Auerhahn mit prächtigem Gefieder
Bildrechte: Florian Bossert

Ein Auerhahn in voller Pracht. In der Balzarena veranstaltet er eine spektakuläre Show.

Per Mail sharen
Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

Neue Studie: Alarmruf vom Auerhahn

Die Auerhuhn-Population in den bayerischen Alpen ist auf dem Rückzug, langfristig droht das Aussterben dieses urbayerischen Vogels. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, die auf dem Monitoring von 70 Balzplätzen im südlichen Oberbayern beruht.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Oberbayern am .

Über Jahrzehnte haben ehrenamtliche Beobachter an ausgewählten Orten im Werdenfelser Land, im Mangfallgebirge und im westlichen Chiemgau Daten über Anzahl und Verhalten der Raufußhühner gesammelt. Diese Zählungen haben Wissenschaftler nun zusammengefasst und in Statistiken ausgewertet. Demnach blieben die Populationen von 1985 bis 2010 einigermaßen stabil, bei nur geringem jährlichem Rückgang von unter einem Prozent.

Seit 2010 ein dramatischer Rückgang

Im Jahr 2010 aber verzeichnen der Wildtier-Biologe Florian Bossert und der Umweltexperte Tobias Ludwig einen Knick in der Statistik: Ab diesem Jahr nehmen die Bestände steil ab, verlieren jährlich 6,5 Prozent ihrer Population. Im Mangfallgebirge sind es sogar 11 Prozent Verlust, im Werdenfelser Land dagegen mit durchschnittlich drei Prozent deutlich weniger. Viele Balzplätze, die seit Jahrzehnten bekannt sind, würden nur noch von einem oder zwei Hähnen besucht, so Florian Bossert, viele seien mittlerweile völlig verwaist. Insgesamt sei der Auerhuhn-Bestand in den drei untersuchten Gebieten in 12 Jahren um über die Hälfte eingebrochen.

Das scheueste Tier der bayerischen Wälder

Unterwegs mit dem Wildtier-Beobachter irgendwo im Mangfallgebirge – den genauen Ort will Florian Bossert geheim halten. Er ist auch Gebietsbetreuer des Landratsamtes für diese Region und weiß um die Gefahren für Balzplätze, wenn diese öffentlich bekannt würden. Zu oft entstehe, getrieben durch Social-Media-Plattformen, ein Wettkampf um Fotos vom Auerhahn, sagt er. Dieser sei aber das scheueste Tier der bayerischen Wälder und Berge. Bei einer Annäherung auf 300 Meter ergreife das Auerhuhn die Flucht, die mit einem großen Energieaufwand verbunden sei. Der große Vogel streife nur talwärts ab und müsse sich dann am Boden wieder mühsam emporarbeiten. Deswegen zeigt Bossert den Rand eines Waldes, der ein wunderbarer Lebensraum für die Auerhühner ist.

Bildrechte: BR / kühne
Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

Ein lichter Wald, viele Tannen und Fichten, am Boden Beerensträucher - und vielleicht bald viel Schnee, so mag es das Auerhuhn.

Viele große Tannen und Fichten ragen in den Himmel, dazwischen ist genug Platz für Lichteinfall und für Beerensträucher. Viel totes Holz steht oder liegt herum. „So mag es das Auerhuhn“, erklärt Bossert, „es braucht Abstand zwischen den Bäumen, um da hindurchfliegen zu können". Und es braucht Nadelbäume – als Nahrung. Jetzt im Spätherbst frisst in großen Mengen die grünen Nadeln von den Zweigen. Um sie verdauen zu können, haben die Vögel kleine Steine geschluckt.

Das Raufußhuhn - ein Relikt der Eiszeit

Vom Himmel fällt ein nasses Weiß, irgendwas zwischen Regen und Schnee. Schlecht für den Auerhahn, sagt Bossert. Das Tier braucht Pulverschnee, gerne einen Meter hoch. Es lässt sich einfach hineinplumpsen, gräbt den Schnee ein bisschen zur Seite – und hat eine warme Höhle für eine Nacht. In der Morgendämmerung gräbt es sich hangabwärts wieder hinaus. Aber wie oft gibt es in den Voralpen noch meterhoch Pulverschnee? Der Klimawandel macht diesem „Relikt der Eiszeit“, wie Bossert sagt, besonders schwer zu schaffen.

Beim Waldumbau, mit dem die Forstwirtschaft dem Klimawandel begegnen will, sieht Bossert einen klaren Zielkonflikt. Hier soll mehr Mischwald entstehen, doch mehr Laubbäume seien für den Auerhahn schlecht. Er brauche 60 bis 70 Prozent Nadelbaum-Anteil in seinem Lebensraum, sonst könne er nicht überleben. Nicht weit entfernt, irgendwo hinter Rottach, zeigt uns Bossert ein Waldstück, das vor nicht allzu langer Zeit noch Auerhuhn-tauglich war. Nun aber wächst es zu – vor allem mit jungen Buchen. Hier ist für den massigen Vogel kein Durchkommen mehr.

Störungen durch Freizeitsportler

Eine klare Ursache für den Einbruch der Zahlen ab 2010 können die Wissenschaftler nicht nennen, wahrscheinlich sei es ein Zusammenwirken mehrerer Faktoren. Ein wichtiger Punkt ist, da sind sich die Autoren der Studie sicher, der Störfaktor durch ausuferndes Freizeitverhalten. Vor allem Winterwanderer auf Schneeschuhen würden oft in die letzten Refugien der Vögel eindringen. Bosserts Appell: Die wenigen noch vorhandenen Lebensräume des Auerhuhns müssten konsequent und streng geschützt werden.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!