Auf der Wöhrder Wiese in Nürnberg haben sich am Samstagnachmittag nach ersten Angaben der Polizei etwa 1.500 Menschen zu einer Kundgebung gegen die aktuelle Corona-Politik versammelt. "Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns die Freiheit klaut", skandierten die Protestierenden. Schilder mit der Aufschrift "Ungeimpft" oder "Freiheit statt Willkür" wurden in die Luft gehalten.
Angemeldet als Protestmarsch
Der Veranstalter, die Bewegung "Querdenken 911 - Nürnberg" hatte die Kundgebung im Vorfeld als Protestmarsch angemeldet, weshalb es den Nachmittag über in der Nürnberger Innenstadt örtlich zu zeitweisen Straßensperren kam. Die Protestierenden forderten die sofortige Herstellung aller Grundrechte für jede Bürgerin und jeden Bürger und kritisierten die geltenden 2G- bzw. 3G-Regelungen.
Teilnehmer aus verschwörungsideologischer Szene
Nach BR-Recherchen nehmen an der Demonstration auch Personen aus der rechtsextremen und Verschwörungsideologen-Szene teil. So haben sich mehrere Demonstranten mit Schildern und Plakaten als Anhänger der QAnon-Verschwörungserzählung zu erkennen gegeben. Diese besagt unter anderem, dass es eine geheime US-Elite gebe, die Teil einer satanischen und pädophilen Weltverschwörung sei. Ex-Präsident Donald Trump sei demnach ein Held, der sich dieser Clique entgegenstelle. Zudem führten rechtsextreme Aktivisten der NPD mit einem Banner eine größere Gruppe von Menschen an. Auf dem Transparent war allerdings kein NPD-Logo gedruckt.
Fotograf berichtet von Bedrohungen
Nach der Querdenken-Demonstration berichtete ein Fotograf von Bedrohungen und Übergriffen. So sagte Rüdiger Löster im Gespräch mit dem BR, dass ein Querdenken-Aktivist nach einem Angriff auf einen anderen Fotografen von der Polizei festgenommen wurde. Zudem seien die Fotografen sehr aggressiv angegangen und "ständig als Nazis beschimpft" worden. Rüdiger Löster war bis vor wenigen Jahren Geschäftsführer der Nürnberger SPD. Als Redakteur berichtete er jahrelang für das Internetportal Endstation Rechts über die rechtsextreme Szene in Bayern.
Seine Aussage untermauert auch ein Video, das dem BR vorliegt. Laut Löster haben Demonstrationsteilnehmende immer wieder versucht, das Dokumentieren der Versammlung durch Handgreiflichkeiten zu unterbinden. Laute Tröten seien direkt an den Ohren der Pressevertreter eingesetzt worden.
Außerdem soll den Fotografen mit einem Gerichtsprozess "Nürnberg 2.0" gedroht worden sein. Der Begriff "Nürnberg 2.0" wird genutzt, um einen Vergleich der jetzigen Corona-Politik mit den Nürnberger Prozessen zu ziehen.
- Zum Artikel: 75 Jahre Nürnberger Prozess - Missbrauch der Vergangenheit
Beobachtung durch den Verfassungsschutz
Teile der "Querdenken"-Bewegung werden bereits seit dem Frühjahr bundesweit vom Verfassungsschutz beobachtet. Auch der bayerische Verfassungsschutz beobachtet einen Teil der Querdenker-Szene. Innenminister Joachim Herrmann (CSU) verwies im März dieses Jahres auf ein heterogenes Teilnehmerfeld bei den Demonstrationen. Rechtsextreme und Reichsbürger bildeten davon nur einen kleineren Teil und seien auch nicht die bestimmenden Akteure.
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