Die KZ-Gedenkstätte Flossenbürg ist eine offizielle Kooperation mit dem 7th Army Training Command (ATC) des US-Truppenübungsplatzes Grafenwöhr eingegangen. Militärangehörige werden hier in neu entwickelten Seminaren mit der Geschichte des KZ, das 1945 von der US-Armee befreit worden ist, vertraut gemacht. Nachdem sich die Pilotphase des Projektes in diesem Jahr bewährt hat, wird die Kooperation zu einer dauerhaften Einrichtung.
Enge Beziehungen zur US-Armee
In Uniform geht Colonel Stephen Marr über den Appellplatz der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg. Er ist in Grafenwöhr stationiert und Stabschef beim 7th Army Training Command (ATC). Die Kooperation mit der KZ Gedenkstätte Flossenbürg lag angesichts der Nähe des Truppenübungsplatzes auf der Hand, erklärt Stephen Marr: "Zum einen ist es sehr einfach, Leute hierherzuschicken und geht um ein wichtiges Kapitel der Geschichte. Es ist wichtig, dass unsere Soldaten verstehen, was hier passiert ist."
Die KZ-Gedenkstätte Flossenbürg unterhält enge Beziehungen zur US-Armee. Das sei schlicht in der gemeinsamen Geschichte begründet, betont Gedenkstättenleiter Jörg Skriebeleit.
US-Truppen befreiten KZ Flossenbürg im April 1945
Schließlich waren es US-Truppen, die das Konzentrationslager am 23. April 1945 befreit und Todkranke versorgt haben. Es waren auch US-Einheiten, die die Verbrechen dokumentiert haben. Die Amerikaner hätten diese Verbrechen im Dachauer Flossenbürg-Prozess zur Anklage gebracht, erklärt Skriebeleit. Zudem haben viele ehemalige Häftlinge in den USA ein neues Zuhause gefunden.
Die KZ-Gedenkstätte zählt rund 90.000 Besucher im Jahr. US-Amerikaner sind heute die größte nicht-deutsche Besuchergruppe in Flossenbürg, wobei die meisten von ihnen vom Truppenübungsplatz Grafenwöhr kommen, Soldaten genauso wie Zivilisten. Da war es folgerichtig, ein gemeinsames Programm zu gestalten, das über einen Rundgang durch die Gedenkstätte und die beiden Ausstellungen zur Geschichte des KZ und der Nachkriegsgeschichte des KZ-Areals hinausgeht.
Das Team der Gedenkstätte taucht in den Seminaren gemeinsam mit den amerikanischen Soldaten in das Frühjahr 1945 ein, als sich die US-Truppen näherten und das KZ befreit haben, erklärt Dennis Forster von der KZ-Gedenkstätte, der die Seminare mit leitet.
Befreier stießen auf 1.500 entkräftete Häftlinge
Die Soldaten der 90. Infanteriedivison der US-Armee fanden am 23. April 1945 hier noch rund 1.500 überwiegend kranke Häftlinge vor. Etwa 15.000 Häftlinge hatte die SS auf die berüchtigten Todesmärsche in Richtung KZ Dachau getrieben.
Gruppen mit 10 bis 20 Teilnehmern erarbeiten sich in den Seminaren die Geschichte des Lagers und seiner Befreiung. Nach einer zweijährigen Entwicklungsphase fanden in diesem Jahr die ersten Seminare statt.
Wenn sich die Pilotphase bewährt, wird das Programm im nächsten Jahr fortgesetzt, betont Johannes Lauer, ebenfalls Mitarbeiter der KZ-Gedenkstätte. Die amerikanischen Soldaten seien zunächst vielleicht etwas enttäuscht, weil das Areal nicht dem Bild entspricht, das man oft kennt, mit Baracken und Stacheldraht. Aber je mehr sich die GIs mit der Geschichte beschäftigten, um so interessierter würden sie, sagt Lauer. Ab Frühjahr 2022 werden jährlich zwölf Gruppen mit insgesamt 240 Soldaten an den Seminaren teilnehmen.
Army-Oberst mit persönlicher Beziehung zu Flossenbürg
Oberst Stephen Marr hat übrigens auch eine ganz persönliche Beziehung zu Flossenbürg. Sein Großvater war bei der US-Armee an der Befreiung Bayerns beteiligt, berichtet Marr: "Mein Großvater war Soldat in der 90. Infanterie-Division während des Zweiten Weltkrieges. Er landete am Utah Beach, marschierte durch Frankreich nach Deutschland, überschritt bei Mainz den Rhein und kam mit der 90. Infanterie-Division hierher nach Bayern: Hof und dann kam er herunter nach Flossenbürg."
Diese Geschichte seines Großvaters hat Stephen Mar allerdings erst bei einem Besuch in der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg entdeckt. Sein Großvater habe nie darüber gesprochen. "Er hat wirklich nie über seine Erfahrungen gesprochen. Wir waren sehr jung, als er noch gelebt hat. Ich wusste es nicht, bis ich hierhergekommen bin und die Gedenktafel für die 90. Infanteriedivision gesehen habe. Da habe ich verstanden, dass es in diesem Teil von Deutschland war."
US-Generalkonsul lobt Kooperation
Sehr angetan von der Kooperation zwischen der US-Armee und der Gedenkstätte Flossenbürg zeigte sich in dieser Woche auch Timothy Liston, der US-Generalkonsul in München, bei seinem ersten Besuch in Flossenbürg. Die KZ-Gedenkstätte stehe für einen wichtigen Teil der gemeinsamen Geschichte der USA und Deutschlands, der nicht vergessen werden dürfe, meint Liston. Sein erster Besuch der Gedenkstätte habe ihn sehr beeindruckt. Der US-Generalkonsul will es nicht bei diesem einen Mal belassen und wieder nach Flossenbürg kommen.
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