Eine Hand streicht über eine aufgewickelte Papierrolle in der Papierherstellung (Symbolbild)
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Eine Hand streicht über eine aufgewickelte Papierrolle in der Papierherstellung (Symbolbild)

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Hanf statt Holz: Gmunder Firma stellt Papier auf neue Art her

Hanf statt Holz: Gmunder Firma stellt Papier auf neue Art her

Bei der Papierherstellung ist der Holzverbrauch enorm. Eine Firma aus Gmund am Tegernsee versucht es mit einem alternativen Weg und verwendet stattdessen Hanf. Dafür wurde die Firma sogar mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis ausgezeichnet.

Über dieses Thema berichtet: UNKRAUT am .

Der Papierfabrik in Gmund ist eine Sensation auf dem Papiermarkt gelungen. Sie schafft es, ein Papier zu hundert Prozent aus Hanf im industriellen Maßstab herzustellen. Das oberbayerische Unternehmen ist dafür mit dem Sonderpreis des begehrten Deutschen Nachhaltigkeitspreises ausgezeichnet worden.

  • Rohstoffmangel: Den Druckereien geht das Papier aus

Aus Hanf Papier herstellen

Die Basis für das Hanfpapier liefert ein Gemisch aus gepresstem Hanfzellstoff vermengt mit Kreide, Kartoffelstärke und Wasser. Im Gegensatz zu den normalerweise verwendeten Holzfasern sind die Fasern aus Hanf viel länger. Deshalb neigen sie beim Produzieren zum Verspinnen.

Das macht die industrielle Fertigung von Papier aus Hanffasern so schwierig, sagt Florian Kohler, der Chef des Traditionsunternehmens Gmund Papier. Seine Techniker haben es aber geschafft, diesen "Verspinnungseffekt" aufzulösen. Laut Kohler ist seine Firma bisher weltweit die einzige Fabrik, die Papier zu hundert Prozent aus Hanf großindustriell fertigen kann.

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Florian Kohler, Gmund Papier

Entlastung für den Wald durch Hanf

Das ist eine gute Nachricht für den Wald, denn Papier ist allgegenwärtig und verschlingt Unmengen an Holz. Deutschland verbraucht so viel Papier wie kaum ein anderes Land: durchschnittlich 600 Gramm täglich. In Deutschland wird jedoch auch kein Wald für Papier gerodet.

Die Industrie verwendet überwiegend Durchforstungsholz. Also kranke und dünne Bäume, die aus dem Wald genommen werden, um die verbleibenden zu fördern. Außerdem werden Reste aus den Sägewerken für die Papierherstellung genutzt. Allerdings reicht das nachhaltige heimische Holz bei weitem nicht aus. Es wird weltweit zugekauft. Mit fatalen Folgen für die Umwelt.

Weltweite Schäden durch Papier

Am meisten Zellstoff kauft Deutschland in Brasilien. Gefolgt von Schweden, Finnland und Portugal. Vor allem für Toilettenpapier sowie Schreib- und Druckpapiere braucht die Industrie viele Frischfasern aus Eukalyptus. In Portugal verdrängen riesige Eukalyptus-Monokulturen bereits heimische Olivenbäume, Kiefern und Korkeichen. Die Folge: trockene Böden, schwindender Platz für Wildtiere und Waldbrände. Denn Eukalyptus ist schnell entflammbar. Auch in Südamerika werden immer mehr Flächen genutzt, um Zellstoff zu gewinnen.

Dort, wo einst Regenwald war, stehen nun vielerorts Eukalyptus-Plantagen. Zum Nachteil für die Umwelt und die Bevölkerung. Denn in Brasilien legen die Zellstoffkonzerne neue Plantagen oftmals auf landwirtschaftlichen Flächen an, welche die Einheimischen zum Anbau von Grundnahrungsmitteln benötigen.

Die Menschen werden in andere Gebiete verdrängt, wo sie wiederum Urwaldbestände roden, um Flächen für den Lebensmittelanbau zu gewinnen. Kahlschlag für Papier gibt es auch in Nordeuropa: Tieren und Pflanzen wird der Lebensraum nach und nach genommen. Die Biodiversität schwindet also weltweit auch durch unseren Papierbedarf.

Video: Steigende Nachfrage nach Papier: Welche Alternativen gibt es?

Pappe im Container
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Pappe im Container

Hanf verbessert Recycling

Recycling ist für die Papierherstellung und auch für die Umwelt enorm wichtig. Fast 70 Prozent unseres Papiers sind aus Altpapier gemacht. Ist nicht genügend da, funktioniert der Kreislauf nicht mehr. Altpapier wird in Deutschland schon jetzt importiert. Und auch im Recycling-Prozess zeigt Hanf gute Werte. Es eignet sich zum Recyceln noch besser als Holzfasern. Bis zu zehnmal kann es in den Kreislauf rückgeführt werden.

Weitere Alternativen zu Holz werden gesucht

Die nun mit dem Nachhaltigkeitspreis ausgezeichnete Papierfabrik "Gmund Papier" am Tegernsee betreibt ein hauseigenes Forschungslabor, um alternative Fasern für die Papierindustrie zu testen. Neben Hanf stehen vor allem Abfallprodukte aus der Industrie im Fokus. Derzeit untersucht Laborleiter Sebastian Linke Algen, die er als Abfall aus einem Klärwerk bekommen hat. Dort wurden sie genutzt, um Abwasser zu reinigen.

Sind die Algen "tot", ließe sich aus ihren Fasern hochwertiges Papier herstellen, erklärt Laborleiter Linke. Allerdings sind solche Algen kein Massenprodukt und können Holz keinesfalls ersetzen. Ähnlich verhält es sich bei Kakaoschalen. Diese entstehen als Abfall bei der Schokoladenherstellung. Auch ihre Fasern eigneten sich wunderbar, um Papier herzustellen und zeigten im Recycling ebenfalls gute Werte, so Linke.

Papier sparen ist immer noch die beste Alternative

Nicht jeder Abfall ist ökologisch sinnvoll. Am Ende muss das Papier auch recyclingfähig bleiben, darf keine Schadstoffe in den Umlauf bringen und bei der Herstellung nicht zu viel Energie oder Wasser verbrauchen. Hier hat neben Hanf vor allem auch Baumwolle aus dem Abfall der Textilindustrie gute Eigenschaften. Für den enormen Hunger nach Papier reichen all diese alternativen Fasern allerdings nicht aus.

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