Das gab's noch nie beim Politiker-Derblecken auf dem Münchner Nockherberg: Parodie mit Travestie. Am Ende des Abschluss-Pressetermins vor der Starkbierprobe am kommenden Freitag begrüßte Schauspielerin Nikola Norgauer die versammelten Medienschaffenden in Olaf-Scholz-Maske zur "Bundespresse ... äh … Nockherberg-Pressekonferenz."
Den Kanzler im traditionellen Singspiel mit Politiker-Doubles von einer Darstellerin spielen zu lassen, ist natürlich auch eine Möglichkeit, die dürftige Frauenquote auf der Bühne nach oben zu schrauben. Nach dem Motto: Angela Merkel kommt zwar nicht mehr vor, zumindest am Nockherberg aber bleibt das Kanzleramt weiterhin in weiblicher Hand.
Singspiel-Autoren: Gerne mehr Frauen in der Politik
"Wir hätten gern mehr Frauen in der Politik, die sich dort unangenehm bemerkbar machen", erklärte Richard Oehmann, als Autor und Regisseur verantwortlich für das Singspiel gemeinsam mit Stefan Betz, der ergänzte, dass es zu wenige profilierte Frauen nicht nur in der bayerischen Landespolitik, sondern auch auf Bundesebene gebe.
Alle neuen Charaktere sind Männer
In diesem Jahr sind alle neuen Charaktere Männerfiguren. Neben Olaf Scholz: Christian Lindner, Robert Habeck und Friedrich Merz. Da das Derblecken im vergangenen Jahr wegen des kurz vorm anberaumten Termin ausgebrochenen Ukraine-Kriegs abgesagt werden musste, ist es die erste Ausgabe der Veranstaltung seit Antritt der Berliner Ampelkoalition.
Dritte Fastenrede von Schafroth
Krieg herrscht noch immer in der Ukraine. Dass das satirische Starkbierspektakel nun dennoch wieder stattfindet, wertet Kabarettist Maximilian Schafroth, der heuer zum dritten Mal die Fastenrede vor dem Singspiel halten wird, als wichtiges Zeichen: "So lustig und bierselig der Nockherberg auch daherkommt: Ich finde das die Essenz von Demokratie, dass so etwas stattfinden kann. In vielen Ländern der Welt wäre das nicht möglich." In der Tat: Diktatoren verstehen keinen Spaß.
Schafroth: Fastenrede wird zum Ende nachdenklicher
Gegen Ende, so Schafroth, werde seine Rede aber durchaus etwas nachdenklicher werden. Soviel kann er jetzt schon versprechen, obwohl er immer noch an seinem Manuskript arbeitet, ändert, kürzt und umschreibt. "Ich bin nachtaktiv", scherzt Schafroth. "Immer, wenn ich kurz vorm Einschlafen bin, erscheint mir der Aiwanger!" Für Freitagnacht nach dem Derblecken wünscht er sich Robert Habeck als Übernachtungsgast. Er hoffe sehr, dass der Minister der Einladung zum Nockherberg folge. "Er kann auch gern bei mir übernachten, ich hab' einen Schlafsack daheim. Ich bin mir sicher, der Robert ist da unkompliziert."
Schauplatz des Singspiels wird in diesem Jahr eine einsame Insel sein, auf die es zwei Handvoll prominenter Köpfe verschlagen hat, die sich dort in parteipolitischen Scharmützeln ergehen werden. Damit "mogeln wir uns so ein bisschen an den Krisen der Welt vorbei", bekennt Macher Richard Oehmann.
Steilvorlagen von Söder, Lindner und Habeck
Das Hickhack zwischen den Bundesministern Habeck und Lindner habe sich quasi von selbst geschrieben, ergänzt Betz schmunzelnd. Und auch Ministerpräsident Markus Söder hat offenbar so mache Steilvorlage geliefert. "Der führt in Bayern Wahlkampf gegen die Bundesregierung. Da haben wir uns einfach draufgesetzt", so Betz. Ansonsten gebe die CSU-Riege wenig her. Früher habe es mit Seehofer und Scheuer noch ein paar „unbekümmerte Schmarr’n-Benes" gegeben, witzelt Oehmann. "Heute kennt die Leute aus dem Kabinett keiner mehr, weil der Söder alles selber macht."
Aber zum Glück gibt es ja noch Katharina Schulze von den Grünen. Die hat schon vor vier Jahren ergiebigen Stoff für ihre Singspiel-Parodistin Sina Reiß geliefert. Das hebt neben der Bayern-Quote (zu der auch das Hubert-Aiwanger-Double beiträgt) auch die Frauen-Quote. Und das garantiert ohne Travestie.
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