Wer einen VW Caddy als Porsche verkauft, wird Ärger kriegen. So wie die Macher der "Mitte-Studie". Ihr Werk ist ein Caddy: solide, zuverlässig, ohne Überraschungen. Die Deutschen werden nicht rechtsextremer, nicht fremdenfeindlicher, nicht undemokratischer, nicht rechtspopulistischer. So weit, so sachlich.
Verkauft aber wurde die Studie als Porsche, nämlich mit dem Titel "Verlorene Mitte". Das ist irreführend, es ist unwissenschaftlich. Es ist der missglückte Versuch, einen draufzusetzen auf die Titel früherer Ausgaben dieser Studienreihe: "Mitte im Umbruch", "Fragile Mitte", "Gespaltene Mitte". Geht da noch was? Ja, "Verlorene Mitte". Und die nächste Studie heißt dann "Verhetzte Mitte", oder was?
Nur der Titel ist unsachlich - nicht die Studie
Wer diese Verkaufe rügt, hat Recht: Armin Laschet von der CDU, Sigmar Gabriel von der SPD und alle anderen, die den Titel der Studie beanstanden. Trotzdem machen sie einen Fehler: Sie bezeichnen die ganze Studie als "unwissenschaftlich". Das geht zu weit. Es ist genauso unsachlich wie der Titel der Studie. Wer das Buch liest, wird nach dem Titel nichts Reißerisches mehr finden.
Der Verdacht liegt nahe, dass Laschet, Gabriel und Co. mit ihrem Wissenschafts-Bashing davon ablenken wollen, dass sie selbst noch kein Mittel gegen Rechtspopulismus gefunden haben. Wie ratlos die anderen sind, zeigt gerade die immer wiederkehrende Wahl eines Bundestagsvizepräsidenten: Was tun mit den AfD-Kandidaten? Ignorieren? Integrieren? Boykottieren? Der eine wählt so, der andere so.
Union und SPD sollten sich über ihre eigene strategische Ratlosigkeit ärgern. Nicht über eine Studie, deren Titel verunglückt ist.
Ein Kommentar von Achim Wendler, BR-Hauptstadtstudio Berlin, Studioleiter