Bis heute seien wichtige Fragen zum Jahrhunderthochwasser im vergangenen Sommer nicht beantwortet worden, so die Initiative. Man habe es sich nicht leicht gemacht, sagt Andreas Wenger, einer der Sprecher der Initiative. Die vom Hochwasser Anfang Juni betroffenen Bürgerinnen und Bürger wollen die Anzeige als Hilferuf verstanden wissen.
Absichtlich richte man die Strafanzeige gegen unbekannt. "Wir sehen, dass da immer Schwierigkeiten in jeder einzelnen Behörde oder vor allem auch zwischen den Behörden stattgefunden haben", sagt Andreas Wenger. Die Behörden würden sich die Verantwortung gegenseitig zuschieben. Der Hauptvorwurf sei, dass die Warnungen zu spät und auch teilweise inhaltlich falsch gelaufen seien.
Alarmierung später als in anderen Landkreisen
Der Landkreis Neuburg-Schrobenhausen rief den Hochwasseralarm am 1. Juni 2024 um 19 Uhr aus, kurz darauf flutete das Hochwasser weite Teile von Schrobenhausen. Die umliegenden Landkreise hatten bereits viele Stunden früher den Katastrophenfall ausgerufen, der Landkreis Aichach-Friedberg etwa um 9.30 Uhr und der Landkreis Pfaffenhofen um 13.27 Uhr.
Die Stadt Schrobenhausen und der Landkreis Neuburg-Schrobenhausen wollten sich gegenüber dem Bayerischen Rundfunk zu dem laufenden Verfahren nicht äußern. Sie hatten stets betont, richtig und rechtzeitig gehandelt zu haben.
Niemand soll an den Pranger gestellt werden
Die Mitglieder der Initiative versuchen seit einem halben Jahr die Vorgänge rund um das Hochwasser aufzuarbeiten. Dafür haben sie unter anderem einen "Masterplan für Hochwasserschutz in Schrobenhausen" ausgearbeitet. Der wurde vom Stadtrat einstimmig angenommen und sieht unter anderem eine Analyse und die entsprechenden Konsequenzen vor.
Doch das sei bis heute nicht geschehen, so die Kritik. Christine Hammer und ihre Familie waren selbst schwer vom Hochwasser betroffen. Jetzt engagiert sie sich in der Bürgerinitiative und sagt: "Wir sind weit davon entfernt, Schuldige zu suchen und an den Pranger zu stellen oder wie auch immer. Unser Ziel ist Aufklärung und Schlüsse zu finden, wo waren die Schwachstellen, damit wir nächstes Mal richtig reagieren können."
Sorge vor weiterem Hochwasser
Ihre größte Sorge ist ein weiteres Hochwasser, das Schrobenhausen unvorbereitet trifft. Zwar gibt es seit 2007 Pläne für einen Hochwasserschutz in der Stadt. Sie wurden jedoch bis heute nicht realisiert, weil es Probleme mit dem Baurecht gab. Diese Hürden seien jetzt laut Stadt beseitigt und man warte auf die Planfeststellung.
Das Wasserwirtschaftsamt Ingolstadt teilt dem BR mit, dass es nach dem Junihochwasser "offen und umfangreich" auf die vielen Anfragen geantwortet habe. Das betreffe sowohl die internen Abläufe bei einem anlaufenden Hochwasser als auch die Beratung während eines Hochwassers und die allgemeine Vorgehensweise zum Bau von Schutzanlagen. Wenn der rechtskräftige Planfeststellungsbeschluss für die Hochwasserschutzmaßnahmen in Schrobenhausen vorliege, werde das Wasserwirtschaftsamt die Ausführungsplanungen vergeben und mit der Baumaßnahme beginnen.
2.000 Fragebögen: Redebedarf sehr hoch
Weil sie unzufrieden mit der Aufarbeitung sind, schreiten die Aktiven der Bürgerinitiative jetzt selbst zur Tat. Sie haben an über 2.000 Haushalte Fragebögen zum Hochwasser verteilt. 500 kamen bereits ausgefüllt zurück. Damit soll geklärt werden, wie viele Menschen betroffen waren, ob und wenn ja wann sie gewarnt wurden, wie hoch der Schaden ist oder wie hoch das Wasser stand. Diese Bürgerbefragung hätten sie sich eigentlich von der Stadt erwartet. Beim Kontakt mit den Betroffenen stellen die Aktiven fest, dass der Redebedarf "sehr hoch" sei.
Die Strafanzeige unter anderem wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung durch Unterlassen wird in den nächsten Tagen bei der Staatsanwaltschaft Ingolstadt eingereicht. Beim Jahrhunderthochwasser kam in Schrobenhausen eine Frau zu Tode.
Im Video: Was lief schief beim Juni-Hochwasser in Schrobenhausen?
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