Wie das Polizeipräsidium Niederbayern meldet, hat es bei der Karl Bau GmbH mit Sitz in Hengersberg am Donnerstag eine Razzia gegeben, die bis Freitagmorgen gedauert hat. Es besteht der Verdacht, dass die Baufirma seit mehreren Jahren bei unterschiedlichen Bau- und Sanierungsmaßnahmen im südbayerischen Raum zum Teil belastetes Bodenmaterial und Bauschutt unerlaubt entsorgt hat.
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Kosten für ordnungsgemäße Entsorgung gespart?
Damit habe man sich einen Teil der Kosten, die bei einer ordnungsgemäßen Entsorgung angefallen wären, erspart, so der Vorwurf. Die Kriminalpolizei Niederbayern und die Staatsanwaltschaft Passau gehen dabei von einem Betrag in Höhe von mehreren Millionen Euro aus und ermitteln in dem Fall seit gut zwei Jahren. Bei einem Teil der mineralischen Abfälle handle es sich um Material, das teilweise aus pechhaltigem Straßenaufbruch bestand, beziehungsweise damit durchsetzt war. Außerdem bestehe der Verdacht, dass Abfälle mit künstlichen Mineralfasern (KMF), Asbest sowie PCB - giftigen und krebsauslösenden organischen Chlorverbindungen - nicht ordnungsgemäß entsorgt oder verwertet wurden. Auswirkungen auf die Umwelt prüft nun eine Fachbehörde, so die Polizei. Georg Kestel, Vorsitzender der BUND Kreisgruppe Deggendorf, sieht in solchem Bauschutt erhebliche Gefahren, etwa wegen der Asbestfasern. Aber auch Bestandteile aus teerhaltigem Straßenaufbruch sind krebserregend und langlebig, so Kestel, sie können ins Grundwasser gelangen.
Große Durchsuchungsaktion von Polizei und Staatsanwaltschaft
Rund 150 Beamte der Kriminalpolizei und sechs Staatsanwälte waren bei der Durchsuchung der Büro- und Geschäftsräume sowie der Wohnung eines Tatverdächtigen dabei, außerdem Bereitschaftspolizisten und IT-Spezialisten des Bayerischen Landeskriminalamts. Die Durchsuchungen fanden in drei niederbayerischen Landkreisen statt: in Hengersberg im Landkreis Deggendorf, in Innernzell im Landkreis Freyung-Grafenau und in Eging am See im Landkreis Passau. Es wurden schriftliche Unterlagen und Daten gesichert, also unter anderem Aktenordner mit Rechnungen sowie elektronische Daten wie E-Mail-Verkehr. Außerdem sind 2,7 Millionen Euro von der Staatsanwaltschaft eingezogen worden. Um diese Summe soll sich die Firma Karl Bau bereichert haben, indem sie sich die korrekte Entsorgung des Bauschutts gespart hat.
Kiesgrube in Eging am See als illegale Mülldeponie?
Der meiste illegal entsorgte Bauschutt liegt laut Staatsanwaltschaft Passau wohl in einer Kiesgrube in Eging am See. Diese soll von der Karl Bau GmbH wie eine nicht-genehmigte Deponie verwendet worden sein. Die Justiz habe sechs Verantwortliche der Baufirma ins Visier genommen und führt nun Vernehmungen durch. Die Hinweise zur illegalen Mülldeponie seien von Zeugen gekommen, so Walter Feiler von der Staatanwaltschaft Passau. Ob es sich bei den Zeugen um Konkurrenten der Karl-Bau GmbH handelt, dazu wollte sich die Staatsanwaltschaft nicht äußern.
Es soll um mehrere tausend Tonnen Bauschutt gehen – unter anderem von der Erneuerung der B15 bei Hagelstadt im Landkreis Regensburg, so die Staatsanwaltschaft. Hier hatte die Karl Bau GmbH 2019 den Zuschlag bekommen , belastetes Baumaterial fachgerecht zu entsorgen. 2015 war die Karl Bau GmbH für Abbrucharbeiten auf dem Schenker-Areal in Regensburg zuständig, wo das Dörnberg-Quartier entstanden ist. Ob möglicherweise auch von dort belastete Baumaterialien unerlaubt entsorgt wurden, soll jetzt geprüft werden.
Unternehmen sieht sich durch ehemaligen Bereichsleiter geschädigt
Die Karl-Unternehmensgruppe, zu der das betroffene Unternehmen gehört, teilte mit, dass der betroffene Tochterbetrieb mit den Ermittlern kooperiere: "Die Karl Bau GmbH hat großes Interesse daran, den Sachverhalt vollumfänglich aufzuklären", heißt es in einer Mitteilung. Das Unternehmen sehe sich durch einen ehemaligen Bereichsleiter sowie Mitarbeiter von ihm geschädigt. Es gehe um abgeschlossene Projekte und nicht um laufende Baustellen, heißt es.
Die Karl Bau GmbH ist unter anderem für den Bau des prestigeträchtigen, aber umstrittenen sogenannten "Karl-Turm" in Deggendorf verantwortlich. Außerdem hat die Karl-Gruppe die ehemalige GESA-Klinik in Freyung gekauft, um die dortige Gartenschau zu retten – die Stadt hätte die 8,2 Millionen Euro Abrisskosten nicht schultern können.
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