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Ein Lied des Würzburger Musikers "Nand" wird derzeit immer wieder von Fans der AfD öffentlich auf "TikTok" genutzt.

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Musik im Wahlkampf: Können sich Künstler gegen Nutzung wehren?

Musik im Wahlkampf: Können sich Künstler gegen Nutzung wehren?

Immer wieder ärgern sich Musiker, wenn ihre Lieder zu politischen Zwecken verwendet werden. Vor kurzem untersagte Herbert Grönemeyer der CDU und den Grünen, seine Musik zu nutzen. Doch ein Fall aus Würzburg zeigt: Rechtlich kommt es auf Details an.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Mainfranken am .

Für den Würzburger Musiker "Nand" läuft es gerade gut. Sein neues Album ist gemischt, bald geht er auf Tour. Doch eine Sache ärgert ihn: Ein Lied von ihm wird derzeit immer wieder von Unterstützern der AfD öffentlich auf "TikTok" genutzt. Diese Videoschnipsel, in denen ein Remix seines Songs "Dachlatte" zu hören ist, erreichen teils zehntausende User. Dazu Botschaften wie: "#weidelforbundeskanzler" oder "Egoist wer keine AfD wählt".

"Höhner" und Grönemeyer untersagten bereits Nutzung

Fälle, in denen sich Musiker darüber ärgern, dass ihre Titel zu politischen Zwecken verwendet werden, gab es in den vergangenen Jahren wiederholt. Auch Gerichte beschäftigten sich bereits damit. 2017 bestätigte der Bundesgerichtshof (BGH) ein Urteil des Thüringer Oberlandesgerichtes. Die NPD hatte Lieder der Kölner Musikgruppe "Höhner" zu Wahlkampfzwecken genutzt. Der BGH bestätigte: Die Höhner dürfen das untersagen.

Aufmerksamkeit erregte vor wenigen Wochen auch Sänger Herbert Grönemeyer. CDU und Grüne hatten unabhängig voneinander Grönemeyers "Zeit, dass sich was dreht" in ihren Wahlkämpfen genutzt. Dessen Medienanwalt erklärte gegenüber der Deutschen Presse-Agentur: Grönemeyer wünsche grundsätzlich nicht, dass seine Person oder seine Lieder von politischen Parteien für Wahlwerbung genutzt werden. Beide Parteien erklärten, darauf verzichten zu wollen.

"TikTok"-User dürfen Musik in der Regel bedenkenlos verwenden

Doch die Rechtslage wirkt nicht immer eindeutig. Es kommt auf Details an, wie das Beispiel des Würzburgers "Nand" zeigt.

Grundsätzlich gilt: Musik darf nur dann von anderen verwendet werden, wenn die Erlaubnis des Künstlers oder des Rechteinhabers vorliegt. Die Berliner Medienanwältin Denise Himburg erklärt: Plattformen wie "TikTok" haben deshalb Verträge mit den großen Musiklabels und dem europäischen Lizenzdienst "ICE" geschlossen, dem auch die Autorengesellschaft GEMA angehört. Dadurch können die Nutzer in sozialen Netzwerken viele Titel legal verwenden – auch wenn sie nicht direkt beim Künstler die Zustimmung erbeten haben. Doch es gibt Ausnahmen.

Künstler müssen "Entstellung" nicht hinnehmen

Rechtsanwältin Himburg verweist vor allem auf den Paragraf 14 des Urheberrechtsgesetzes. Dieser spricht dem Urheber das Recht zu, eine sogenannte "Entstellung" seines Werkes zu verbieten. Gemeint sei damit zum Beispiel, dass Text oder Melodie eines Werkes verändert werden. Doch eine Entstellung könne auch bei einer Verwendung im politischen Kontext vorliegen. Zum Beispiel dann, wenn sich der Musiker zuvor deutlich gegen eine politische Strömung ausgesprochen hat: "Da fällt die Interessenabwägung dann doch eher für den Musiker aus", sagt Himburg.

Der Hamburger Medienanwalt Stephan Mathé verweist außerdem auf die Nutzungsbedingungen von "TikTok". Denn dort heißt es, dass Musik nicht in einem politischen Kontext oder zu politischen Zwecken verwendet werden sollte.

Juristen kommen zu unterschiedlichen Einschätzungen

Ob das jedoch ausreicht, um die Nutzung auf "TikTok" zu verhindern, da ist der Würzburger Medienanwalt Christoph Graeber skeptisch. Die Nutzungsbedingungen sprechen von "sollte". Es bleibe also Auslegungssache. Genauso wie die Videos selbst. Genügen Hashtags wie #afd oder #aliceweidel bereits für eine politische "Entstellung"? Wie verhält es sich, wenn die Videos nicht von offiziellen Accounts der Parteien gepostet werden, sondern von Unterstützern?

Die Juristen kommen zu unterschiedlichen Einschätzungen. "Im Zweifel ist das Recht zur politischen Nutzung erstmal nicht vergeben, würde ich pauschal sagen", sagt Stephan Mathé. Rechtsanwalt Graeber wiederum sagt: "Ich halte es für sehr schwierig, in diesem konkreten Fall dagegen vorzugehen." Die Inhalte der AfD müssten einem nicht gefallen – doch sie sei demokratisch legitimiert, die Botschaften in den Videos subtil. "TikTok" ließ eine Anfrage unbeantwortet.

Musiker positioniert sich in eigenem Video

Musiker "Nand" jedenfalls hat bislang keine juristischen Schritte unternommen. Er ist sich auch nicht sicher, ob das zielführend ist. Stattdessen veröffentlichte er eine Videobotschaft. Darin spricht er sich gegen die Nutzung seiner Lieder durch Unterstützer der AfD aus.

Er sei kein Politiker, sondern Musiker, sagt er. Doch er verspüre den Drang, sich zu positionieren: "Wir müssen anfangen, den Populismus raus aus dem Algorithmus zu holen." Neben Kritik erhielt er für sein Video viel Zuspruch.

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