Es ist eines der leistungsstärksten Atomkraftwerke der Welt: Der Reaktorblock Isar 2 im niederbayerischen Isartal zwischen Landshut und Dingolfing. Er liefert zwölf Prozent des in ganz Bayern verbrauchten Stroms. Isar 2 ist eines der drei letzten deutschen Atomkraftwerke, das gemäß Atomausstiegsbeschluss aus dem Jahr 2011 aber Ende dieses Jahres abgeschaltet werden soll.
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Bürgermeister: "Eine ganz schwierige Situation"
Eigentlich hatte sich Niederaichbachs Bürgermeister Josef Klaus (CSU/Freie Wähler) auf diesen Tag gefreut, doch jetzt hat er Bedenken: "Wir hatten uns darauf eingestellt, dass abgeschaltet wird zum Jahresende. Aber wir sind in einer besonderen Notsituation. Und in dieser Situation ist es vertretbar, ich meine sogar wichtig, dass man die Laufzeiten verlängert. Gaslieferungen werden reduziert oder vielleicht sogar eingestellt. Und das ist für unser Land eine ganz schwierige Situation."
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Kein "Ausstieg vom Ausstieg"
Es gehe, so der Bürgermeister mit Blick vom Rathaus auf das große Atomkraftwerk, angesichts ausbleibender Gaslieferungen aus Russland ums Ganze. "Wir müssen schauen, dass unsere Wirtschaft am Laufen bleibt und dass unsere Bürger ein warmes Haus haben im Winter", sagt Klaus und spricht sich für eine Laufzeitverlängerung aus.
Ähnlich sieht das der Rathauschef im benachbarten Essenbach. Auch Dieter Neubauer (CSU) will zwar keinen Ausstieg vom Atomausstieg, aber eine Laufzeitverlängerung. "Da wäre uns durchaus geholfen in der momentanen Phase."
Einige Anwohner sind für eine Laufzeitverlängerung
Auch bei einer nicht repräsentativen Umfrage von Menschen, die rund um den Atommeiler in Niederbayern leben, sprechen sich mehrere Betroffene für eine begrenzte Laufzeitverlängerung aus. Viele Menschen rund um Isar 2 wären natürlich froh, wenn die riesige Wasserdampfwolke aus dem Kühlturm über ihren Häusern und Gärten verschwinden würde. Doch ausgerechnet jetzt, mitten in der großen Energiekrise? Da gehen die Meinungen auseinander.
Bund Naturschutz ist gegen Verlängerung
Für Kathy Mühlebach-Sturm vom Bund Naturschutz aber ergibt eine Laufzeitverlängerung keinen Sinn. "Gas, das uns im nächsten Winter fehlen wird, kann nicht einfach durch Strom ersetzt werden." Zudem weist sie darauf hin, dass ein weiterhin laufendes Atomkraftwerk weiterhin Atommüll erzeugt und dessen Endlagerung in Deutschland weiter ungeklärt sei. Durch eine Laufzeitverlängerung mache sich Deutschland weiter abhängig von Uranlieferungen aus dem Ausland, unter anderem aus Russland.
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Diskussion um Atomkraftwerke geht weiter
Der "Irrweg Atomkraft" müsse ihrer Meinung nach schleunigst beendet werden. Das Gebot der Stunde sei Unabhängigkeit durch saubere erneuerbare Energien. "Wir haben jetzt einen Auftrieb, weil wir ja sehen, wir brauchen die Erneuerbaren," sagt Mühlebach-Sturm. "Wir hatten so einen Auftrieb schon einmal vor zehn Jahren. Und er wurde kaputtgemacht, vielleicht aus den gleichen Gründen, weil man immer daran gearbeitet hat, eben doch das andere weiterlaufen zu lassen."
Die Diskussion um eine Laufzeitverlängerung der drei letzten deutschen Atomkraftwerke geht weiter. Auffällig dabei: Die betroffenen Kraftwerksbetreiber halten sich in der Diskussion vornehm zurück.
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