Neue Technologien benötigen die entsprechende Infrastruktur. Wer zum Beispiel ein E-Auto fährt, braucht Strom, um es aufzuladen. Gibt es wenig Lademöglichkeiten, ist diese Technologie nicht attraktiv. Genauso verhält es sich mit Wasserstoff. "Es ist das Henne-Ei-Problem, deswegen mussten wir beides gleichzeitig anpacken", sagt Bernhard Wasner, Geschäftsführer der Firma Paul aus Passau.
- Zum Podcast "Dreimal besser": Tanken wir in Zukunft Wasserstoff?
Serienproduktion mit 200 Fahrzeugen startet
Mit "wir" meint er seine Firma, eine große Spedition in Passau, und die Firma Maier-Korduletsch, die in der Region Dutzende Tankstellen betreibt. Die Firma Paul hat in den vergangenen drei Jahren Wasserstoff-Lastwagen entwickelt und gebaut.
In diesem Jahr startet die Serienproduktion mit 200 Fahrzeugen. Jetzt kommt die Infrastruktur dazu: Maier-Korduletsch hat im Passauer Gewerbegebiet Sperrwies in Zusammenarbeit mit Shell eine Tankstelle gebaut, an der Lastwagen und Busse mit Wasserstoff betankt werden können.
Wasserstoff ist teurer als Diesel
Tankstellen wie diese gibt es in Bayern bisher kaum. "Für 2030 schreibt die EU 45 Prozent CO₂-Minimierung vor. Und wenn man sich am Markt umsieht, passiert noch nicht viel. Deshalb haben wir uns gemeinsam dazu entschlossen, dieses Problem in Passau zu lösen", so Bernhard Wasner von der Firma Paul.
Dass die Tankstelle jetzt in Betrieb geht, bedeutet für beide Firmen: Sie können ihre Wasserstoff-Flotte auf die Straße bringen. Knapp 500 Kilometer weit kommt ein Lastwagen mit einer Tankfüllung. Eine Investition, die Millionen kostet.
Rund vier Millionen Euro hat laut Firmenchef Lorenz Maier der Bau der Tankstelle gekostet. Wasner schätzt die Entwicklungskosten des Lkw auf knapp zwei Millionen. Hinzu kommt: Auch das Tanken selbst kostet deutlich mehr, als Laster mit Diesel fahren zu lassen. Während an der Tankstelle Wasserstoff in den Lkw läuft, rattern die Euros auf der Anzeige nur so durch. 12,90 Euro kostet das Kilo, damit beläuft sich eine Tankfüllung für einen Lkw auf rund 700 Euro. Bernhard Wasner glaubt trotzdem, dass sich das bald rechnen wird, denn Diesel-Fahren wird durch CO₂-Steuer und Maut-Erhöhung teurer. "Die Fahrzeugkosten pro Kilometer werden relativ schnell kippen", glaubt er.
Wissenschaft begrüßt Pilotprojekte
Dass zwei Mittelständler in Passau die Wasserstoff-Entwicklung mit anschieben, ist wichtig, sagt Marco Taschek, Professor für Maschinenbau und Umwelttechnik an der OTH Amberg-Weiden. Die Infrastruktur für Wasserstoff stecke in Deutschland noch in den Kinderschuhen.
Nur durch Pilotprojekte könne man Erfahrung sammeln. "Letztlich hilft das bei der Akzeptanz in der Bevölkerung. Wenn man sieht: Okay, die großen Konzerne bauen entsprechende Tankstellen, dann macht man sich selber Gedanken, ob man sich ein Auto – sei es elektrisch oder mit Wasserstoff betrieben – kaufen möchte", sagt er.
"Nur grüner Wasserstoff ergibt Sinn"
Taschek sagt aber auch: Wasserstoff ergibt nur dann Sinn, wenn er aus erneuerbaren Energien hergestellt wird, es sich also um sogenannten grünen Wasserstoff handelt. Derzeit werde Wasserstoff häufig in Raffinerien, also mit Erdgas, hergestellt.
Lorenz Maier, Chef von Maier-Korduletsch, sieht das genauso. "Es muss das Ziel sein, möglichst schnell auf grünen Wasserstoff umzustellen. Aber das wird nicht immer funktionieren, weil die Fahrzeuge auch schnell auf die Straße müssen", sagt er. Die Tankstelle in Passau wird tatsächlich schon mit grünem Wasserstoff beliefert, der im Energiepark Wunsiedel entsteht.
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