Mit dem Derblecken feiert die Paulaner-Brauerei traditionell den Beginn der Starkbiersaison. Probiert wird bei Fastenpredigt und Singspiel die hauseigene Marke "Salvator". Schauplatz des Spektakels ist die Brauereigaststätte am Isarhochufer zwischen Au und Giesing. Im Volksmund hat sich der Name "Salvatorkeller" erhalten, offiziell heißt das Wirtshaus inzwischen Paulaner am Nockherberg. Zacherls alter Bierkeller von 1861 hat sich zum 2.000 Leute fassenden Festsaal mit Hallencharakter gewandelt. Aber der Reihe nach.
Woher der Name
Ihr Starkbier schenkten die Mönche stets am 2. April, dem Namenstag ihres Ordengründers Franz von Paula aus. Den ersten Krug bekam der Kurfürst gereicht – so wie heute der Ministerpräsident. Im Sprachgebrauch könnte der Name "Sankt-Vater"-Bier (zu Ehren des heiligen Pater) zu "Salvator" abgeschliffen worden sein. Anderen Quellen zufolge stammt der Name von der Salvator-Stiftung, bei der der spätere Braumeister Zacherl das Bier lagerte.
Braukünstler Barnabas aus der Au
In unmittelbarer Nachbarschaft, etwas unterhalb des heutigen Wirtshauses, hatten die Mönche des Paulaner-Ordens im Kloster Neudeck ob der Au schon ab 1634 die Lizenz zum Bierbrauen. Und zur Fastenzeit fiel ihr Trunk stets etwas gehaltvoller aus. Die ultimative und bis heute weitgehend gültige Rezeptur für den heutigen Salvator entwickelte 1773 ein besonders gewiefter Braumeister im Orden, ein gewisser Bruder Barnabas.
Komiker zum Bier
Nach der Säkularisation übernahm der Braumeister Franz Xaver Zacherl die Brauerei. Nachfahren kauften 1858 das benachbarte Sommerschlösschen des Bankiers Georg Nockher dazu und bauten es zum Bierausschank "Zacherl-Keller" um – den Vorläufer des heutigen Paulaner. Ab 1861 wird das Starkbier auf dem Nockherberg ausgeschenkt, ein Jahr später wird der "Zacherl-Keller" auch als "Salvator-Keller" erwähnt.
Der Keller, ein flach gedeckter hoher Raum mit dicken Stützen, fasste damals bereits 4.000 Personen. Schnell war die Idee geboren, zur Förderung des Umsatzes die Gäste mit Darbietungen von beliebten Gstanzlsängern und Volksschauspielern zu unterhalten. So kam Jakob Geis 1891 zu seinem ersten Auftritt auf dem Nockherberg. Die Tradition der "Salvatorrede" zur Starkbierprobe war geboren.
Zerbombt und abgefackelt
1939 setzte der Zweite Weltkrieg dem Brauch ein vorläufiges Ende, 1944 wurde die Gaststätte zerbombt. Die Wiedereröffnung samt Wiederbelebung der Salvatorrede erfolgte 1950. "Nach dem Krieg kamen zu der Veranstaltung vielleicht so 30, 40 Leute", erinnert sich Richard Dusch, Archivar der Brauerei. Zum richtig politischen Abwatschen nutzte die Rede erstmals der Roider Jackl bei seinem Auftritt 1954.
Im November 1999 legte ein Brandstifter den Paulaner-Keller samt Festsaal in Schutt und Asche. Zwei Tage kämpften mehr als 300 Feuerwehrleute mit 89 Fahrzeugen und Löschzügen gegen die Flammen. Bei der Grundsteinlegung für den Wiederaufbau im Oktober 2001 wurden im Fundament eine Kupferrolle mit einer Urkunde, Architekturpläne, alte Münchner Tageszeitungen und Münzen eingelassen. Bis zur Wiedereröffnung 2003 musste die Prominenz zur Starkbierprobe in eine umgebaute Lagerhalle der Brauerei ausweichen.
... und immer wieder gern besucht
Doch drei Dinge sind über all die Jahre gleich geblieben: 1.) Für Bayerns hohe Tiere ist der Starkbieranstich ein Pflichttermin. 2.) Derbleckt zu werden kann ganz schön bitter sein. 3.) Noch bitterer ist aber, nicht derbleckt, sondern ignoriert zu werden.