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Bushaltestelle "Kirche" in Steinbach

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Öffentlicher Nahverkehr auf dem Land ausbaufähig

70 Prozent würden einer Umfrage zufolge häufiger auf das Auto verzichten, wenn die Angebote des öffentlichen Nahverkehrs besser wären. Soweit die Theorie. In der Praxis ist das in Bayern, gerade auf dem Land, oft schwierig. Von Lorenz Storch

Lieber die Öffentlichen Verkehrsmittel ausbauen als neue Straßen und Autobahnen, wünschen sich die Deutschen. Das hat zumindest eine Umfrage im Auftrag von Report Mainz dieser Tage ergeben. Ausreichende Angebote des öffentlichen Nahverkehrs sind aber vor allem auf dem Land oft Mangelware.

Beispiel Teuschnitz im Frankenwald

Das Rentner-Ehepaar Hader wohnt in Teuschnitz im Frankenwald. "Ja, Busse fahren bei uns schon", überlegt Paul Hader...

"Ich kenn bloß den um halb neun, 8 Uhr 30 fährt der da weg. Und um zwölf noch einer. Da sind vier Stunden Wartezeit drin, viel zu viel, ne." Paul Hader

Und da geht es im Alltag halt ohne Auto nicht:

"Meine Schwester, die muss morgen wieder zum MRT, und da muss die um 8 Uhr 30 in der Praxis sein. Und wie kommt die auf Coburg? Also muss ich sie mit dem Auto morgen 'rüber fahren." Paul Hader

Der Landkreis Kronach bräuchte ein besseres Nahverkehrsnetz, findet Gerd Weibelzahl vom ökologisch orientierten Verkehrsclub Deutschland VCD:

"Wir würden uns wünschen, dass auch so ein Ort wie Teuschnitz - immerhin zwei bis dreitausend Einwohner - in der Hauptverkehrszeit generell jede Stunde ein Bus fährt, generell die Lücken geschlossen werden und man besser Bus und Bahn miteinander abstimmt." Gerd Weibelzahl, VCD

Wobei auch dann nicht sicher wäre, dass Elke Hader ihr Auto stehen lässt:

"Wenn ich halt nach Coburg muss oder nach Kronach, dann nehm ich halt schon gern das Auto. Weil ich fort kann wie ich will. Und weil ich halt nicht gebunden bin. Ich kann nachts um zwölf heimfahren, früh um fünf fortfahren, dass kann ich mit einem Bus nicht." Elke Hader

Auto ist meist bequemer

Verkehrsplaner Thomas Huber kennt das – er plant für DB Regiobus Bayern Busnetze. Und weiß, wie schwer es ist, die autogewohnten Landbewohner zum Umsteigen zu bewegen:

"Man hat eine Chance, man darf die Hoffnung auch nie aufgeben. Tatsächlich ist aber der eigene PKW, der vor der Haustür steht, besonders wenn man nicht so genau rechnet was er kostet, schon sehr attraktiv. Natürlich ist es im ländlichen Raum schwieriger, eine wirklich passende Alternative, die so bequem ist, zu schaffen." Thomas Huber, DB Regiobus Bayern

Eine Möglichkeit wäre, Parkplätze knapper zu machen, und Geld dafür zu verlangen, meint der Verkehrsplaner. Was aber gerade abseits der großen Städte sehr unpopulär ist.

Positivbeispiele gibt es freilich auch, sagt Gerd Weibelzahl vom VCD. Wie den Landkreis Coburg, der vor einiger Zeit einen Nahverkehrsplan aufgestellt hat.

"Und in diesem Nahverkehrsplan ist dann festlegt, welche Linien mit Bussen und welche mit Sammeltaxis bedient werden sollen. Und diese Vorgaben werden dann umgesetzt in der Ausschreibung. So haben wir es im Landkreis Coburg gemacht, und da haben wir jetzt eine bessere Versorgung. Weil jetzt auch Orte, die keinen ÖPNV hatten, zumindest über Anrufsammeltaxis angebunden sind." Gerd Weibelzahl, VCD

Ausbau kostet und dauert

Für so eine Ausschreibung muss der Landkreis allerdings Geld in die Hand nehmen. Und der Kreis Kronach hat wenig davon. Weibelzahl fordert:

"Dass dann zum Beispiel das Land Bayern sagt, wir werden mit einer Anschubfinanzierung mal die Hälfte der zusätzlichen Kosten übernehmen, damit der Landkreis Kronach mal ein gutes Angebot realisieren kann." Gerd Weibelzahl, VCD

Was auch der eingefleischten Teuschnitzer Autofahrerin Elke Hader am Ende zu Gute käme …

"Wenn ich älter werde, dann kann ich kein Auto mehr fahren. Dann wäre es schön, wenn wir mehr Busse hätten." Elke Hader

Bayerns designierter Ministerpräsident Markus Söder hat diese Woche seine Pläne für den öffentlichen Nahverkehr in Bayern bekannt gegeben. "Wir wollen die komplette Planung zum ÖPNV der Zukunft", sagte er bei der Fraktionsklausur im oberfränkischen Kloster Banz. Zieldatum ist allerdings erst das Jahr 2050. Das wird für Frau Hader zu spät sein.