Vor wenigen Wochen starb ein aktiver fränkischer Neonazi. Weil er auch Fan des 1. FC Nürnbergs war, haben einige Ultras ein Gedenk-Banner mit dem Namen des Neonazis am Stadion befestigt. Unterschrieben von der "Nordkurve Nürnberg". Das sorgte für Kritik von vielen Fans, die in der Nordkurve stehen und überhaupt nichts mit Rechtsextremismus zu tun haben und den Verstorbenen gar nicht kannten.
Verein ist auf Hinweise aus der Fanszene angewiesen
Auch der 1. FC Nürnberg war schockiert über das Banner, sagt dessen Kommunikationschefin Katharina Fritsch dem BR: "Besonders verurteilt haben wir, dass dieses Banner im Namen der gesamten Nordkurve verfasst wurde. Was auf keinen Fall geht, weil der Neonazi, dem gedacht wird, automatisch immer mit der Ideologie, die er vertreten hat, in Verbindung gebracht wird".
Der 1. FC Nürnberg positionierte sich nach der Banneraktion klar gegen Rechtsextremismus. Um gegen rechte Strukturen im Stadion vorzugehen, sei der Verein aber auf die Mithilfe der Fans angewiesen, hieß es in einer Stellungnahme.
Club-Fan fühlte sich nach Hinweis hilflos
Daraufhin meldete sich ein Anhänger der Nürnberger Fanszene beim BR. Er habe sich vor Jahren mit Informationen zu rechten Fans schon mal an den FCN gewandt, passiert sei aber nichts. Damals ging es um eine Gruppe von Nürnberg Hooligans, die zum späteren Umfeld des rechtsterroristischen NSU Kontakt hatten und selbst in der rechten Szene aktiv waren.
"Fans haben das thematisiert und wurden dann aus dem Hooligan-Umfeld bedroht und mundtot gemacht. Das habe ich an die Fanbetreuung herangetragen. Die haben gesagt, es gibt keine NSU-Verstrickungen und man braucht vor diesen Leuten keine Angst zu haben. Ich habe mich danach hilflos gefühlt und würde mich nicht mehr an den Verein wenden." FCN-Anhänger aus der Nordkurve im BR-Gespräch
Weil er nicht als "Nestbeschmutzer" gelten wolle, will er seinen Namen nicht öffentlich preisgeben. Es sei ein vielbeschworenes Credo der FCN-Familie, dass keine Kritik zu üben sei. Kritisches Nachfragen werde als Angriff auf die Kurve wahrgenommen, so der Club-Fan.
Kampf gegen Rechts müsse verstärkt werden
Von diesem Fall weiß FCN-Kommunikationschefin Katharina Fritsch nichts, sagt sie auf BR-Nachfrage, der Fall werde aber sehr ernst genommen. "Wir müssen unseren Kampf gegen Rechts verstärken und vielleicht auch noch lauter darüber reden, dass die Menschen wissen, dass sie sich an uns wenden und sich darauf verlassen können, dass wir aktiv werden", betont Fritsch.
Fanclub wendete sich wegen rechter Umtriebe an Verein
Doch es gibt noch einen weiteren Fall. Der offizielle FCN-Fanclub "Schwarz-Rot Gostenhof" kritisiert den Verein ebenfalls für den Umgang mit Informationen zu rechten Umtrieben auf den Rängen. Wegen rechter Aktivitäten eines anderen Fanclubs hätten sie sich 2017 erfolglos an die Fanbetreuung des Vereins gewandt. Auch hier sei nichts passiert. "Nachdem über Monate hinweg seitens des 1. FCN nur beschwichtigende Reaktionen und keinerlei konkrete Maßnahmen erfolgten, entschieden wir uns an die Öffentlichkeit zu gehen", teilt der Fanclub dem BR mit.
Nach Untätigkeit: Fanclub wendete sich an Presse
Daraufhin haben sie sich an Fadi Keblawi von den Nürnberger Nachrichten gewandt. Der Sportjournalist machte den Vorfall öffentlich. Der Club reagierte schnell und schloss einen NPD-Funktionär aus dem Verein aus. "Es gab einen langwierigen Prozess mit dem Schiedsgericht des Vereins", sagt Katharina Fritsch. Schlussendlich sei es aber gelungen, gegen die rechtsextremen Aktivitäten erfolgreich vorzugehen. Der Fanclub Schwarz Rot Gostenhof verweist wiederum auf die Satzung für Fanclubs, nach der der Verein viel schneller hätte handeln können.
"Verein ist zurückhaltender, als sich viele wünschen"
Sportjournalist Fadi Keblawi meint, dass der Verein ein grundsätzliches Interesse daran habe, gegen rechtsextreme Tendenzen vorzugehen, aber "dass er natürlich auch kein Interesse hat, das von sich aus an die Öffentlichkeit zu tragen. Der Verein ist deshalb vielleicht manchmal zurückhaltender, als sich das viele wünschen würden."
Klare Kante gegen Rechts gefordert
Der Fan aus der Nordkurve, der anonym bleiben möchte, fordert nun dennoch eine klare Kante der Nürnberger gegen Rechtsextremismus. Der Verein habe auch aufgrund seiner vorbelasteten Geschichte eine Verantwortung. Der FCN müsse klar machen, dass die Kurve ein sicherer Raum für Menschen jeglicher Herkunft sei und auch den Fans mitteilen, dass sie sich klar positionieren müssen. Das bekräftigt auch der 1. FC Nürnberg mit einer ganz klaren Botschaft.
"Rechtsextreme haben bei uns keinen Platz. Wenn wir Kenntnis darüber erlangen, dass jemand sich rechtsextremer Ideologie verschreibt, diese öffentlich äußert und wir auch rechtlich eine Handhabe haben, werden wir aktiv und eliminieren das aus dem Umfeld des Club." Katharina Fritsch, Leiterin der Unternehmenskommunikation beim 1. FC Nürnberg
An dieser Aussage muss sich der Verein nun messen lassen, meinen die kritischen Fans.
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