Schichtbeginn für Victoria König. Die Intensivpflegerin arbeitet im Nürnberger Südklinikum. Heute ist sie für zwei Covid-Patienten verantwortlich. Die Corona-Pandemie hat Victoria König von Anfang an mitgemacht. Nicht nur sie ist erschöpft.
Victoria König muss sich zehn Mal am Tag umziehen
Aktuell werden im Klinikum Nürnberg 37 Covid-Patienten behandelt. Acht davon müssen intensiv versorgt werden. Für Pflegekräfte wie Victoria König heißt das, sie muss sich schützen, auch wenn sie geimpft ist. Sie zieht Kittel, mehrere Lagen Handschuhe und ein Visier an. Das soll sie davor schützen, mit den Viren in Kontakt zu kommen, wenn sie Patienten anfasst und behandelt. Etwa zehn Mal wird sie sich heute umziehen. "Es geht jetzt seit anderthalb Jahren so, und es ist sehr anstrengend", sagt sie.
Versorgung von Covid-Patienten zusätzlich zum hohen Arbeitspensum
Schon vor der Corona-Pandemie hatten die Pflegekräfte jede Menge zu tun. Auch jetzt müssen sie weiterhin lebensbedrohliche Notfälle versorgen, wie Herzinfarktpatienten. Corona kommt noch zusätzlich dazu. Victoria König macht sich zu Beginn ihrer Schicht ein Bild davon, wie es ihrer Patientin heute geht. Erst dann wird sie durch eine Schleuse das Zimmer betreten, in dem die Frau isoliert ist.
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Pflege ist psychisch, seelisch und körperlich belastend
Die Intensivpflegerin und ihre Kolleginnen müssen die Patienten immer wieder wenden, weil sie in Bauchlage besser mit Sauerstoff versorgt werden können. Victoria König muss jederzeit in hochkomplexen Situationen wissen, was zu tun ist. Auf der Intensivstation wird im Drei-Schicht-Betrieb gearbeitet – oft am absoluten Limit, und das ist auf Dauer kräftezehrend. "Man blickt da einfach auch mit einer gewissen Angst in die Zukunft, dass man selber nicht mehr kann", erzählt König und eilt dann davon, um nach einem anderen Patienten schauen. Auch er ist wegen Covid-19 isoliert.
Bundesweit fehlen die Pflegekräfte
Prof. Stefan John leitet die Intensivstation. Der Oberarzt erlebt täglich, wie sehr sich die Pflegekräfte anstrengen müssen. Das sei keine Nürnberger Spezialität, sondern ein bundesweites Problem. "Es fehlen einfach Pflegekräfte. Viele fallen aus, weil sie ausgelaugt sind“, sagt der Oberarzt. In den ersten Wellen sei die Begeisterung für das Pflegepersonal groß gewesen, sie wurden beklatscht und geschätzt. "Das ist mittlerweile überhaupt nicht mehr so, es wird gar nicht auf sie geachtet. Die Tatsache, dass immer weniger Personal zur Verfügung steht, ist momentan kein großes Thema," bedauert der Oberarzt. Auch Victoria König ist enttäuscht darüber, dass außer dem großen Applaus für die Pflege nicht viel passiert ist. Dabei sei ihr Job doch so wichtig.
Pflegekräfte wünschen sich Wertschätzung und Anerkennung
Victoria König erzählt, dass sie sich früh für ihren Beruf entschieden hat und das auch bis heute nicht bereut. "Es ist ja auch eine schöne Arbeit. Wir können sehr vielen Menschen helfen, und das ist ja auch das, was uns zurückgegeben wird, das die Leute hier rausgehen und überleben." Und genau dafür wünscht sie sich mehr Wertschätzung. Ihr Beruf als Intensivpflegerin sei anspruchsvoll, viele Menschen wüssten das gar nicht. "Wir haben viele instabile Patienten, die zwischen Leben und Tod sind, und dementsprechend braucht man Expertise und Wissen, um sie zu versorgen." Das sollte endlich in den Köpfen der Menschen ankommen, findet sie.
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