So mancher im Ort mag es noch gar nicht glauben: "Ihr sperrt jetzt wirklich das Geschäft zu?" wird Alexandra Sinz immer wieder von ihren Kunden gefragt. 13 Jahre lang bot das "Dorflädle" in Röthenbach im Allgäu Fleisch, Wurstwaren und Brot an. Aber die Bürgerinnen und Bürger konnten hier auch Duschgel, Joghurt, oder Gemüse kaufen. Vieles eben, was man so im Alltag braucht.
Doch weil Sinz für den Dorfladen eher kleinere Mengen beim Großhandel bestellt hat, waren die Produkte im Einkauf relativ teuer: "Ich habe einige Waren tatsächlich im Supermarkt eingekauft, weil sie dort deutlich preiswerter waren." Das war aber nicht die einzige Herausforderung für den Dorfladen.
Dorfläden in Schwaben schließen
Bis zur Pandemie lief das Geschäft eigentlich gut, sagt Sinz. Sie habe auch Feste und Feiern beliefert, aber dann sei vieles weggebrochen. "Durch die Corona-Auflagen durfte zeitweise auch nur eine Person in den Geschäftsraum und es war schwer, das Homeschooling mit Kind zu stemmen", erzählt sie. Der Laden wurde in der jüngeren Vergangenheit renoviert, was sich aber nicht wirklich ausgezahlt hatte. Die Geschäftsführerin hätte noch mehr investieren müssen, weil zunehmend Kunden mit Karte zahlen wollten.
"Vergangenes Jahr kam dann freitags ein Wochenmarkt dazu, der hat auch etwas Kaufkraft gekostet", sagt Sinz. Am Ende standen Ertrag und Aufwand in keinem vernünftigen Verhältnis mehr. Auch andere Dorfläden in Schwaben gaben zuletzt ihr Geschäft auf, im Unterallgäu in Eppishausen sowie in Haslach. Auch der Dorfladen in Riedheim im Landkreis Günzburg wird wahrscheinlich schließen, seit Mitte Mai ist das Geschäft nicht mehr geöffnet.
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Ratschläge für den Erfolg von Dorfläden
Einen grundsätzlichen Negativtrend will Wolfgang Gröll vom Bundesverband der Bürger- und Dorfläden e.V. nicht erkennen. Viele Läden seien gut durch die Pandemie gekommen und könnten sich am Markt behaupten. Auch eine Reihe neuer Dorfläden entstehe derzeit in Bayern. Gröll betreut und berät sie seit Jahrzehnten und vermittelt Praxiswissen. Er rät, die Menschen immer wieder aufs Neue zu begeistern, zum Beispiel mit einem Weihnachtskalender, bei dem jeden Tag besondere Aktionen im Geschäft veranstaltet werden.
"So ein Dorfladen kann mit einem kleinen Café auch zu einer Begegnungsstätte im Ort werden, wenn er leicht und schnell erreichbar ist", sagt Gröll. Er empfiehlt, verstärkt regionale Produkte anzubieten, damit sich die Geschäfte von gewöhnlichen Supermärkten unterscheiden: "Wichtig sind aber auch Waren der Basisversorgung wie Zucker, Mehl und Butter, die die Menschen dann eben im Dorfladen besorgen."
Dorfladen vergibt "Heimat-Abo" - um Kunden zu binden
Fast alle genannten Tipps finden sich auch im "Herzstück" verwirklicht, einem Genossenschaftsprojekt in Horgau. Der Dorfladen nahm vergangenen Juli den Betrieb auf, kurz vor den Ferien: "Das hat uns Sorgenfalten auf die Stirn getrieben, als im Urlaub plötzlich wesentlich weniger Kundschaft kam", sagt Anja Dördelmann.
Um solche Umsatzdellen auszugleichen, hat die Genossenschaft ein "Heimat-Abo" ins Leben gerufen: Eine Einzelperson zahlt 17 Euro pro Monat und erhält im Gegenzug 20 Prozent Rabatt auf die meisten Produkte. Wer rund 85 Euro im Laden monatlich ausgibt, hat sein Monatsabo wieder eingespart - wer weiter einkauft, profitiert entsprechend mehr. Die Abokarte erinnert die Kunden also nicht nur daran, wieder einmal im Dorfladen vorbeizukommen, sondern schafft auch Sicherheit im Hinblick auf stetige Einnahmen.
Inflation und steigende Personalkosten
Anja Dördelmann glaubt, dass viele Dorfläden neue Wege gehen müssen, um auch in Zukunft bestehen zu können. Eine Hürde sieht sie beim Mindestlohn, der im Oktober auf 12 Euro steigen wird. "Wir wollen unsere Mitarbeiter natürlich gut bezahlen, aber das Personal ist der größte Kostenposten. Und die Verbraucher wollen natürlich gerne längere Öffnungszeiten, da müssen wir uns etwas überlegen".
Dördelmann hofft, dass sich auch die Inflation wieder halbwegs normalisiert. Denn ein Teil der Kunden kaufe bei den gestiegenen Preisen wieder vermehrt im Discounter: "Das ist nicht nur schade für unseren Laden, sondern auch für unsere rund 30 Zulieferer. Denn die kommen aus der Region. Und da sollte die Wertschöpfung eigentlich bleiben."
- Zum Artikel: "EU-Regeln für angemessene Mindestlöhne - Was ändert sich?"
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