Eine gemütliche Spielerunde im Aufenthaltsraum im Seniorenheim Schlossblick in Syrgenstein. Es wird geredet, gelacht, die Stimmung ist gut. Am Tisch dürfen die Bewohnerinnen und Bewohner ihre Masken absetzen. Bevor sie ihre Zimmer verlassen, werden sie alle getestet. Inzwischen ist das Routine für die 56 Bewohnerinnen und Bewohner. Von Corona-Ausbrüchen ist das Heim bisher weitgehend verschont geblieben: Nur vier Infizierte gab es bisher, niemand ist gestorben. Darüber ist Heimleiter Nermin Hodzic sehr froh. Das sei vor allem auch der Umsicht seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu verdanken. Auch Bewohnerin Anne Roth fühlt sich sehr wohl hier. Natürlich sei sie geimpft, sagt die rüstige Seniorin. Schon drei Mal, und wenn eine vierte Impfung nötig werde, würde sie die auch machen: "Der Körper lernt ja jedes Mal dazu, und jedes Mal entwickelt man mehr Abwehrkräfte". Noch besser gehe es ihr hier seit sie wisse, dass auch alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geimpft seien: "Das finde ich wunderbar, da fühle ich mich gut und sicher", sagt die Seniorin.
Pflegende "haben eine Fürsorgepflicht"
Als die klare Ansage von BeneVit-Geschäftsführer Kaspar Pister kam, sei er schon erst mal sprachlos gewesen, sagt Heimleiter Nermin Hodzic. Erst mal habe er überlegt, wie er das seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mitteilen solle. Inzwischen finde er die Entscheidung aber sehr gut: "Wir arbeiten mit Menschen, wir haben eine Fürsorgepflicht – deshalb ist das wichtig", sagt Hodzic. Pflegefachkraft Jaqueline Hander-Callsen war zu diesem Zeitpunkt bereits geimpft. Klar sei es für die, die noch überlegt hätten, schon hart gewesen. Aber, fügt ihre Kollegin Vanessa Beck an, man habe dann viel über die Vor- und Nachteile geredet. Und heute? Heute sind die beiden froh, dass sie nicht mehr diskutieren müssen. Wenn sie das mitbekomme, in den Medien oder anderen Einrichtungen, dieses Hin und Her, die Diskussionen, dann gehe ihr das auf die Nerven, sagt Hander-Callsen. Sie sei froh, dass es bei ihnen jetzt ruhig sei.
Klare Ansage: Arbeiten darf nur noch, wer geimpft ist
Weil die Politik nicht so schnell reagiert habe, habe er das eben getan, sagt der Inhaber der BeneVit-Gruppe Kaspar Pfister. In seinen insgesamt 29 Einrichtungen arbeiten etwa 2.000 Mitarbeiter. Anfang November waren etwa 80 Prozent von ihnen geimpft. Ab 1. November durften dann nur noch sie arbeiten. Die anderen mussten zuhause bleiben, bei voller Lohnfortzahlung. "Und dann hat sich dieser Wert geändert", sagt Pfister: "Inzwischen sind 98 Prozent mindestens einmal geimpft, 93 Prozent bereits zwei Mal." Heißt: Etwa 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben sich nach dem 1. November doch noch für eine Impfung entschieden. Nur von 17 der insgesamt rund 2.000 Mitarbeiter habe er sich trennen müssen. Derzeit seien 34 noch freigestellt – erhielten dabei weiter ihren Lohn.
Pfister "Hin und Her verunsichert die Menschen"
Die Impflicht sei für ihn eine wichtige und richtige Maßnahme, sagt Pfister: "Wir leben in einer Jahrhundertkatastrophe. Ich habe insgesamt in meinen Einrichtungen 44 Bewohnerinnen und Bewohner verloren, die gestorben sind, an oder mit Corona. Und eine Mitarbeiterin ist gestorben. Einige wenige hätten ihn auch beschimpft, wegen seiner Entscheidung, sagt Pfister – das aber gehöre dazu. Von den meisten habe er Anerkennung und Zustimmung erfahren. Was ihn überrascht, aber letztendlich auch bestätigt habe, sei, so Pfister: Einige hätten ihm gesagt, sie hätten die klare Ansage gebraucht, um sich zu entscheiden. Quasi als Anstoß. Die vielen Diskussionen, das Hin und Her in der Politik, das habe manche misstrauisch gemacht – nach dem Motto: "Warum entscheiden die das denn nicht, ist da etwa doch irgendwas faul dran?".
Gespräche, Schulungen und Anreize für Impfung gegen Corona
Dabei hatte Pfister schon lange vorher auf zwei Dinge gesetzt: Aufklärung und Belohnung. Online-Schulungen zu den Themen Corona und Impfung sind seit Monaten Pflicht. Es gab Vorträge, er selbst habe Gespräche mit zweifelnden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern geführt, auch die Leiterinnen und Leiter der einzelnen Einrichtungen sind auf ihre Leute zugegangen. So hat der Syrgensteiner Heimleiter Nermin Hodzic zum Beispiel einer jungen Mitarbeiterin empfohlen, sich von ihrem Arzt beraten zu lassen. Sie hatte Angst, wegen der Impfung möglicherweise keine Kinder mehr bekommen zu können – die Angst wurde ihr genommen, sie hat sich inzwischen impfen lassen. Jetzt sind alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Syrgenstein, die das können, geimpft. Eine Mitarbeiterin habe ein Attest, so Hodzic.
60.000 Euro an Belegschaft ausbezahlt
Um das Ganze ein wenig zu "entkrampfen", wie Pfister sagt, habe er jeder und jedem, der sich impfen ließ, eine Flasche Eierlikör geschenkt. Für jedes Mitarbeiterteam, von dem 60 Prozent geimpft waren, gab es 1.000 Euro. Insgesamt etwa 60.000 Euro habe er ausgezahlt. Die Syrgensteiner Belegschaft hat die 1.000 Euro selbstverständlich auch bekommen. Sie wollen ein gemeinsames Grillfest organisieren – "dann, wenn das mit Corona vorbei ist", sagt Pflegefachkraft Jaqueline Hander-Callsen.
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