden, schimpfen die Verantwortlichen der Rettungshundestaffel Zwiesel im Bayerischen Wald. Das bayerische Innenministerium bleibt dagegen bei seinem "Nein" zum Digitalfunk für die Helfer mit den Hunden.
Als Hilfsorganisation nicht offiziell anerkannt
Ein Parkplatz in Flanitz zwischen Zwiesel und Frauenau im Bayerischen Wald. Das freundliche Gebell und aufgeregte Winseln ist nicht zu überhören. Die Hunde kennen sich, spielen miteinander, freuen sich auf ihre Aufgabe. Sie sollen gleich in einem unübersichtlichen Waldstück einen vermissten Mann finden. Eine Aufgabe, die den Tieren Spaß macht, für die sie trainiert sind. Denn sie sind Suchhunde.
Zusammen mit ihren Besitzerinnen und Besitzern stellen sie die Rettungshundestaffel Zwiesel. Ein ehrenamtlicher Verein mit fast 100 Mitgliedern, bei dem derzeit neun Rettungshundeführer, 20 Suchtrupphelfer und zwölf Hundeführer in Ausbildung engagiert sind. Als Hilfsorganisation aber ist der Verein in Bayern nicht offiziell anerkannt, ärgert sich Andreas Lobenz:
"Wir werden bei Einsätzen voll eingebunden und auch über die Leitstelle alarmiert. Und auch die Zusammenarbeit mit allen anderen Hilfsorganisationen ist hervorragend. Denn wir haben alle das gleiche Ziel." Andreas Lobenz, Rettungshundestaffel Zwiesel
Funk-Tabu bringt im Einsatz Probleme
Allerdings bleiben private Rettungshundestaffeln vom digitalen Behördenfunk ausgeschlossen. Das wirft in der Praxis Probleme auf. Eine direkte und rasche Kommunikation mit der Einsatzleitung vor Ort sei nicht möglich, erklären die Hundeführer. Weder könne die Einsatzleitung Bescheid geben, wenn beispielsweise eine vermisste Person bereits gefunden wurde, noch könne man andererseits schnell Bescheid geben, wenn der eigene Hund einen Sucherfolg anzeige.
Derzeit könnten die Ehrenamtlichen der Rettungshundestaffel per Analogfunk nur intern miteinander sprechen: "Die Geräte haben wir vor längerer Zeit vom Landkreis Regen zur Verfügung gestellt bekommen, damit wir bei Bedarf mit der Einsatzleitung Kontakt aufnehmen können. Inzwischen ist die Technik vorangeschritten und die Reichweiten sind praktisch unbegrenzt. Nur haben wir leider keinen Zugang", schüttelt Andreas Lobenz verständnislos den Kopf.
Handy ist keine Alternative
Das Handy sei eine schlechte Alternative, erklärt der stellvertretende Vorsitzende der Rettungshundestaffel Zwiesel. Oft sei in Suchgebieten, vor allem im Bayerischen Wald, das Mobilfunknetz miserabel. Außerdem sei im Einsatz bei Dunkelheit, schlechtem Wetter und Kälte die Bedienung eines Handys umständlich. "Es ist halt viel leichter, bei einem Funkgerät die Sprechtaste zu drücken und zu wissen, es funktioniert", mahnt Andreas Lobenz.
Darüber hinaus hätten die Rettungshundeführer in der Regel keine Handynummer des Einsatzleiters parat und müssten den Umweg über die Integrierte Leitstelle gehen.
Innenministerium verweist auf Bundesgesetz
Das Bayerische Innenministerium verweist in seiner Antwort auf BR-Anfrage, warum private Rettungshundestaffeln vom digitalen Behördenfunk ausgeschlossen sind, auf die Bundesgesetzgebung. Demnach zählen Rettungshundestaffeln nicht zu berechtigten Teilnehmern. Einen Sonderweg will Bayern offenbar nicht gehen.
Im Nachbarbundesland Baden-Württemberg allerdings gibt es durchaus die Digitalfunk-Ausnahme für Rettungshundestaffeln, weiß Andreas Lobenz aus Zwiesel: "Also wo das Problem in Bayern ist, kann ich mir nicht erklären. Die Staffeln dort und wir gehören ja dem gleichen Dachverband an." Technisch sei es auch kein Problem für die Rettungshundestaffeln im Digitalfunk eine eigene Gruppe einzurichten. So könnten die Helferinnen und Helfer weder Polizei- noch Feuerwehr- oder Rettungsfunk hören, beziehungsweise diesen stören, meint Lobenz, der auch aktiver Feuerwehrmann und mit dem Digitalfunk vertraut ist.
Fehlt politischer Wille?
Für Rettungshundestaffeln bestünde eine Möglichkeit zur Teilnahme am Digitalfunk, wenn sie nach Landesrecht zu einer Organisation im Brand- und Katastrophenschutz beziehungsweise einem Träger der Notfallrettung gezählt würden. Da allerdings ist laut dem Antwortschreiben auf BR-Anfrage das Bayerische Innenministerium der Ansicht, den privaten Rettungshundestaffeln fehle in der Regel eine "solide Sachausstattung der Einheiten, wie zum Beispiel ein Kontingent an Fahrzeugen und Ausrüstung und eine überregionale Struktur".
Zumindest für die Rettungshundestaffel in Zwiesel gelten diese Kriterien nicht. Die Einheit verfügt unter anderem über ein Einsatzleitfahrzeug mit vollwertiger Büroausstattung samt GPS-Sendern und -Empfängern, einen Einsatzanhänger ebenfalls mit Büro und GPS-Ausstattung sowie eine Drohne mit Wärmebildkamera.
Begleitperson mit Berechtigung für Behördenfunk?
Auch der Bundesverband Rettungshunde mit seinen gut 90 Staffeln unterstützt das Ansinnen aus dem Bayerischen Wald. Man wolle bundesweit Teil des Katastrophenschutzes sein und damit beim Digitalfunk mit anderen Hilfs- und Rettungsorganisationen gleichberechtigt sein, sagte ein Sprecher dem BR. Beim bayerischen Landesverband ist man dagegen zurückhaltender. Eine Sprecherin sagte, wichtig sei die gute Zusammenarbeit mit anderen Hilfsorganisationen. Gegebenenfalls sei dann eben eine Art "Amtshilfe" notwendig, dass zum Beispiel Ehrenamtliche der Feuerwehren Rettungshundeführer im Einsatz begleiten und den Funkverkehr übernehmen könnten.
Andreas Lobenz aus Zwiesel sieht das kritisch, er meint: "Personal, das im Ernstfall nicht entsprechend ausgebildet ist, kann die Hunde leicht ablenken. Das wollen wir in jedem Fall vermeiden."
Viel Lob für die Hunde
Bei der Übung der Rettungshundestaffel im Bayerischen Wald klappt alles wie geplant. Die Hunde machen sich auf Kommando auf die Suche nach der vermeintlich vermissten Person. Dabei folgen die Flächensuchhunde keiner bestimmten Fährte, sondern orientieren sich generell am menschlichen Geruch. Mit Hilfe von verstreutem Babypuder auf Höhe der Hundeschnauze erkennen die Hundeführer die Windrichtung. So können sie sich passend positionieren und irritieren ihre tierischen Kameraden nicht bei deren Arbeit.
Die Suche beginnt auf Kommando und ist bereits nach wenigen Minuten erfolgreich. Bei der gesuchten Person sitzt der Hund ab und bellt. Frauchen und Herrchen verständigen dann, wenn sie Empfang haben, entweder per Analogfunk oder Handy jemanden, der wiederum per Digitalfunk der Einsatzleitung Bescheid geben kann. Es könnte leichter gehen.
Video: Ein Tag bei den Rettungshunden
Ein Besuch bei den Rettungshunden der Freiwilligen Feuerwehr Hochbrück: Die Hunde sind darauf trainiert, Menschen zu suchen und zu finden. Häufig ist dies die Suche nach Kindern, die sich verlaufen haben, oder nach verwirrten Menschen, die ihr Zuhause nicht mehr finden. Auf dem Trainingsgelände macht Pia mit den Rettungshunden Ruffy, Carlos, Louie und Cleo verschiedene Einsatzübungen.
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