"Missbrauch verjährt nicht": Kundgebung vor dem Landgericht Köln am 06.12.22.
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Katholische Kirche: 116 neue Missbrauchs-Hinweise in Bayern

Katholische Kirche: 116 neue Missbrauchs-Hinweise in Bayern

Im Januar erschütterte das Münchner Missbrauchsgutachten die Katholische Kirche. Von mindestens 497 Opfern und 235 mutmaßlichen Tätern ging die Studie aus – und von einem weit größeren Dunkelfeld. Seitdem kamen etliche neue Hinweise dazu.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3-Nachrichten am .

Seit der Veröffentlichung des Missbrauchsgutachtens für die Erzdiözese München und Freising sind bei den katholischen Bistümern in Bayern mehr als 100 neue Hinweise auf Verdachtsfälle eingegangen. Mindestens 116 Meldungen zählten die Diözesen im Freistaat in diesem Jahr, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur ergab.

Meldungen etwa in München, Bamberg, Augsburg, Passau

Allein im Erzbistum München und Freising gingen demnach seit der Veröffentlichung bis Ende November 54 neue Meldungen ein. Darunter sind nach Angaben eines Sprechers aber auch "Grenzverletzungen, die nicht in den Bereich sexuellen Missbrauchs fallen" sowie "bereits bekannte Missbrauchsfälle". Beim Bistum Eichstätt meldete sich nach dem Münchner Gutachten ein mutmaßliches Opfer, das Bistum Würzburg teilte auf Anfrage keine Zahlen mit.

Nach Angaben des Erzbistums Bamberg wurden dort in diesem Jahr 17 Fälle "bezüglich sexuellem Missbrauch und Grenzverletzungen gemeldet". Seit 1945 seien damit 87 Beschuldigte und 166 Betroffene aktenkundig. Im Bistum Augsburg wurden in diesem Jahr 23 Erstanträge auf Anerkennungsleistungen bekannt, 13 davon wurden bislang durch die Unabhängige Kommission für Anerkennungsleistungen bei der Deutschen Bischofskonferenz in Bonn bewilligt.

Beim Bistum Passau meldeten sich in diesem Jahr neun Betroffene. Sechs davon gaben an, von einem Priester missbraucht worden zu sein, der bereits als mutmaßlicher Täter bekannt ist. Im Bistum Regensburg gingen nach Angaben eines Sprechers seit dem 20. Januar insgesamt zwölf Meldungen zu Fällen von mutmaßlich sexuellem Missbrauch ein. "Diese sind derzeit nicht bestätigt, sondern werden noch untersucht", teilte der Sprecher mit. Dabei handle es sich um mögliche Vorfälle aus den Jahren 1946 bis 1986.

Missbrauchsgutachten hat "sicher viele ermutigt"

"Die Berichterstattung über die Veröffentlichung des Missbrauchsgutachtens im Erzbistum München hat dort sicher viele ermutigt, sich zu melden", sagte der Sprecher der Opferinitiative "Eckiger Tisch", Matthias Katsch. Es sei nicht überraschend, "dass sich mehr Menschen in diesem Jahr gemeldet haben, die Opfer von sexuellem Kindesmissbrauchs durch Priester geworden sind". Katsch betonte allerdings auch: "Wahrscheinlich sehen wir aber weiterhin nur die Spitze des Eisbergs."

Er geht zudem davon aus, dass sich in der nächsten Zeit noch mehr Betroffene melden werden – nicht zuletzt auch, weil sich inzwischen weltliche Gerichte mit der Frage befassen, welche Rolle kirchliche Verantwortungsträger im Missbrauchsskandal spielten und ob sie durch ihren Umgang mit Tätern eine Mitschuld an Fällen tragen.

So befasst sich etwa das Landgericht Traunstein mit einer Klage gegen den emeritierten Papst Benedikt XVI. Ein Mann, der angibt, von einem damals schon einschlägig vorbestraften Priester in Garching an der Alz missbraucht worden zu sein, hat nicht nur gegen diesen Priester Klage eingereicht. Auch das zuständige Erzbistum München und Freising wurde von ihm verklagt – und eben Benedikt XVI., der als Kardinal Joseph Ratzinger Erzbischof war, als der Täter aus Nordrhein-Westfalen nach Bayern versetzt wurde.

Münchner Missbrauchsgutachten: 235 mutmaßliche Täter

Das vom Bistum bei einer Münchner Anwaltskanzlei in Auftrag gegebene Gutachten hatte bei seiner Vorstellung im Januar weltweit Aufsehen erregt. Die Studie geht von mindestens 497 Opfern und 235 mutmaßlichen Tätern aus – und von einem weit größeren Dunkelfeld.

Den ehemaligen Erzbischöfen Friedrich Wetter und Joseph Ratzinger, heute Benedikt XVI., wurde in dem Gutachten persönliches Fehlverhalten in mehreren Fällen vorgeworfen, ebenso dem aktuellen Erzbischof Kardinal Reinhard Marx.

Tausende Opfer, weit über 1.000 beschuldigte Kleriker

Bereits im Herbst 2018 hatte die Katholische Kirche die sogenannte MHG-Studie und damit Zahlen zu sexuellem Missbrauch öffentlich gemacht. Demnach sind bundesweit in den Personalakten von 1946 bis 2014 insgesamt 1.670 Kleriker wegen sexuellen Missbrauchs Minderjähriger beschuldigt worden. Es gab 3.677 Opfer. Im Jahr 2020 machten die Ordensgemeinschaften öffentlich, dass sich bei ihnen weitere 1.412 Betroffene gemeldet haben.

Mit Informationen von dpa

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