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Prozess gegen Waffenhändler Philipp K.

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OEZ-Attentat: Prozess gegen Waffenverkäufer vor Urteil

Philipp K. hat gestanden, die Waffe verkauft zu haben, mit der im Juli 2016 am Münchner Olympia-Einkaufszentrum ein 18-Jähriger neun Menschen tötete. Der Prozess ist auf der Zielgeraden, heute könnte bereits das Urteil fallen. Von Michael Bartmann

An diesem Freitag sind es mehr als 20 Verhandlungstage im Prozess gegen den Waffenhändler, der die Pistole für das Attentat am Olympia-Einkaufszentrum geliefert hat. Damit dauert der Prozess bereits doppelt so lange wie geplant. Aber möglicherweise geht er jetzt zu Ende. Eine Nebenklage-Anwältin und die Verteidigung müssen noch plädieren, dann könnte das Urteil gefällt werden.

Vieles spricht dafür, dass die Staatsanwaltschaft die Dimension des Prozesses zu Beginn falsch eingeschätzt hat. Auf der Anklagebank sitzt eben nicht nur ein Mann, der aus Profitgier Waffen im Darknet verkauft hat. Es sitzt auch ein Mann vor Gericht, den diejenigen, die am 22. Juli 2016 am OEZ ihre Liebsten verloren haben, für den Tod dieser neun Menschen verantwortlich machen.

Nur Lieferant? Oder auch Mitwisser und Mithelfer?

"Ohne Sie wären diese Menschen noch am Leben und viele andere nicht traumatisiert", so sagte es ein Anwalt der Nebenklage bei seinem Plädoyer in Richtung des angeklagten Philipp K. Und von Anfang an stand auch die Frage im Raum: War Philipp K. aus Marburg wirklich nur Waffenlieferant, oder doch Mitwisser und Mithelfer? Bis zuletzt wurde darüber vor Gericht erbittert gestritten.

Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft soll Philipp K. wegen fahrlässiger Tötung, fahrlässiger Körperverletzung und Waffenhandel für sieben Jahre und zwei Monate ins Gefängnis. Damit soll das erste Mal ein illegaler Waffenverkäufer auch für die mit der Waffe begangenen Taten verantwortlich gemacht werden, so die Staatsanwaltschaft.

Doch vielen Nebenklägern ist das trotzdem nicht genug. Sie kritisieren das Verhalten des Angeklagten, der die Waffenverkäufe zwar gestanden hat, aber weder Reue gezeigt noch sich bei den Angehörigen entschuldigt habe. Sie fordern weitaus höhere Strafen von mindestens elf Jahren Haft, am liebsten wäre den meisten aber eine Verurteilung wegen Beihilfe zum Mord. Ihr Argument: Philipp K. hätte zumindest geahnt, sein Kunde David S. würde die Pistole vom Typ Glock 17 samt mehrerer hundert Patronen möglicherweise gegen Menschen einsetzen, und der Waffenverkäufer hätte das billigend in Kauf genommen. Das reicht aus Sicht vieler Nebenklage-Vertreter für den Tatbestand der Beihilfe aus.

Wutausbrüche verzweifelter Eltern

Manche gehen noch einen Schritt weiter: Philipp K. sei in die Pläne sogar eingeweiht gewesen. Das zumindest behaupteten im Prozessverlauf auch drei Zeugen aus Nordrhein-Westfalen. Im Darknet sei offen darüber gesprochen worden, dass in München am Jahrestag des Breivik-Attentats von 2011 Migranten getötet werden sollten, und dass „Rico“ (der Name von Philipp K. im illegalen Waffen-Forum) seinem Kunden dazu noch Tipps gegeben habe. Auch über die Glaubwürdigkeit dieser Zeugen wurde hartnäckig gestritten im Verlauf des Prozesses.

Klar ist: Philipp K. und David S. waren Brüder im Geiste – Rassisten, Hitler-Fans, Migranten-Hasser. Mehrere Gutachter haben das Attentat vom OEZ mittlerweile als rechtsextreme Tat eingestuft. Nicht nur Mobbing in der Schule, sondern vor allem der Hass auf Migranten sei die Triebfeder von David S. gewesen.

Angehörige der Opfer werfen der Staatsanwaltschaft vor, diese Hintergründe der Tat nicht aufklären zu wollen. Immer wieder kam es im Gerichtssaal zu Wutausbrüchen verzweifelter Eltern, die ihre Kinder verloren haben und auf Gerechtigkeit hoffen. Eine vergebliche Hoffnung, so empfinden es viele von Ihnen. Daran wird das bevorstehende Urteil wohl nichts mehr ändern können.