Bei nuklearen Katastrophen setzen die Behörden eine Alarmierungskette in Gang
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Bei nuklearen Katastrophen setzen die Behörden eine Alarmierungskette in Gang

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So würden die Behörden bei einem nuklearen Notfall warnen

Es gilt als unwahrscheinlich, sollte es aber in Bayern zu radiologischen Notfällen kommen, werden sofort sämtliche Behörden aktiv. Sie setzen eine Alarmierungskette in Gang und ordnen Schutzmaßnahmen an. Bundesweit wird ein Krisenstab eingerichtet.

Nachdem russische Truppen das ukrainische Atomkraftwerk Saporischschja beschossen haben, soll es laut Internationaler Atomenergie-Behörde (IAEA) keine erhöhten radioaktiven Werte geben. Doch was passiert, wenn es in Bayern zu einem nuklearen Notfall kommt? Laut Bundesamt für Strahlenschutz spricht man von einem radiologischen Notfall, wenn radioaktive Stoffe in stark erhöhtem Maße freigesetzt werden. Die bekanntesten nuklearen Unfälle, bei denen massiv radioaktive Stoffe in die Atmosphäre gelangten, ereigneten sich im ukrainischen Tschernobyl 1986 sowie im japanischen Fukushima 2011.

Bund setzt Krisenstab ein, Länder koordinieren vor Ort

Sollte es in Deutschland zu einem solchen Szenario kommen, bildet der Bund unter Leitung des Bundesumweltministeriums einen Krisenstab, das sogenannte Radiologische Lagezentrum (RLZ). Auch Bayern richtet einen "Radiologischen Stab" ein - federführend ist hier ebenfalls das Umweltministerium. Dieser Stab empfiehlt den Katastrophenschutzbehörden Schutzmaßnahmen für die Bevölkerung.

Jedoch gibt es in Bayern keine speziell organisierten Katastrophenschutzeinheiten mit fester Struktur. Laut dem bayerischen Innenministerium übernehmen diese Aufgaben dann Kreisverwaltungsreferate oder Landratsämter. Sie müssen vor Ort Schutzmaßnahmen koordinieren und sich mit dem RLZ abstimmen.

Dabei können sie auf verschiedene Alarmketten zurückgreifen: Sirenen mit Heulton, Lautsprecherdurchsagen von Polizei und Feuerwehr, Rundfunkwarnungen oder WarnApps. Den für den 10. März 2022 vorgesehen landesweiten Sirenen-Probealarm hat das bayerische Innenministerium übrigens verschoben. Vor dem Hintergrund der aktuellen Ereignisse wolle man die Bevölkerung nicht verunsichern. Ein neues Datum gibt es aktuell nicht.

Sirenen, Lautsprecherdurchsagen, Rundfunkwarnungen und WarnApps

Sirenen gelten vor allem nachts als zuverlässiges Warnmittel. Ihr Heulton holt die Menschen aus dem Schlaf, wenn Fernseher, Radio und Handy ausgestellt sind. Weil es aber beispielsweise in München, Rosenheim oder Landsberg gar keine Sirenen mehr gibt, werden auch Lautsprecherfahrzeuge von Polizei und Feuerwehren eingesetzt. Insgesamt gibt es laut Bayerischem Innenministerium derzeit rund 11.500 Sirenen. Joachim Herrmann (CSU) kündigte im Januar an, dass er das Sirenennetz flächendeckend auf mindestens 26.000 Sirenen erhöhen.

Rundfunksender informieren die Bevölkerung über zu erwartende Gefahren, über Schadenslagen und gegebenenfalls zu erwartende Auswirkungen. Die Polizei gibt diese Informationen an die Rundfunkanstalten weiter. Zusätzlich gibt es mit Nina, Katwarn, Biwapp und Warnwetter Apps, die in Katastrophenfällen digital warnen. Die Information kommt auf das Smartphone. Jedoch gab es in der Vergangenheit bereits Katastrophenlagen, bei denen die Warnungen zu spät oder gar nicht ankamen.

Persönliche Schutzmaßnahmen: Duschen, Evakuierung, Nahrungsmittel

Sollte es zu einem radiologischen Notfall kommen, empfiehlt das Bayerische Umweltministerium sich auch persönlich zu schützen. Dazu gehört zum Beispiel, dass man sich duscht, nachdem man draußen war, dass man auf bestimmte Lebensmittel verzichtet, die möglicherweise kontaminiert sind, dass man kein Obst und Gemüse mehr erntet und gegebenenfalls Fenster und Türen schließt sowie Klimaanlagen abschaltet. Eine Evakuierung von Häusern oder Gegenden darf nur die Katastrophenschutzbehörde anweisen.

Welche Maßnahmen eingeleitet werden, hängt von der Intensität der Radioaktivität ab. Das Bayerische Umweltministerium gibt an, dass man Gebäude ab einer Dosis von 10 Millisievert (mSv) nicht mehr verlassen sollte. Eine Evakuierung ist ab einem Wert von 100 mSv vorgesehen. Jodtabletten empfiehlt das Umweltministerium ab einem Wert 250 mSv für Erwachsene und für Jugendliche, Kinder und Schwangere ab einem Wert von 50 mSv.

Jodtabletten werden über Behörden ausgegeben

Das Bundesumweltministerium gibt vor, wie viel Jodtabletten die Bundesländer vorhalten müssen. In Bayern liegen laut Innenministerium derzeit rund 36 Millionen Kaliumiodidtabletten bereit.

Die Verteilung der Jodtabletten organisieren ebenfalls die örtlichen Behörden. Um zu bestimmen, ob die Bevölkerung Jodtabletten einnehmen soll, betreibt das Bundesamt für Strahlenschutz deutschlandweit 1.700 Messstationen, die die Radioaktivität in der Atmosphäre bestimmen.

Das Münchner Umweltinstitut weist auf seiner Internetseite allerdings darauf hin, dass die Jodgabe rechtzeitig erfolgen muss, da sich die Schutzwirkung bereits zwei Stunden nach einer Luftverseuchung halbiert und nach mehr als acht Stunden "praktisch keine Schutzwirkung mehr erfolgt".

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