In einer Passauer Klinik helfen Schnecken bei der Therapie.
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In einer Passauer Klinik helfen Schnecken bei der Therapie.

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Mein Therapeut, die Schnecke

Mein Therapeut, die Schnecke

Im Garten unerwünscht, im Passauer Bezirkskrankenhaus nicht mehr wegzudenken: Seit 2019 setzt die psychiatrische Abteilung bei ihrer therapeutischen Arbeit auf fünf afrikanische Achatschnecken.

Auf der Hand von Petra Dangl sitzt die elf Zentimeter lange Schnecke Rosi. "Das erste Mal war es eine Überwindung, aber dann war es der Wahnsinn", erzählt die ehemalige Psychiatrie-Patientin. Rosi war während ihrer Zeit auf der dritten Station im Bezirkskrankenhaus Passau ihre Lieblingsschnecke.

"Ich war immer sehr unruhig und nervös, und die Schnecke hat mir geholfen. Sie bewegt sich so langsam. Die Ruhe, die sie ausstrahlt, habe ich aufgesaugt. Das hat mir geholfen, dass ich runterfahre", berichtet Petra Dangl von ihrer Erfahrung. Und damit ist sie nicht die Einzige. Seit 2019 leben die Schnecken Rosi, Bert, Heidi, Fred und Lotte im Passauer Bezirkskrankenhaus. Ihre ruhige Art hat bis heute um die 300 Patienten geholfen.

Die Schnecke als Dauergast

Nach Passau hat die Schnecken Pflegerin Lisa Parringer gebracht. Während ihrer Weiterbildung zur Fachkraft für tiergestützte Intervention war sie auf der Suche nach dem idealen Tier für die Psychiatrie. Therapiehunde können nicht dauerhaft auf der Station leben, für Tiere wie Alpakas und Pferde fehlt in der Stadtklinik der Platz. Schnecken aber sind klein, von Natur aus taub, durch das Leben in der Erde an Erschütterung gewöhnt und auch sonst nicht besonders anspruchsvoll. Schnecken bringen die Eigenschaften mit, die Lisa Parringer gesucht hat.

Gemeinsam achtsam

In den wöchentlichen freiwilligen Therapiesitzungen mit den Schnecken haben die Patienten nichts anderes zu tun, als den Moment zu genießen. Es geht darum, die Schnecken zu spüren, sie wahrzunehmen, anzuschauen und zu beobachten, wie sie sich verhalten. "Dass die Schnecken ihre eigenen Häuser selbst heilen können, ist ein schönes Beispiel für die Patienten", findet Lisa Parringer. Die Tiere können auf die Hand genommen, gefüttert, gestreichelt und sogar gebürstet werden. Die Konzentration liegt ganz auf dem Tier. So soll die Eigen- und Fremdwahrnehmung gefördert werden.

Schnecken helfen beim Kommunizieren

In ihrer Studie stellte Parringer fest: Schnecken wirken beruhigend auf fast jeden, unabhängig von der Erkrankung. Auch Dr. Stephan Wosnik, Leiter der geschlossenen Station des Bezirkskrankenhauses Passau, beobachtet die positive Wirkung der kleinen Kollegen. Häufig sei das die einzige Form, Kontakt zu Patienten aufzunehmen, die sonst Gesprächen auf der Station aus dem Weg gehen würden.

"Die, die sich verbal nicht ausdrücken können, profitieren am meisten von den Schnecken", sagt Wosnik. Nur Opfer von sexueller Gewalt und Personen mit gewissen Traumata könnten durch die Berührung einer Schnecke negativ getriggert werden.

Patienten können bei Schnecken-Pflege mithelfen

Die fünf afrikanischen Achatschnecken leben in einem gut temperierten Terrarium auf Station 3. Es wurde speziell für das Krankenhaus gebaut und ist aus Sicherheitsglas. So können Patienten, die Probleme mit Aggression haben, die Tiere nicht verletzen. Die gelernte Gesundheits- und Krankenpflegerin Lisa Parringer und ihr extra dafür ausgebildetes Team füttern die Tiere und reinigen das Terrarium, die Bewohner der Station können aber jederzeit dabei sein und mit anpacken.

Idee wurde am Anfang belächelt

Dass heute alle Beteiligten so zufrieden sind, freut Lisa Parringer. Als das Projekt 2019 startete, wurde sie belächelt - von der Krankenhausleitung bis zum Züchter der Schnecken. Alle fanden ihre Idee, die Tiere ins Krankenhaus zu holen, verrückt. Doch mittlerweile gehören zehn Personen zum "Schnecken-Team" im Passauer Bezirkskrankenhaus. Und dabei soll es nicht bleiben. Im Frühjahr dieses Jahres sollen auch in Mainkofen auf drei Stationen Achatschnecken einziehen.

Dieser Beitrag entstand in der Lehrredaktion Audio/Video des Studiengangs Journalistik und Strategische Kommunikation an der Universität Passau in Zusammenarbeit mit Journalistinnen und Journalisten aus dem BR-Studio Niederbayern/Oberpfalz. Weitere Geschichten über die medizinische Versorgung in Niederbayern finden Sie unter www.br24.de/niederbayern.

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