Bayern hebt die Priorisierung in Impfzentren auf. Das hat Ministerpräsident Markus Söder auf dem bayerischen Impfgipfel bekannt gegeben. "Die Impfpriorität geben wir die Woche frei, auch für die Impfzentren. Das ist auch ein Argument, um die Impfgeschwindigkeit zu erhöhen", erklärte der CSU-Politiker. Bislang war nur in Arztpraxen die Impfung für alle Menschen freigegeben. "Derzeit sind noch 275.000, die in einer Prio-Gruppe sind, auf der Warteliste. Deswegen sind es nicht mehr sehr viele, sodass wir der festen Überzeugung sind für Bayern, dass es jetzt einen Sinn macht, die Impfpriorität generell aufzuheben."
Zudem hat Söder neue Impf-Ziele ausgegeben: Bis zu den Sommerferien sollen 70 Prozent der Bayern erstgeimpft und 50 Prozent zweitgeimpft sein. Bis Ende September sollten dann 85 Prozent der über 18-Jährigen einen vollständigen Impfschutz haben.
Sorge vor abnehmender Impf-Bereitschaft
Zugleich äußerte sich Söder besorgt über die Impf-Bereitschaft in der Bevölkerung. "Wir spüren bei dem einen oder anderen eine gewisse Müdigkeit beim Impfen". Deswegen müsse man daran arbeiten, wie man die Bereitschaft weiter hochhalten könne. Söder betonte, dass es im Sommer keine "Impfflaute" geben dürfe. Ärzte berichteten vermehrt davon, dass die Impf-Bereitschaft etwas abnehme. Der eine oder andere wolle in den Urlaub fahren, immer wieder würden Termine abgesagt.
Um gegenzusteuern, hat das Gesundheitsministerium heute die Kampagne "Ich tu’s für …" gestartet, bei der Bürger und Prominente für die Impfung werben. Nach dem Beschluss des Impfgipfels sollen auch Schüler und Studenten stärker in den Fokus der Impfkampagne rücken. Gesundheitsminister Klaus Holetschek erklärte dazu im B5-Thema des Tages, im Moment halte man sich an die Angaben der Ständigen Impfkommission, die keine generelle Impfung für Kinder zwischen 12- und 17 Jahren empfiehlt. Das Thema entwickle sich aber weiter – im Juli würden die Abschlussklassen geimpft und diesen Weg werde Bayern weitergehen, je nachdem, wie viel Impfstoff von welchem Hersteller da sei.
Mehr Flexibilität bei den Impfstoffen
Als weitere Maßnahmen, um das Impftempo zu steigern, soll es mehr Flexibilität bei der Verteilung der Impfstoffe in Bayern geben. "Es darf kein Impfstoff übrig bleiben", sagte Söder. Sollten Ärzte oder Praxen Impfstoffe nicht benötigen oder abrufen, müsste dies künftig gemeldet werden, damit das Vakzin dann an die Impfzentren weitergegeben werden könne. Derzeit gebe es noch Unregelmäßigkeiten. Insgesamt seien 13 Prozent des gelieferten Impfstoffs in Bayern noch nicht verimpft worden. Des Weiteren würden einige Menschen bestimmte Vakzine ablehnen. Vor allem der Impfstoff von Astrazeneca gehe "nicht weg wie warme Semmeln".
Holetschek appelliert an Stiko
Holetschek rief in diesem Zusammenhang die Ständige Impfkommission (Stiko) auf, sich zum Thema Kreuzimpfungen mit zwei verschiedenen Impfstoffen klarer zu positionieren. Kreuzimpfungen könnten auch die Akzeptanz des Impfstoffs von Astrazeneca verbessern. Zudem seien Kreuzimpfungen unter Umständen für Auffrischungen etwa bei Bewohnern von Seniorenheimen laut Virologen eine denkbare Alternative.
Impfzentren sollen weiter betrieben werden
Die Impfzentren sollen zudem über den September hinaus betrieben werden. "Wir sind der festen Überzeugung, dass die Impfzentren über den September erhalten bleiben müssen", sagte Söder. Diese aufzugeben, wäre ein "großer Fehler", sie würden weiter benötigt.
Söder kritisiert Impfstoffverteilung
Man fühle sich bei der Verteilung des Corona-Impfstoffs unter den Bundesländern ungerecht behandelt, erklärte Söder außerdem. Bayern liege bei der Verteilung, gerechnet auf 100.000 Einwohner, auf Platz sieben unter den Ländern, sagte Söder. "Wir brauchen mehr Impfstoff, auch in der Verteilung der Bundesländer", so Söder. Die Verteilungsgerechtigkeit müsse erhöht werden, jedes Bundesland müsse auf 100.000 Einwohner gleich viel Impfstoff bekommen.
"Delta-Variante zu ignorieren, wäre ein schwerer Fehler"
Zugleich warnte Söder erneut vor der ansteckenderen Delta-Variante. Zwar sei die Corona-Lage in Bayern "sehr stabil", doch "die Delta-Variante zu ignorieren, wäre ein schwerer Fehler". Söder warnte angesichts der Delta-Variante vor einer vierten Infektionswelle. Delta sei vor allem für Schülerinnen und Schüler sowie junge Menschen eine große Herausforderung. "Delta ist bis zum Sommer auf jeden Fall die dominierende Variante in Deutschland", so der bayerische Ministerpräsident. Auch deshalb müsse das Impftempo weiter gesteigert werden.
Derzeit haben in Bayern 51 Prozent der Menschen eine Corona-Erstimpfung erhalten. Mehr als jeder Dritte hat den vollen Impfschutz (rund 35 Prozent). Bei den Erstimpfungen liegt Bayern damit an Rang 15. im bundesweiten Vergleich, bei den Zweitimpfungen auf Platz sechs.
Eingeladen zur Videokonferenz des bayerischen Impfgipfels waren neben Söder und Gesundheitsminister Klaus Holetschek (beide CSU) auch rund 20 Vertreter der Ärzteschaft, der Apotheken, der Kommunen, der Wissenschaft und der Wirtschaft.
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